Redaktion: Deutschland ist in schweres Fahrwasser geraten. Manche Beobachter befürchten die schwerste Krise nach 1945. Kanzler Scholz spricht von einer Zeitenwende. Wie schätzt Du die Lage ein?
Hanns Graaf: Die gegenwärtige Krise ist deshalb besonders brisant, weil mehrere Faktoren zusammentreffen. 1. erleben wir eine massive Teuerungswelle, die Millionen von Lohnabhängigen, aber auch Rentner, Studenten u.a. untere Schichten, aber auch zunehmend den unteren Mittelstand betreffen. 2. ist diese Verteuerung v.a. durch eine Verteuerung der Energiekosten (Strom, Gas, Benzin) geprägt. 3. sattelt diese Krise auf frühere Verwerfungen durch die Lockdown-Politik auf, die Lieferketten gestört und dadurch bestimmte Engpässe hervorgerufen hat, die wieder zu höheren Preisen führen. Gerade der untere Mittelstand und Selbstständige sowie deren Angestellte haben darunter gelitten. Etablierte soziale Funktionen (Bildung, Freizeit, Kultur, Gesundheitswesen usw.) wurden damit geschädigt. 4. betrifft die Teuerung, v.a. die steigenden Energiekosten, auch die gesamte Wirtschaft massiv. Daran zeigt sich 5., dass die strukturellen Verheerungen der Energiewende-Politik immer deutlicher werden. Nicht nur die Lebenshaltungskosten der Massen, sondern auch die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft, v.a. der energieintensiven Bereiche, wird unterminiert.
Redaktion: Kann man also von einer kombinierten Krise sprechen?
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