Aufstehen ist sitzen geblieben – Eine Bilanz

Hanns Graaf

Als im September 2018 der Internetauftritt der Bewegung Aufstehen startete, interessierten sich viele Zehntausende für diese neue linke Bewegung und meldeten sich per Mail als Interessierte oder als Mitglied an.

Dieses Vorgehen offenbarte schon viele Probleme, die inzwischen zum Scheitern von Aufstehen geführt haben. Normalerweise würde man den Aufbau einer linken Struktur so beginnen, dass ein Programm oder zumindest Eckpunkte eines solchen diskutiert und sowohl Basisstrukturen wie auf diesen beruhende und aus ihnen hervorgehende Koordinierungsstrukturen geschaffen werden. Nicht so bei Aufstehen. Hier gab es eine InitiatorInnengruppe um Sahra Wagenknecht, die eine Medienkampagne initiierte, einen Aufruf verfasste und einen Trägerverein installierte. All das war – nicht nur am Anfang, sondern auch später – weder demokratisch legitimiert noch Ergebnis eines politischen Diskussions- oder Formierungsprozesses. Es war ein reines Top down-Projekt.

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Problematische Mitte – Ein Beitrag zur Klassenanalyse (Teil 1 von 3)

Hanns Graaf

Vor über 170 Jahren beschrieben Marx und Engels im „Kommunistischen Manifest“ die Veränderung der Sozialstruktur des Kapitalismus: „In den Ländern, wo sich die moderne Zivilisation entwickelt hat, hat sich eine neue Kleinbürgerschaft gebildet, die zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie schwebt und als ergänzender Teil der bürgerlichen Gesellschaft stets von neuem sich bildet, deren Mitglieder aber beständig durch die Konkurrenz ins Proletariat hinabgeschleudert werden, ja selbst mit der Entwicklung der großen Industrie einen Zeitpunkt herannahen sehen, wo sie als selbständiger Teil der modernen Gesellschaft gänzlich verschwinden und im Handel, in der Manufaktur, in der Agrikultur durch Arbeitsaufseher und Domestiken ersetzt werden.“

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Demagogie statt Analyse

Hanns Graaf

Unter dem Titel „Krise, Pandemie und die drohende Flut der Corona-LeugnerInnen“ äußerte sich Martin Suchanek von der Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) zur Anti-Corona-Demo vom 29.8. in Berlin (Quelle). Wir gehen hier rauf diesen Text ein, weil er auf – auch für andere Teile – der „radikalen Linken“ typische Weise zeigt, wie groß deren Unvermögen oft ist, die Welt so zu sehen, wie sie ist.

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Verkohlung an der Elbe

Hanns Graaf

Eine Regelung des Gesetzes zum Kohleausstieg ist die Ausschreibung zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerken, die ab 1. September gilt. Für die vorfristige Abschaltung von 4.000 Megawatt (MW) gibt es 2021 erste Entschädigungen vom Staat für die Betreiber: 165.000 Euro pro MW.

Für eine Abschaltung in Betracht kommt auch das Vattenfall-Kraftwerk in Hamburg-Moorburg. Die hochmoderne Anlage ist erst fünf Jahre alt. Erfolgte die Abschaltung von Moorburg mit seinen 1.640 MW installierter Leistung, gäbe es 270 Mill. Euro Entschädigung für Vattenfall. Der Fall Moorburg ist ein typisches Beispiel für die Energiewende (EW), die u.a damit verbunden ist, riesige Mengen konstanten Kapitals, das noch Jahre oder Jahrzehnte laufen könnte, zu vernichten, um Platz für die „Erneuerbaren Energien“ (EE) zu schaffen. Moorburg ist ein Musterbeispiel für die Idiotie der „grünen“ Energiepolitik, der inzwischen alle Parteien (außer der AfD) wie die Lemminge hinterherlaufen. Doch selbst wenn die falsche These von der CO2-getriebenen Klimakatastrophe stimmen sollte, wäre die EW die falsche Antwort, die kein Problem löst, aber viele neue schafft.

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Von Marschierern und Manipulierern

Eine Nachbetrachtung zur „Anti-Corona-Demo“ am 29.8.20

Paul Pfundt

Am 29.8.20 zogen knapp 40.000 Menschen durch Berlin, um gegen die „Corona-Politik“ der Bundesregierung zu protestieren. Die Bilder und Berichte von verschiedenen Demos und Aktionen an diesem Tag zeigen ein buntes Milieu von TeilnehmerInnen: Alt und Jung, Familien, Menschen, die politisch zuzuordnen waren und solche – die meisten – die man nicht so einfach zuordnen konnte. Unter den Protestierern waren ca. 5-10%, die man als rechts bezeichnen kann. Von wenigen Ausnahmen abgesehen war die Demo friedlich. Lediglich knapp 1.000, deutlich als Rechte erkennbar, hatten sich zum Reichstagsgebäude, dem Sitz des Bundestags, begeben, um dort zu protestieren und zu versuchen, direkt bis zum Eingang des Gebäudes vorzudringen. Obwohl sich die Rechten z.T. auch in der Hauptdemo bewegten, war das Gros der Rechten in eigenen Aktionen, Demos und Kundgebungen eingebunden, so z.B. vor der Russischen Botschaft, wo ca. 1.500 Rechte aufmarschiert waren.

Die Gesamtzahl der am 29.8. aktiven Rechten betrug 3-4.000. Das war nicht nur eine Minderheit der DemonstrantInnen, die Zahl belegt auch nicht einen Aufschwung der Rechten, wie er von etlichen linken KommentatorInnen gesehen wird. Die Präsenz der Rechten war für eine bundesweite Mobilisierung eher schwach. Trotzdem muss natürlich gelten: Wehret den Anfängen! Es ist durchaus möglich, dass sich die Anti-Regierungs- bzw. Anti-Corona-Proteste noch verstärken und dass die Rechte sich damit aufbaut. Doch inwieweit das möglich ist, hängt stark davon ab, ob die Linke endlich aus ihrem Winterschlaf erwacht und aktiv wird, anstatt nur andere zu kritisieren.

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Lockdown Fehlalarm?

Anmerkung der Redaktion Aufruhrgebiet: Das folgende Interview mit Prof. Dr. Sucharit Bhakdi übernehmen wir mit freundlicher Genehmigung von Klaus M. Schulz vom OXMOX-Magazin. Prof. Dr. rer. nat. Karina Reiss und ihr Ehemann, Univ.-Prof. Dr. med. Sucharit Bhakdi stehen mit ihrem Buch „Corona Fehlalarm?“ seit Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. OXMOX-Herausgeber Klaus M. Schulz führte noch vor der Veröffentlichung des Buches ein exklusives Interview mit Sucharit Bhakdi.

Sie bringen jetzt auch gemeinsam mit ihrer Frau ein Buch heraus …

Prof. Dr. Sucharit Bhakdi: Das Witzige ist, dass dieses Buch, was noch gar nicht lieferbar ist (Liefertermin war eigentlich der 28. Juni). Aber das Buch erschien auf der Amazon Page und innerhalb von 24 Stunden hat dieses Buch den ersten Rang von allen Amazon Büchern gemacht und war eine Woche lang Platz 1 der Amazon Bestseller. Dasselbe übrigens für Thalia.

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Ökonomie und Übergangsgesellschaft

Hanns Graaf

Marx ging bezüglich des Übergangs zum Kommunismus von mehreren Prämissen aus: 1. meinte er, dass die Voraussetzung jeder tiefgreifenden gesellschaftlichen Umgestaltung im Interesse des Proletariats und der werktätigen Massen die Enteignung der großen Privatkapitale und die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates seien, die mit der Ergreifung der administrativen (Staats)macht im Zuge der proletarischen Revolution erfolgen. 2. würde nach der Revolution kein Kommunismus oder Sozialismus entstehen, sondern zunächst eine Übergangsgesellschaft (Diktatur des Proletariats, Arbeiterstaat), die – obwohl sie historisch der kommunistischen Gesellschaftsformation angehört – dem „eigentlichen“ Kommunismus vorgelagert ist. Diese Übergangsgesellschaft weist sowohl Elemente der kapitalistischen und sogar vorkapitalistischen Gesellschaft auf, als auch solche, die schon auf den Kommunismus verweisen. In den „Randglossen zum Gothaer Programm“ schreibt Marx dazu: Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats“.

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Verstaatlichung vs. Arbeitermacht

Hanns Graaf

In ihrer Zeitung „Neue Internationale“ Nr. 248 vom Juli/August 2020 (http://arbeiterinnenmacht.de/2020/07/13/programm-verstaatlichung-aber-richtig/) behandelt die Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) die Frage der Verstaatlichung, da die gegenwärtige Krise neben Konjunkturprogrammen auch Verstaatlichungen (Lufthansa) in den Fokus der Öffentlichkeit rückt.

Die GAM-Autoren Karl Kloß und Jürgen Roth (KuR) legen dar, für welche Art von Verstaatlichung sie eintreten: 1. soll die Verstaatlichung ohne Entschädigung der vorigen Privateigentümer bzw. Aktionäre erfolgen; 2. soll der Staat die volle Verfügung über das Unternehmen haben und diese nicht mit dem Privatkapital, mit Aktionären usw. teilen; 3. soll es eine weitestgehende Arbeiterkontrolle über die Verstaatlichung, die Geschäftsführung usw. geben.

Natürlich gibt es immer wieder Situationen, wo eine Verstaatlichung von Unternehmen erfolgt oder erfolgen könnte, damit ein Unternehmen weiter bestehen kann und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Dass Linke in einem solchen Fall für möglichst viel Arbeiterkontrolle eintreten, sollte dabei selbstverständlich sein. Doch der Artikel der GAM enthält viele Positionen und Begründungen, die falsch und keinesfalls marxistisch oder revolutionär sind. Auf einige zentrale Fragen wollen wir hier eingehen.

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