Vorbemerkung: Wir übernehmen mit Dank den folgenden Beitrag vom Blog https://nukeklaus.net/, weil er sehr gut zeigt, welche Fortschritte die Kernenergietechnik macht und dass die These vom Ende der Kernenergie komplett falsch ist und im Widerspruch zu den realen Entwicklungen steht. Den im Beitrag verwendeten Begriff „Öko-Sozialisten“ lehnen wir allerdings ab, denn dieses Milieu ist weder ökologisch noch sozialistisch orientiert.
Redaktion Aufruhrgebiet
Dr. Ing. Klaus-Dieter Humpich
In Europa – außer in Deutschland – bahnt sich gerade eine Renaissance der Kernenergie an. Unsere unmittelbaren Nachbarn (Polen, Tschechien, Frankreich, Niederlande) wollen klassische Druckwasserreaktoren bauen. Darüber hinaus gibt es Planungen für SMR (Small Modular Reactor) ebenfalls auf der Basis von Leichtwasserreaktoren. All diesen Typen ist gemein, dass sie (frisches) angereichertes Uran als Brennstoff benötigen und abgebrannte Brennelemente als „Atommüll“ hinterlassen. Diese verbrauchten Brennelemente sind Fluch und Segen zugleich. Da während ihrer Nutzung nur rund 5% des eingesetzten Urans verbraucht worden sind, stellen sie schon heute eine gigantische Energiequelle dar. Andererseits müssen sie sicher gelagert werden um die Menschen vor den Gefahren der radioaktiven Strahlung zu schützen. Die sog. „Endlagerung“ hunderte Meter unter der Erde in einem Bergwerk ist dabei wohl die dümmste Lösung. Man verschwendet potentielle Energie und Rohstoffe und erhält auch noch die Gefahren für zig Generationen.
Der Uranzyklus
Von Anfang an hat man sich deshalb mit der Wiederaufbereitung zur Rückgewinnung von Uran und Plutonium beschäftigt. In einem Reaktor mit schnellem Neutronenspektrum kann man auch Uran-238 spalten. Man benötigt allerdings Plutonium oder hoch angereichertes Uran als Auslöser. Um das schnelle Neutronenspektrum zu erhalten, bieten sich Natrium oder Blei als Kühlmittel an. Mit Natrium gekühlten schnellen Reaktoren hat man international jahrzehntelange Erfahrungen. Mit Blei gekühlte Reaktoren sind insbesondere für SMR einige Neuentwicklungen in der Entwicklung (Russland, Frankreich, Schweden). Dabei konzentriert man sich momentan auf sogenannte Brenner und nicht mehr vorrangig auf Brüter. Brenner (Konversionsrate < 1) verbrauchen mehr Plutonium als sie neu erzeugen. Brüter (Konversionsrate > 1) hingegen, erzeugen mehr Plutonium als sie verbrauchen. Brenner sind einfacher zu realisieren und es gibt mehr als genug Plutonium in der Welt.
Thorium
Neben Uran kann man auch Thorium zur Energiegewinnung nutzen. Thorium kommt doppelt bis dreifach so häufig vor (7 bis 13 mg pro kg Erdkruste) als Uran. Es stellt eine weitere „unendliche“ Energiequelle für die Menschheit dar. Heute ist es eher ein „radioaktiver Abfall“ bei der Gewinnung seltener Erden. Man kann allerdings Thorium nicht direkt für einen Kernreaktor verwenden, sondern muss erst Uran-233 daraus erbrüten. Wenn Th232 ein Neutron einfängt, bildet sich daraus Th233 (Halbwertzeit 21,83 Minuten), das zu Pa233 (Halbwertszeit 27 Tage) zerfällt, welches sich letztendlich zu U233 umwandelt. Mit dem erbrüteten Uran-233 lässt sich – praktisch genauso gut wie mit Uran-235 – ein Rektor mit thermischem Neutronenspektrum betreiben.
Man kann Reaktoren mit Thorium bauen, benötigt aber Uran-235 oder Plutonium als „Auslöser“. Läuft der Reaktor, muss man nur noch das verbrauchte Thorium ergänzen und die Spaltprodukte abführen. Für alle Brutvorgänge braucht man eine ausgeklügelte Neutronenökonomie. Zur Aufrechterhaltung der Kettenreaktion muss auf jeden Fall statistisch ein Neutron von den jeweils bei der Spaltung entstandenen Neutronen übrig bleiben. Verluste sind aber unvermeidlich. Brüten kann daher nur der verbleibende Rest. Aus diesem Grund bietet sich eine homogene Mischung und keine Trennung von Brennstoff und Kühlmittel an.
Salzschmelzen
Als besonders geeignet für diesen Zweck haben sich Salzschmelzen (z.B. LiF-BeF2-ThF4-UF~4) erwiesen. Salzschmelzen können sehr hohe Temperaturen erreichen und bleiben trotzdem drucklos (Sicherheit) und Reaktoren sind deshalb kostengünstig herzustellen. Nachteilig ist wiederum die Korrosion durch Salze. Solche „Reaktorsalze“ müssen aufwendig gereinigt und getrocknet werden. Man kann Salz nur als Kühlmittel verwenden und den Brennstoff z.B. in Brennelemente einlagern (Kairos-Reaktor mit TRISO-Kugeln) oder eine homogene Mischung aus Brennstoff und Kühlmittel verwenden. Ein solcher Reaktor ist beispielsweise der Reaktor von Copenhagen Atomics.
Der „Waste Burner“ von Copenhagen Atomics
Bei ihm handelt es sich um eine neuartige Konstruktion. Brennstoff und Kühlmittel ist ein Salz. Es enthält Thorium und einen Starter aus angereichertem Uran oder Plutonium aus alten Brennelementen. Daher der Name „Abfall-Verbrenner“. Er ist kugelig und wie eine Zwiebel aus mehreren Schichten aufgebaut. In einer wärmeisolierten Schicht fließt das Salz mit einer Temperatur von etwa 600°C. Es ist umgeben von schwerem Wasser (D2O) als Moderator. Der Füllstand und die Temperatur des Moderators dienen wesentlich zur Leistungsreduzierung. Der komplette Reaktor ist außen von einer Schicht aus reinem Thoriumsalz umgeben, in der Uran-233 erbrütet wird. Das Brennstoffsalz erhitzt sich durch die Kernspaltung im Reaktor und fließt durch Schwerkraft in einen Tank. Dieser Tank ist großflächig und von keinem Moderator umgeben. Die Kettenreaktion bricht sofort zusammen. Aus diesem Tank wird das heiße Salz zur Wärmeabgabe durch einen Wärmeübertrager gepumpt. Schon dieses Konstruktionsprinzip macht den Reaktor inhärent sicher. Fällt die Pumpe aus, wird der Nachschub für die Kernspaltung im Reaktor unterbrochen.
Innovativ ist auch das Vertriebskonzept. Die kompletten Anlagen werden in Serie gebaut und sind in einem 40-Fuß-Container betriebsbereit eingebaut. Sie verbleiben im Eigentum des Herstellers und der Kunde bezahlt lediglich die genutzte Wärme. Nach Gebrauch werden die Container wieder zurück zum Hersteller transportiert und aufgearbeitet. Ein Konzept, das v.a. auf Industriekunden zugeschnitten ist.
Ebenso innovativ ist das Unternehmen selbst. Gegründet aus einem Kreis von Universitätsabsolventen hat man sich von Anfang an nicht auf die übliche Produktion von Papier, sondern auf das Bauen verlegt. Weg vom heutigen Stil von Großunternehmen zurück zu den Pioniertagen der Kerntechnik. Alle relevanten Komponenten (Pumpen, Salz, Regelung etc.) wurden selbst entwickelt. Teilweise werden sie bereits heute auf dem Markt vertrieben – eine willkommene Einnahmequelle und ein stetiger Quell von Erfahrungen außerhalb des eigenen Unternehmens. Falsch kann dieser Weg nicht gewesen sein. Inzwischen steht beim Paul Scheerer Institut (PSI) ein nicht-nuklearer Prototyp. Das Institut soll für ein Genehmigungsverfahren notwendige Messwerte liefern. 2026 ist ein Versuchsreaktor mit einer Wärmeleistung von einem Megawatt geplant. 2028 erhofft man eine erste Baugenehmigung. Hoffentlich klappt das und das Unternehmen muss nicht – wie viele Computer- und Softwareproduzenten vor ihm – in die USA auswandern oder die Chinesen kopieren einfach.
Des Pudels Kern
Ganz davon abgesehen, ob man den Reaktor für gut oder nicht gut befindet, geht es hier um viel mehr und Grundsätzliches. Wie ist es möglich, dass in einem Vorzeigeland für die Ökobewegung gleich zwei Unternehmen (Seaborg Technologies und Copenhagen Atomics) neue Reaktoren entwickeln? Hat man dort aus Erfahrung gelernt, dass man mit wetterabhängigen Energien keine Volkswirtschaft – und schon gar keinen Sozialstaat – betreiben kann? Bisher funktionierte es nur mit deutscher Kohle und schwedischer Wasserkraft im Rücken. Aus Deutschland ist absehbar nichts mehr zu beziehen, weil man hier auf den gleichen toten Gaul gesetzt hat. Schweden ist selbst an seine Grenzen gestoßen und plant nun einen Ausbau seiner Kernkraft. Auch dort entwickelt man neue Reaktoren (Blykalla SMR mit Bleikühlung) zur Verwendung des „Atommülls“ aus den Leichtwasserreaktoren. Also doch lieber eigene Kernkraftwerke bauen und betreiben mit Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen, als Strom zu importieren? Bleiben auch noch die Industrie mit ihrem Wärmebedarf und (in Dänemark) die weltgrößten Containerschiffe, für die man händeringend „CO2 -freie“ Antriebe sucht.
Woher kommt dieser Pioniergeist junger Hochschulabsolventen, die eine Unternehmensgründung in der Kerntechnik einem Arbeitsplatz beim Staat vorziehen? Gut, in Deutschland gibt es schon (fast) keine Möglichkeit mehr. Wer Gender Studies oder „irgendwas mit Medien“ studiert hat, kann sich höchstens in der Politik oder bei einer NGO verdingen. Unsere Bildungspolitik hat ganze Arbeit geleistet. Technik ist irgendwie unanständig und „Atomkraft“ sowieso.
Man stelle sich vor, in der Hauptstadt der Startups – so bezeichnet sich Berlin selbstverliebt – käme eine Truppe junger Ingenieure auf die Idee, einen Kernreaktor zu bauen. Wohlgemerkt, es ginge nicht einmal um staatliche Fördermittel, sondern nur darum, in Ruhe arbeiten zu können. Sofort würden die Gutmenschen die gesamte Staatsmacht mobilisieren und wenn das noch nicht reicht, die Antifa oder die Omas Gegen Rechts. Um es ganz deutlich zu sagen: In Deutschland herrscht schon lange keine Freiheit für Forschung und Entwicklung mehr. Wessen Produkt nicht vorab den Gesinnungstest der Öko-Sozialisten besteht, geht besser möglichst schnell ins Ausland. Wer andererseits der Staatsmacht gefällig ist, wird mit Fördergeldern überschüttet – grüner Wasserstoff ist nur ein Beispiel.
Interessant ist auch die Rolle der Schweiz. Nicht, dass Kernkraftwerke in der Schweiz nicht auch umstritten wären. So übernimmt man doch gern die Begutachtung eines neuen Reaktorprinzips in seinen exzellenten öffentlichen Forschungsinstituten. Erst mal in Ruhe schauen. Könnte ja was dran sein. Im besten Deutschland aller Zeiten kann man die Zukunft und das Klima genau voraussagen – glauben diese Narren jedenfalls.