Der Staat im Kapitalismus

Hanns Graaf

Marx und Engels beschrieben schon 1847 im „Kommunistischen Manifest“, wie sich die Bourgeoisie zur ökonomisch stärksten Klasse entwickelte und sich schließlich mit dem „modernen Repräsentativstaat die ausschließliche politische Herrschaft“ erkämpfte. „Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.“ (MEW 4, 464)

Die Art und Weise, wie sich das Bürgertum gegen den Feudalismus durchsetzte, variierte von Land zu Land, und so unterschied sich auch der aus der jeweiligen Entwicklung hervorgegangene Staatsapparat. Er ist bedingt durch den Stand der Produktivkräfte, die Klassenstruktur, internationale Einflüsse und den Klassenkampf. Die konkrete Gestalt des bürgerlichen Staatsapparates entscheidet nach Marx und Engels darüber, ob das Proletariat diesen Staatsapparat in der Revolution zerschlagen muss oder „nur“ umzuwandeln braucht. So hielten sie es für möglich, dass die Arbeiterklasse in den USA und in England friedlich zum Sozialismus kommen könne, da es dort damals keine größere bürokratisch-militaristische Staatsmaschinerie gab. (MEW 18, 160) In einem Brief an Philipp van Patten schrieb Engels, dass das Proletariat den bürgerlichen Staat nicht zerstören darf. Vielmehr müsse es diesen in Besitz nehmen, ihn dann allerdings bedeutend verändern und zur Unterdrückung des Widerstandes der Kapitalistenklasse nutzen. (MEW 19, 344f) Marx und Engels bestanden aber darauf, dass der Staat in der nachkapitalistischen Ära absterben solle und könne.

„Der Staat im Kapitalismus“ weiterlesen

Marx und Engels zum Staat

Hanns Graaf

Marx und Engels waren Materialisten. Insofern leiteten sie Ideen, Politik, den Staat u.a. Formen des Überbaus letztlich aus den sozialen Strukturen, v.a. den Produktionsverhältnissen ab. Der Staat war für sie nichts Ewiges, sondern Resultat und Teil der historischen Entwicklung und der Entwicklung der Produktivkräfte. Als (materialistisch-kritische) Anhänger Hegels sahen auch sie die Geschichte als einen Prozess der Höherentwicklung an, der vom sich periodisch zuspitzenden Widerspruch zwischen den Produktivkräften und den sie einengenden Produktionsverhältnissen angetrieben wird. Die Geschichte war für sie auch durch die Herausbildung, Veränderung und schließlich durch die Vorstellung des „Absterbens“ des Staates bei der Entwicklung gen Kommunismus gekennzeichnet.

„Marx und Engels zum Staat“ weiterlesen

Trotzki und der Klassencharakter der UdSSR

Vorbemerkung: Wir übernehmen hier mit Dank einen Beitrag der „Gruppe internationalistische KommunistInnen“ (GIK). Obwohl wir nicht mit allen Aussagen übereinstimmen, teilen wir die hier formulierte grundsätzliche Kritik an der Analysemethode Trotzkis und seiner Theorie vom „degenerierten Arbeiterstaat“. Die Redaktion

Im türkischen Exil hätte Trotzki versuchen können, wie die verfolgte Linksfraktion der Kommunistischen Partei Italiens die Erfahrungen aufzuarbeiten, um eine Bilanz des Prozesses zu ziehen, der zur Inhaftierung und Vertreibung der Revolutionärinnen und Revolutionäre geführt hatte. Trotzki sah sich jedoch nicht bemüßigt, den Degenerationsprozess der Arbeitermacht in Russland tiefer gehend zu untersuchen. Dazu war er, wie wir bereits ausführten selbst zu tief in diesen Prozess eingebunden. Selbst diejenigen die in den 20er Jahren Stalin unterstützt hatten, sahen in Trotzki eher einem Mann des Staates und nicht der Partei. Aufgrund seiner Rolle bei der Einführung des Fraktionsverbotes oder seines Einsatzes für die Steigerung der Arbeitsdisziplin war er keineswegs der unbefleckte Vorkämpfer für Arbeiterdemokratie und Arbeiterkontrolle als den seine Anhänger ihn heute abfeiern. Wenn Trotzki in der Lage gewesen wäre, sich von seiner Vergangenheit zu lösen, hätte er vielleicht eine kohärente Kritik an den sozialen Verhältnissen in Russland entwickeln können. Dies wäre eine Voraussetzung gewesen, um den Klassencharakter des russischen Staates von einem revolutionären Standpunkt aus zu verstehen und kritisieren zu können. Dieses Unvermögen führte Trotzki schließlich dazu, sich vollkommen von der marxistischen Methode zu verabschieden.

„Trotzki und der Klassencharakter der UdSSR“ weiterlesen

Die MLPD und die Ökologie

Hanns Graaf

Das Programm der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) enthält auch ein Kapitel zur Umwelt: „Die existentielle Gefahr einer globalen Umweltkatastrophe“ (https://www.mlpd.de/parteiprogramm). Wir wollen in diesem Beitrag untersuchen, inwieweit die MLPD eine marxistische Sicht auf dieses Thema hat und ob ihre Aussagen für den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Zerstörung der Umwelt im Kapitalismus hilfreich sind.

„Die MLPD und die Ökologie“ weiterlesen

Wohnen und Sozialismus

Paul Pfund

Die Bewegung gegen die Wohnungsnot provoziert geradezu die Frage, wie „das Wohnen“ in einer anderen, kommunistischen Gesellschaft aussehen könnte. Dazu hier einige Überlegungen.

Im Kapitalismus dienen das Bauen, die Vermietung und der Verkauf von Immobilien dazu, Profit zu erwirtschaften. Die Befriedigung realer Bedürfnisse ist dabei nur Mittel zum Zweck. Schon die Frage, was und wie gebaut wird, ist stark von den spezifisch kapitalistischen Strukturen und Bedürfnissen bestimmt. So erfordert die umfangreiche Bürokratie entsprechend viele Bürogebäude, die Vielzahl von Privatunternehmen führt zu einer riesigen Zahl von Dependencen. Die in der Regel seht hohen Gewerbemieten sind in den Produktpreisen enthalten und werden also den KonsumentInnen übergeholfen.

„Wohnen und Sozialismus“ weiterlesen

Was tun gegen die Wohnungsnot?

Hanns Graaf

Wer hätte noch vor einigen Jahren gedacht, dass in Deutschland einmal 100.000e Wohnungen fehlen würden – über 70 Jahre nach dem letzten Krieg und bei fast gleicher Bevölkerungszahl? Und doch ist die Situation in vielen Großstädten heute dramatisch. Es mangelt an Wohnungen, v.a. an billigen, die Mieten steigen und immer mehr Menschen können ihre Wohnung nicht mehr bezahlen oder finden keine bezahlbare. Die Schlangen bei einer Wohnungsbesichtigung etwa in Frankfurt/Main sind inzwischen länger als die vor einem DDR-Konsumladen in Frankfurt/Oder, wenn es Bananen gab.

„Was tun gegen die Wohnungsnot?“ weiterlesen

Anmerkungen zum Programm der Gruppe ArbeiterInnenmacht

Hanns Graaf

Die Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) gehört zu den wenigen radikal-linken Organisationen, die über eine umfangreichere Programmatik verfügen. Auch ihr Aktionsprogramm hat sie immer wieder überarbeitet und aktualisiert. Die neue Fassung wurde nun im Mai 2018 veröffentlicht (www.arbeiterinnenmacht.de). Die Kernelemente des Programms, insbes. der Forderungsteil, blieben überwiegend gleich. Positiv an diesem Programm ist zunächst, dass nicht nur eine Analyse der Lage (international und national) erfolgt, sondern daraus auch konkrete Forderungen bzw. Vorschläge für die Linke und die Arbeiterbewegung abgleitet werden. Insofern ist es tatsächlich eine Anweisung für den Klassenkampf und nicht nur ein Kommentar. Methodisch beruht das Programm auf Trotzkis „Übergangsprogramm“.

Wir können vielen Einschätzungen und Forderungen durchaus zustimmen, wollen hier aber einige, aus unserer Sicht fehlerhafte, Aussagen kritisieren bzw. auf wichtige Aspekte hinweisen, die fehlen. „Anmerkungen zum Programm der Gruppe ArbeiterInnenmacht“ weiterlesen

Das Dilemma des Konkreten

Eine Kritik an den „Politischen Grundsätzen (Für den Kommunismus)“ der „Gruppe Internationale Kommunisten“ (GIS) (http://gis.blogsport.de/2013/12/23/fuer-den-kommunismus/)

Hanns Graaf

In diesem Text legt die GIS ihr grundsätzliches methodisch-programmatisches Verständnis von Kommunismus und Klassenkampf dar. Er enthält ein klares Bekenntnis zum Kommunismus und zur revolutionären Überwindung des Kapitalismus. Sein Hauptmangel ist das weitgehende Unverständnis dessen, was Klassenkampf ist und wie ein revolutionäres Subjekt darin eingreifen und sich stärken kann. Insofern könnte „Das Ziel ist alles, der Weg ist nichts“ ein passender Slogan für die GIS sein. Der recht umfangreiche Text kann hier nicht in Gänze behandelt werden. Unsere Kritik beschränkt sich daher auf einige zentrale Aussagen. „Das Dilemma des Konkreten“ weiterlesen

Storys statt Geschichte

Eine Rezension zu „30 Jahre Antifa in Ostdeutschland“

Hannes Hohn

Drei Jahrzehnte Antifaschismus in Ostdeutschland sind allemal ein Grund zum Bilanzieren. Dieser Aufgabe widmet sich das Buch „30 Jahre Antifa in Ostdeutschland“ (Verlag Westfälisches Dampfboot, ISBN 978-3-89691-102-5) auf 212 Seiten. Der (etwas eigenartige) Untertitel kündigt an, dass es um „Perspektiven auf eine eigenständige Bewegung“ geht – damit sind wohl Perspektiven einer oder für eine eigenständige Bewegung gemeint. Das Buch enthält 12 Beiträge verschiedener AutorInnen, darunter auch der Herausgeber Christin Jänicke und Benjamin Paul-Siewert. „Storys statt Geschichte“ weiterlesen

Wie weiter nach Hamburg?

Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus den Anti-G20-Protesten

Redaktion von Aufruhrgebiet.de

Der G20-Gipfel war kein Erfolg für die Herrschenden. Weder konnten sie darauf verweisen, dass durch sie die Welt verbessert noch Probleme minimiert hätten. Sie konnten auch kein konkretes Projekt dafür präsentieren. Ja, es gelang ihnen noch nicht einmal, wie mitunter bei ähnlichen Events früherer Jahre, einen solchen Eindruck zu erwecken bzw. die Medien dazu zu bringen, diesen Eindruck der Öffentlichkeit zu vermitteln „Wie weiter nach Hamburg?“ weiterlesen