Hanns Graaf
Die Gruppe Arbeitermacht (GAM) veröffentlichte am 16.11.16 auf ihrer Homepage (www.arbeitermacht.de) einen Artikel zum Klimagipfel COP 22 in Marrakesch („Taktieren im Angesicht der Katastrophe“). Wir wollen im Folgenden auf die Argumente und Positionen der GAM eingehen, weil in ihnen zentrale Ansichten auftauchen, die sehr häufig in der linken Szene vertreten werden.
Die Kernaussage des Artikels von Matthias Bacher besteht darin, dass die sich anbahnende Klimakatastrophe als Faktum unterstellt wird und sich daraus die Notwendigkeit einer Energiewende (EW), also der Ersetzung der fossilen Verbrennung durch die „erneuerbaren Energien“ (EE), ergeben würde. Klimakonferenzen wie die in Marrakesch würden aber für den „Klimaschutz“ wenig bringen. Insofern fordert die GAM mehr Anstrengungen dafür, die von ihr mit einer antikapitalistischen Perspektive verbunden werden.
Zunächst geht der Autor auf das wesentliche Anliegen von Marrakesch u.a. Klimagipfeln ein – die Reduktion des CO2-Ausstoßes. Bacher schreibt: „Schon das „Kyoto-Protokoll“ war ein Witz, seine Ziele zur Reduktion der Emission von Treibhausgasen (THG) wurden von den meisten Unterzeichner-Staaten weit verfehlt. Zudem wurde es von den Staaten mit den größten THG-Emissionen wie den USA, China und Russland boykottiert.“ Zwar stimmt es natürlich, dass die Emissionsziele verfehlt wurden, doch auf die Ursachen dafür geht der Autor nicht ein. Für ihn liegt der Grund nur darin, dass die Regierungen und Konzerne die Umsetzung von Kyoto blockieren. Sicher ist das ein Aspekt. Doch im Kern geht es darum, dass die Pläne einer weitgehenden CO2-Emissionssenkung oder gar einer „Dekarbonisierung“ praktisch gänzlich unrealisierbar sind. Das ist der eigentliche Grund, weshalb die Regierungen nicht mehr tun und das Gros des Kapitals sich weigert, in die EE zu investieren. Angesichts der riesigen (meist von den Verbrauchern über den höheren Strompreis und diverse „Öko“steuern bezahlten) Subventionen für EE-Investments wäre es ja völlig unverständlich, warum das Kapital diese totsicheren Profitquellen nicht nutzen sollte. Doch im Unterschied zu Bacher u.a. Linken kann das Kapital rechnen und checkt sehr genau, ob ein Energiesystem auf Basis der EE überhaupt technisch und finanziell machbar und daher Investitionen sinnvoll sind.
Hunderte Techniker, Wissenschaftler, Verbände (z.B. der Verband der Elektroingenieure VDE) und hunderte Fachpublikationen legen dar, dass ein Stromsystem, geschweige denn die Energieversorgung insgesamt nicht auf EE basieren kann. Ohne Speichertechnik ist es technisch unmöglich, mit Speichern ist es nicht bezahlbar – davon abgesehen, dass es aktuell und absehbar auch in den nächsten Jahrzehnten keine Speichertechniken gibt, die in großen gesellschaftlichen Dimensionen nutzbar sind. Das ist letztlich der Grund, warum sich die EE trotz enormer Förderungen nicht durchsetzen und nicht nur die versprochenen Effekte – Klimaschutz, Umweltschutz und Schonung der Ressourcen – nicht eintreten, sondern stattdessen viele neue Probleme (darunter ökologische) entstehen. Nur die Isolation der Linken vom Proletariat und der modernen Produktivkraftentwicklung und die historische Degeneration des Marxismus erklären, warum die Linke das reaktionär-utopische Kernelement der Energiewende – die Implantierung der EE – unterstützt.
Dem Autor Bacher ist offenbar auch unbekannt, dass USA, China und Russland zwar Kyoto nicht unterzeichnet haben, jedoch die USA und China enorm viel in EE investiert haben. Hier zeigt sich, dass für Bacher offenbar die Erfüllung oder Nichterfüllung von Vertragstexten schwerer wiegt als die Realität. Die USA haben mehr in Wind- und Solarkapazitäten errichtet als Deutschland. Effekt: steigende Kosten, weniger Versorgungssicherheit, viele Bankrotte, verplempertes Steuergeld. Aber trotzdem haben die USA die CO2-Emissionen in den letzten Jahren tatsächlich gesenkt – nicht durch die EE, sondern durch das „böse“ Fracking, d.h. die Ersetzung von Kohle durch Gas. China hat noch stärker in EE (v.a. Wasserkraft) investiert und die Kernenergie gefördert. Aufgrund des gestiegenen Gesamterergiebedarfs sind die CO2-Emissionen Chinas zwar weiter gewachsen, doch die Anstiegsrate konnte (relativ) gesenkt werden.
Die deutsche EW hat nicht nur den CO2-Ausstoß kaum gesenkt – seit 2012 ist er sogar wieder angestiegen -, obwohl der Primärenergieverbrauch permanent sinkt. Wenn man zu dieser Bilanz noch hinzudenkt, dass für die Produktion von Wind- und Solartechnik weit mehr Ressourcen verbraucht werden als bei allen anderen Stromerzeugungstechniken und daher (oft in China, wo das Gros der Solartechnik hergestellt wird) mehr CO2 erzeugt wird, so würde sich diese Bilanz noch mehr verschlechtern. Ein modernes Windrad (on-shore) mit 2-2,5 MW Leistung etwa erfordert über 5.000 Tonnen Material (Zement, Stahl, Kupfer usw.). Wer da von Ressourcenschonung redet, hat von der Realität keine Ahnung.
Auch die Tatsache, dass z.B. Dänemark, das mit ca. 30% den größten Windstromanteil der Welt hat, jetzt den weiteren Ausbau der Windkraft gestoppt hat (wie z.B. auch Polen), weil man an die Grenze des technisch Machbaren (Versorgungssicherheit) gestoßen ist und sich der enormen Umwelt- und Gesundheitsprobleme, die durch Windkraftanlagen hervorgerufen werden, bewußt geworden ist, tangiert unseren Wind- und Sonnenaffinen Welttretter Bacher nicht.
Es gibt mehrere exakte Berechnungen dazu (z.B. von Björn Lomborg), wieviel Klimaschutzeffekt Kyoto (auf Basis der „klimawissenschaftlichen“ Annahmen des IPCC) bringen würde: der Effekt ist so gering, dass er kaum messbar wäre. Was IPCC, Kyoto, Marrakesch usw. fabrizieren, ist nichts als Voodoo-Zauber, der als Weltrettung verkauft wird.
Dramatische Erwärmung?
Weiter im Text. Der GAM-Artikel spricht von „der dramatischen Verschärfung der globalen Erwärmung“. Wir wissen nicht, auf welchen Teil der Klimawissenschaft sich die GAM hier beruft. Abgesehen von ein paar Exoten wie den Leuten vom PIK räumen alle Wissenschaftler und auch das IPCC ein, dass es seit über 15 Jahren einen Stillstand (Hiatus) der Erwärmung gibt. Die GAM täuscht also ihre Leser mit einer Falschmeldung.
Weiter schreibt Bacher von „dramatischen weltweiten Auswirkungen der globalen Erwärmung“. Als Beleg für diesen Trend wird angeführt: „So führt beispielsweise das Abschmelzen der Eisschilde an den Polen zu einer dunkleren Oberfläche (Wasser statt Eis), welche sich wiederum schneller erwärmt.“ Auch diese Aussage zeugt davon, dass der Autor nicht nur die Fakten nicht kennt, sondern auch die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge nicht versteht.
Erstens schmelzen die Eisschilde an den Polen durchaus nicht generell ab, wie Bacher meint. Die langjährige Abschmelztendenz am Nordpol hat sich seit 2012 deutlich verlangsamt, tw. gibt es sogar wieder eine Zunahme der Vereisung (Fläche bzw. Masse). Die jährlichen Schwankungen der Vereisung sind zudem stark vom Wetter (Wetter ist nicht gleich Klima) und von den Meeresströmungen beeinflußt. Der Südpol zeigt seit vielen Jahren insgesamt eine Zunahme der Eisausdehnung und Eisdicke (she. Berichte des AWI Bremerhafen). In der Summe gibt es also keinen Rückgang des Pol-Eises. Auch die Schmelze auf Grönland ist sehr gering und betrifft hauptsächlich die Küstengebiete, nicht die Masse des Inlandeises. Zudem: Als es in den letzten 12.000 Jahren schon mehrfach deutlich wärmer war als heute, kam es auch nie zu einer signifikanten Eisschmelze in Grönland und am Südpol, geschweige denn verschwanden diese Eismassen. Warum sollte es also jetzt dazu kommen?!
Zweitens: Es ist richtig, dass ein Verschwinden des Eises die Reflexionseigenschaften der Oberfläche (Albedo) ändert und eine Zusatzerwärmung bewirkt. Allerdings wirkt dieser Effekt nur, wenn das Eis wirklich verschwindet, nicht aber dann, wenn es nur dünner wird. Die Änderung der Oberflächenbedeckung durch Eis (und Schnee) ist insgesamt marginal und könnte nur zu relevanten Temperatureffekten führen, wenn davon größere Flächen betroffen wären. Das ist jedoch nicht der Fall. Auch hier tischt uns der GAM-Artikel Lügen und Halbwahrheiten auf, um eine dramatische Verschlechterung der Lebensbedingungen durch klimatische Vorgänge zu suggerieren.
An anderer Stelle wird behauptet: „2015 war vor 2014 mit großem Abstand des heißeste jemals gemessene Jahr, das erste Halbjahr 2016 bricht erneut alle Rekorde.“ Und weiter: „Nach momentanen Prognosen dürfte die globale Durchschnittstemperatur bis 2100 um rund 4 °C (im Vergleich zur vorindustriellen Zeit) steigen, sofern keine effektiven Maßnahmen ergriffen werden. Bereits jetzt hat sich das Klima global um rund 1 °C erwärmt, in manchen Regionen sogar über 4 °C.“
Zu diesem Katastrophismus ist Folgendes zu sagen:
- Es gibt keine dramatischen Auswirkungen des Klimawandels. Selbst das IPCC ist in seinem aktuellen Bericht AR 5 (2013) zu seinen früheren Positionen bezüglich der Zunahme von Extremwetterereignissen Abstand auf Distanz gegangen. Doch die GAM und die gesamte Linke (im Gleichschritt mit den bürgerlichen Medien) sind noch nicht einmal in der Lage, diese Positionsänderung zur Kenntnis zu nehmen. Egal, welche Klima-Folgen-Enten uns die Medien auftischen: jede seriöse wissenschaftliche Untersuchung belegt jedes Mal, dass die Realität anders aussieht. Es wäre Aufgabe der Linken, diesen absonderlichen Medien-Rummel zu entlarven. Stattdessen posaunt man selbst noch lauter.
- Genauso die Mär von den heißesten Jahren. Sicherlich befinden wir uns nach der Erwärmungstendenz der 1980/90er in einer warmen Phase. So ist es ganz logisch, dass es auf diesem hohen Niveau immer wieder irgendwelche „Rekorde“ gibt. Doch dabei sind zwei Aspekte zu beachten: erstens ist ein hohes Temperaturniveau nicht gleichbedeutend mit dem weiterem Anstieg der Erwärmung und zweitens muss konkret gefragt werden, was die Ursachen für bestimmte konkrete Temperaturentwicklungen etwa eines Jahres sind. Zum ersten Einwand: seit etwa 1998 – also ca. 18 Jahre lang – verharren die Temperaturen, d.h. es gab keinen weiteren Anstieg. Das musste „zähneknirschend“ sogar das IPCC einräumen und ist fast in der gesamten (!) Klimawissenschaft anerkannt. Die GAM ignoriert das und verbreitet Lügen. Sie versteht auch überhaupt nicht das damit verknüpfte doppelte Problem. Es besteht darin, dass a) die Klimamodelle diesen Stillstand nicht erwartet hatten und alle weit daneben lagen und b), dass seit 2000 die CO2-Emissionen noch steiler angestiegen sind und insofern auch die Temperaturen eher noch schneller hätten steigen müssen. Die reale Temperaturentwicklung stellt also die Voraussagen, wissenschaftlichen Grundlagen und Methoden der IPCC-Klimaforschung in Frage. Das IPCC selbst räumt ein, dass es da ein Problem und ungeklärte Fragen gibt. Für Autor Bacher und die GAM hingegen existieren diese Fragen nicht – was Wunder, wenn Ignoranz zur Methode wird.
Zum zweiten Einwand: Wie schon 1998 hatte auch 2015 ein sehr starker El Nino eine spürbare Erwärmung der Nordhemisphäre zur Folge. Die warmen Monate von ca. Ende 2014 bis ca. Sommer 2016 sind also nicht auf einen allgemeinen Erwärmungstrend sondern auf dieses singuläre Ereignis zurückzuführen. Auch hier betreibt die GAM Desinformation. Die Aussage „das erste Halbjahr 2016 bricht erneut alle Rekorde“ ist ebenfalls falsch, weil mehrere frühere Jahre wärmer waren. Dass man überhaupt den extrem kurzen Zeitraum eines Halbjahres als Referenz nimmt, verweist zudem auf das völlig unwissenschaftliche, unseriöse und demagogische Vorgehen von Bacher.
Auch folgende Passage zeigt dieselbe Methode: „Nach momentanen Prognosen dürfte die globale Durchschnittstemperatur bis 2100 um rund 4 °C (im Vergleich zur vorindustriellen Zeit) steigen“. Nachdem also die Klimamodelle (wie gerade anhand des Hiatus gezeigt) aktuell komplett versagt haben (was selbst das IPCC im AR 5 einräumt), nimmt man trotzdem die Modell-Voraussagen ungeniert als blanke Wahrheit. Was in 100 Jahren sein „dürfte“, wissen wir nicht. Vielleicht sind es nur 2, vielleicht auch 6 Grad, vielleicht wird es auch kälter sein als heute? Und was heißt „vorindustriell“? Es gibt überhaupt keine vorindustrielle Temperatur, einfach aufgrund der immerwährenden Veränderungen des Klimas. Im Holozän (der Klimaperiode seit der letzten Eiszeit vor ca. 11.500 Jahren) gab es einen Sinuskurven-artigen Wechsel der Temperaturen. Manchmal war es 2 Grad kälter als heute, manchmal bis zu 2 Grad wärmer. Hier frönen die „Marxisten“ der GAM dem IPCC-Dogma vom stabilen Klima, das der Mensch heute stören würde. Die per IPCC, PIK u.a. Gremien verbreitete Ansicht, dass wir es aktuell mit einer (vom Menschen verschuldeten) Klimaänderung zu tun hätten, die es in Tempo und Ausmaß so noch nie gegeben hätte, ist blanker Unsinn. Jeder Geologe (und auch die Klimawissenschaft, bevor sie zum Stichwortgeber von Politik und EE-Investoren mutiert war) weiß bzw. wußte das.
Wie dümmlich das argumentative Vorgehen von Blacher und der Klimaalarmisten überhaupt ist, zeigt schon folgender Umstand. Sicher ist es so, dass die Temperaturen seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts um knapp ein Grad angestiegen sind. Doch damals war es besonders kühl, es war die Periode der sog. Kleinen Eiszeit, die Anfang des 19. Jahrhunderts zu Ende ging. Vergleicht man jedoch das derzeitige Temperaturniveau mit der „Mittelalterlichen Warmzeit“ vor 1.000 Jahren, oder dem „Römischen Klimaoptimum“ (sic!) vor 2.000 oder der Minoischen Warmzeit vor 3.000 Jahren, würden wir feststellen, dass es damals genauso warm oder sogar wärmer war als heute. Der Vergleich mit einem „vorindustriellen Temperaturniveau“ ist also entweder ein unsinniger und nichtsagender Vergleich oder aber er beweist genau das Gegenteil dessen, was die GAM behauptet. Die seit nunmehr ca. 200 Jahren stattfindende Erwärmung korreliert auch gut mit einer deutlich gesteigerten Sonnenaktivität (v.a. in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts). Ein weiterer Temperatur-Anstieg in den kommenden 20-30 Jahren ist zudem eher unwahrscheinlich, weil mit Ende des 20. Jahrhunderts die solare Aktivität wieder stark gesunken ist (was sich allerdings zeitverzögert auswirkt). Doch von all dem haben Bacher und die GAM keine Ahnung. Hier zeigt sich, wozu es führt, wenn eine Organisation sich weigert, eigene Recherchen vorzunehmen, die gesamte Klimadebatte zu berücksichtigen und nicht nur den Teil zu betrachten, der einem in den Kram passt bzw. Dogmen zu pflegen, die vermeintlich gegen den Kapitalismus sprechen. Selbst von einem Mindestmaß an kritischer Sichtweise ist bei der GAM nichts zu merken. Der einzige Trost für die Katastrophen-gläubigen GenossInnen mag vielleicht sein, dass alle anderen Linken keinen Deut besser sind als die GAM.
Zurück zum Artikel. Um nun diesem herbei spekulierten Klimachaos zu entrinnen, müsse „eine Reduktion der globalen Netto-THG-Emissionen auf Null in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts“ stattfinden. Eine Reduktion auf Null kann es freilich gar nicht geben, v.a. deshalb, weil ca. 96% der CO2-Emissionen natürliche Quellen haben (v.a. die Ozeane) und vom Menschen gänzlich unabhängig sind. Aber auch die Reduzierung der CO2-Emissionen aus technischen Prozessen (fossile Verbrennung) ist in einem solchen Ausmaß unmöglich. Ein Beispiel: Eine 100%-Energiewende (Dekarbonisierung) in Deutschland würde z.B. bedeuten, dass allein die anteilige Windenergieerzeugung sich um das 15-20fache erhöhen müsste. Dann stünden in Deutschland etwa 400-500.000 Windräder – oft an windschwachen Standorten. So hätte man aber erst die erforderliche Durchschnittsmenge an Windstrom. Um auch bei Flaute (dann stehen alle Anlagen still) Strom zu haben, müssten ein Netzausbau und die Anlage von Speicherpotentialen in riesigem Ausmaß erfolgen. Läst man das beiseite und nimmt nur die Kosten für die Windräder, dann kommen wir auf eine Investsumme von mindestens 800.000.000.000 Euro. Wer glaubt, dass das machbar und bezahlbar ist, der muss verrückt sein (leider hat es noch nie an Verrückten gemangelt). Diese Gigantomanie hat einen physikalischen Grund: da der Energiegehalt (Energiedichte) von Wind und Sonnenstrahlung pro Energieanlage (!) zu gering ist, sind sehr sehr viele Anlagen und weit mehr Ressourcenaufwand nötig, um auf eine bestimmte Gesamtmenge an Strom zu kommen. Doch solche unwichtigen naturwissenschaftlichen Fragen stellt sich die Linke ja nicht. D.h. selbst ein Mindestmaß an Materialismus fehlt ihrer Weltsicht auf das Energiesystem.
Wenn wir nun noch berücksichtigen, dass die Menschheit weiter wächst und damit ihr Energiebedarf steigen wird, ist es vollends unmöglich, Energie in ausreichendem Maße mit EE bereitzustellen. V.a. die Länder der „3.Welt“ haben für dieses wesentlich teurere, kompliziertere und ineffektivere Energiesystem überhaupt keine Mittel. Sie bleiben weiter in einer untergordneten Position im Weltmarkt – sie bleiben arm und unterentwickelt. Die Förderung von EE in diesen Ländern durch Mittel aus internationalen „Klimafonds“ verstetigen und vertiefen nur deren Abhängigkeit von den imperialistischen Zentren. Dieses Problem ist den „Anti-Imperialisten“ der GAM auch noch nie aufgefallen.
Wenn man nun unbedingt an die Klimakatastrophe glaubt, dann sollte man wenigstens so realistisch sein und anerkennen, dass CO2-Vermeidung als Rezept ein Tod auf Raten ist. Wirtschaften und Leben ohne CO2-Emission ist so unmöglich wie unnötig. Ein Energiesystem auf Basis der Kernenergie – umso mehr der IV. Generation, die schon jetzt erste Anwendungen in der Praxis erfährt – würde all die Probleme der jetztigen Kernenergietechnik und des Energiesystems lösen, und sie ist CO2-neutral.
Dass das CO2 die Erwärmung antreibt, existiert als Fakt nur in Modellen. In der Realität, in Experimenten ist nichts davon bewiesen. Demgegenüber ist allerdings klar, dass CO2 Gundlage des Lebens ist, weil ohne CO2 keine Photosynthese möglich ist. Nach den offiziellen Modellen müsste nun der Anteil des CO2 an der Atmosphäre in der Klimageschichte immer mehr zugenommen haben, das Gegenteil aber ist der Fall. Wir haben heute ein CO2-Niveau (400 ppm), das noch nie so niedrig war und nicht nur früher (klimageschichtlich gesehen also vor Millionen von Jahren) viel höher war, tw. um das 20fache, sondern auch immer weiter gesunken ist. Würde dieser Prozess anhalten, wäre irgendwann die Photosynthese (ab ca. 150 ppm) nicht mehr möglich. Die Anreicherung mit CO2 ist also für das Leben auf der Erde sehr vorteilhaft. Die einzige, wirklich für Menschen relevante Klimaauswirkung besteht nämlich aktuell darin, dass die Erde grüner wird (z.B. durch Satellitenbilder bestätigt) und die landwirtschaftlichen Erträge auch durch mehr CO2 zunehmen. Auch das scheint der GAM unbekannt zu sein.
Dramatische Klimafolgen?
Der Autor Bacher meint zur Klimaerwärmung: „Die Folgen sind verstärkte Extremwetterereignisse, ein massiver Biodiversitätsverlust, Wassermangel und ihre sozioökonomischen Folgen wie Hunger, Flucht und Kriege.“ Das ist nichts als grober Unfug! Die Extremwetterereignisse nehmen nicht zu. Und warum soll die Biodiversibilität abnehmen? Je wärmer und feuchter es wird, je höher der CO2-Pegel steigt (und das soll ja mit der Klimaerwämung passieren), desto besser gedeiht alles Leben. Daher bersten die Tropen vor Leben über, während es in den kälteren Gegenden rarer ist. Und woher bitte soll ein Wassermangel kommen? Die Gesamtwassermenge der Erde bleibt immer gleich. Ändern kann sich nur der Anteil der Aggregatzustände (flüssig, gasförmig, fest) und damit in geringem Maß die Verteilung. So befindet sich mehr Wasser in der Atmosphäre, wenn die Verdunstung steigt. Wasser könnte in bestimmten Regionen relativ knapper werden, wenn die Bevölkerungszahl steigt, was aber nichts mit dem Klima zu tun hat. Auch das Abschmelzen von Gletschern führt nicht zu Wassermangel (was oft suggeriert wird), sondern nur zu einer zeitlichen Verschiebung der Verfügbarkeit des Wassers, weil Niederschläge in den Bergen weniger als Eis und Schnee gespeichert werden und daher ohne Zwischenspeicherung sofort wieder talabwärts fließen. Jedes Geologie-Lehrbuch sagt uns das, aber in Zeiten des Klimawahnsinns nimmt zwar die Temperatur allgemein zu, aber der Verstand offenbar ab.
Wenn es aber nicht an Wasser mangelt, die Extremwetter nicht zunehmen und die Begrünung und die Fruchtbarkeit zunehmen – woher kommt dann ein Biodiversitätsverlust?! Denn kann es freilich geben – und es gibt ihn auch – aber nicht primär durch Klimaänderungen, sondern v.a. durch Eingriffe des Menschen wie Überfischung, Abholzen von Urwäldern, Monokulturanbau, Verstädterung, Vergiftung der Umwelt usw. Anstatt über diese, durch den Kapitalismus bedingten, realen Probleme und deren Ursachen zu reden, schwadroniert Bacher über nicht vorhandene Klimabedrohungen. Und diese schiefe Sichtweise bringt ihn sogar dazu, die „Argumente“ der reaktionärsten und verlogensten bürgerlichen Ideologen zu teilen. Flucht und Kriege sind nämlich schon gar keine Folgen von Klimaveränderungen – sie sind direkte Folgen der kapitalistischen Weltordnung und ihrer Widersprüche. Es gibt sehr viele bürgerliche Kommentatoren, die den Syrienkrieg oder die Arabischen Revolutionen als (mindestens zum Teil) klimabedingt ansehen. Es ist ein Skandal, dass eine „marxistische“ Organisation hier in dasselbe Horn tutet, wie diese Apologeten des Imperialismus!
Hendricks´ Klimaplan: naiv und dumm
Auch die deutsche Klimapolitik kriegt ihr im Artikel ihr Fett weg. Bacher führt aus, dass „Barbara Hendricks (SPD) mit dem „Klimaschutzplan 2050“ ein(en) Plan zur Umsetzung der Beschlüsse von Paris in Deutschland vorgelegt (hat). Er sah zur Reduzierung der THG-Emissionen um 80-95% bis 2050 unter anderem eine „schrittweise Verringerung der Bedeutung“ der besonders klimaschädlichen Braunkohleverstromung bis 2050, das Aus für Verbrennungsmotoren in PKW bis 2030 und eine Halbierung des Fleischkonsums „durch Aufklärungsarbeit“ bis 2050 vor.“ Der Hendricks-Plan wird von der GAM angesichts fehlender Kritik offenbar durchaus goutiert. Dagegen wird kritisch vermerkt, dass „Hendricks’ Parteigenosse Gabriel sowie Merkel aus „Angst vor Arbeitsplatzverlust in der Kohleindustrie“ ihr Veto gegen den Plan einlegten.“ So einfach erklärt sich Genosse Bacher die deutsche Energie-Welt. Eigenartig nur, dass bisher niemand etwas gegen die EW hatte, weil diese ja angeblich sogar Arbeitsplätze schaffen würde. Bislang passierte das v.a. in Statistiken. Im realen Leben hingegen haben seit 2000 über 20.000 Beschäftigte in den drei großen deutschen Energiekonzernen ihren Job verloren – und die EW steht ja noch ganz am Anfang. Man kann es als Marxist freilich auch anders herum sehen: Selbst wenn die EW mehr Beschäftigung erzeugt (bei gleichem Energieoutput), bedeutet das ja nur, dass die Arbeitsproduktivität dieser Branche sinkt. Ein Marxist würde das wohl kaum als Fortschritt ansehen – die Linke bejubelt das.
Doch um die Arbeitsplätze scheren sich – wie bisher – Gabriel und Merkel nicht. Sie entscheiden in gewissem Sinn rational, weil sie wissen, dass die EW schon jetzt gescheitert ist und der Plan von Hendricks komplett utopisch ist. Gabriel hat schon mehrfach öffentlich eingestanden, dass die EW gescheitert ist, weil man die „Komplexität“ unterschätzt habe. Im Klartext: Weil man keinen Schimmer von den technischen und naturwissenschaftlichen Grundlagen des Energiesystems hatte bzw. den Fachleuten, die von Anfang an auf die Probleme hingwiesen hatten, nicht zugehört und rein volutaristisch – genauer gesagt: im Interesse der EE-Profiteure – entschieden hat. So saß auch in der „Ethikkommission“, die 2011 den Atomausstieg befürwortete, kein einziger Fachmann, dafür aber Psychologen, alle möglichen Pfaffen, Politikaster und sonstige „Experten“. Ähnlich frustriert wie Gabriel äußern sich inzwischen auch andere Befürworter der EW. Wir können froh (und zum Glück auch sicher) sein, dass der Hendricks-Plan nie Realität wird, denn die Folgen wären dramatisch: große Teile der deutschen Industrie wären nicht mehr konkurrenzfähig und würden abwandern (v.a. die Energie-intensiven Zweige); die Stromversorgung – bisher ein international anerkanntes Prunkstück deutscher Industrie mit der bisher höchsten Versorgungssicherheit weltweit (99,998%) und der höchsten Energieeffizienz wäre um ein Mehrfaches teurer und deutlich unzuverlässiger, das ganze Land vollgepflastert mit Solarpaneelen, verspargelt mit Windrädern, vollgestunken mit Biogas-Anlagen und übersäht mit Vogelakadavern. Das ist die bittere Perspektive der EW!
Und, bitteschön, wer glaubt denn ernsthaft daran, dass bis 2030 – also in 17 Jahren – Verbrennungsmotoren durch e-Autos ersetzt werden können?! Was das bedeuten würde, soll an einem Beispiel erläutert werden. Die durchgehende oder nur halbwegs erfolgte E-Motorisierung würde u.a. erfodern, dass alle Tankstellen einen Starkstromanschluss erhalten, damit dort mehrere Autos gleichzeitig Strom tanken können. Bei über 10.000 Tankstellen und einem Investbedarf von 100.000 Euro pro Tanke (was eher viel zu niedrig geschätzt ist) würde das ein Investvolumen von 1 Milliarde Euro bedeuten. Dazu kämen noch Millionen anderer Ladestationen, Batterie-Tauschstellen usw. Die permanente Stromspeicherung in Battterien würde 10-20% Stromverlust bedeuten, d.h. auch eine entsprechende Mehrproduktion an Strom. Die Batterien für 50 Mill. deutscher Kfz. würden mehr als eine ganze Welt-Jahresproduktion von Kupfer o.a. Grundstoffen erfordern. Schon daraus erhellt, dass eine globale E-Motorisierung undenkbar (und zum Glück auch unnötig) ist. Aber auch der Weg zur Energiewende-Hölle ist bekanntlich mit guten Klimaschutz-Vorsätzen gepflastert.
Die GAM beklagt: Gabriel „lässt sogar den Neubau von Kohlekraftwerken und die Erweiterung von Tagebauen zu“. Ja, was denn sonst? So lange die Kohlekraftwerke mangels Speichermöglichkeiten nicht durch EE ersetzt werden können und zumindest als Back up-Kraftwerke nötig sind, müssen diese Kraftwerke natürlich auch erneuert und ältere durch neuere Anlagen ersetzt werden. Hätte man nur einen Teil der Milliarden für die EW für die Erneuerung der Kohlekraftwerke ausgegeben, wären ca. 20% aller Emissionen dort eingespart worden. Das Vorgehen zeigt sehr deutlich, dass es bei der EW v.a. um Zusatzinvestitionen und -profite geht und nicht um Klimaschutz. Auch die Erweiterung von Tagebauen ist natürlich notwendig, solange es Kohlevestromung gibt. Dort, wo die Modernisierung von Kohlekraftwerken praktisch stattfindet, z.B. beim hochmodernen Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg haben Grüne und Linke dagegen Proteste organisiert. Ergebnis: die Wärmeversorgung Hamburgs durch Moorburg (Kraft-Wärme-Kopplung) wurde verhindert. Angeblich sollen Windräder den Strom für Hamburg liefern (und die Wärme???) – nur, was ist bei Flaute?! Solcher Schwachsinn und reaktionärer Mist ist das konkrete Ergebnis linker Energie-Politik!!!
Was Hendricks Klima-Plan bedeutet, ist nichts anderes als der Weg Deutschlands zurück zu einem Entwicklungsland. Man darf gespannt sein, wie lange das deutsche Kapital seine politischen Geisterfahrer noch fahren lässt. Man kann nur hoffen, nicht mehr allzulange. Auf die Linke freilich sollte man nicht warten, denn die schaut schon lange nur noch durch die grüne Brille, so dass sie die Realität nicht mehr wahrnehmen kann. Umso mehr wird sie sich aber darüber aufregen, dass Trump u.a. rechte Populisten Kapital aus der Misere schlagen. Ja, wenn die Linke nicht in der Lage ist, eine antikapitalistische Alternative zur bürgerlichen Politik aufzuzeigen, dann werden eben die Rechten mit ihren „Alternativen“ punkten.
Die Linke in der Krise
Die Linke inkl. der GAM macht hier nicht nur ein paar Fehler, es geht nicht nur um ein paar ungenaue Einschätzungen – die Linke steht in der Klima- und Energiefrage objektiv auf der falschen Seite der Barrikade, zusammen mit grünen Kleinbürgern und grünen Kapitalisten. Daran ändern auch einige ergänzende antikapitalistische Positionen in dieser Frage nichts. Wie schon die 68er ist die Linke heute erneut außerstande, eine marxistische und materialistische Analyse der Umwelt-, Klima- und Energiefrage vorzunehmen. Daher ist sie gezwungen, sich der links-grünen Kleinbürgerei anzupassen.
Wer die Politik, der GAM kennt, wird wissen, dass diese Gruppe in vielen Themenbereichen durchaus eine vernüftige und konsistente Politik auszuarbeiten und aktiv umzusetzen weiß. Doch es ist zugleich auffällig, dass die Intensität, mit der sich die internationale Strömung, die Liga für die 5. Internationale (LFI), zu der die GAM gehört, den grundlegenden, historischen Fragen des Marxismus und der Arbeiterbewegung widmet, immer mehr abnimmt. So zeigt sich die GAM zwar durchaus in der Lage, auf wichtige politische Fragen korrekt zu reagieren, doch gerade dort, wo es um Themen geht, die nicht zum „normalen“ Gegenstand der Politik linker Gruppen gehören, offenbaren sich die grundsätzlichen methodischen, programmatischen und theoretischen Defizite und eine unzureichende interne Arbeitsteilung sehr deutlich. Anstatt einer offenen und ernsthaften Beschäftigung mit solchen „besonderen“ Sachverhalten werden Kritik und Diskussionen abgeblockt, wird eine unproduktive und oberflächliche Herangehensweise praktiziert, durch die man eine trügerische Selbstbestätigung erreicht und ein „Weiter so!“ begründet. Fürwahr: ein solches Klima ist eine wirkliche Katastrophe! Hoffen wir, dass es in der GAM und in der Linken bald zu einem Klimawandel kommt!