Elemente und Wurzeln des Islamismus

Hannah Behrendt

Es ist eigentlich verwunderlich, dass im „aufgeklärten“ 21. Jahrhundert eine stark religiös geprägte politische Bewegung wie der Islamismus von Bedeutung sein kann. Warum das so ist, wollen wir hier beleuchten.

Unter dem Begriff „Islamismus“ werden verschiedene Milieus und Akteure subsumiert: radikale Gläubige, die eine Umgestaltung der (westlichen) Gesellschaft zu einem islamischen Gottesstaat wollen, islamische Attentäter, die mit Gewalt gegen „Ungläubige“ vorgehen, über Gruppierungen wie Al Quaida oder den IS, die mittels Terror und militärischer Gewalt ihre Ziele durchsetzen wollen, bis zur Hamas, die ein Teil des völlig berechtigten Befreiungskampfes der Palästinenser ist, jedoch völlig untaugliche Mittel anwendet und eine reaktionäre Gesellschaftsvorstellung hat.

Bei Wikipedia heißt es: „Islamismus ist eine politische Ideologie, die auf einer bestimmten Interpretation des Islam basiert und darauf abzielt, Staat und Gesellschaft nach islamischen Prinzipien zu gestalten. Es ist wichtig, den Islamismus von der Religion des Islam zu unterscheiden, da nicht alle Muslime Islamisten sind. Islamisten glauben, dass der Islam nicht nur eine Religion, sondern auch eine umfassende Lebensordnung ist, die alle Bereiche des Lebens bestimmen soll. Islamismus ist eine politische Ideologie, die den Islam als Grundlage für die Gestaltung von Staat und Gesellschaft sieht.“

Der islamkritische Autor Hamed Abdel-Samad unterscheidet drei Formen von Islamismus: 1. den „archaischen Konservatismus“, der nicht-gewalttätig ist und sich eher gegen die eigene Gruppe richtet; 2. den „Eskapismus“ (Jugendliche, die nicht integriert sind) und 3. den „religiösen Avantgardismus“ als Vorhut einer politisch-religiösen Revolution, der oft gewalttätig ist.

Marxistische Analysemethode

Marxistinnen und Marxisten gehen bei der Bewertung von Ideologien und politischen und sozialen Formationen von den sozial-ökonomischen Strukturen und den Klasseninteressen aus, auf denen sie beruhen bzw. die sie verteidigen. Sie betrachten den historischen Prozess, der zu diesen Ideologien und Strukturen geführt oder sie verändert hat. Insofern greift jede Einschätzung, die den Islamismus nur oder stark aus der Spezifik der islamischen Religion oder aus dem Koran ableitet, zu kurz.

Der Koran ist wie auch die Bibel offen für alle möglichen Interpretationen und politischen Schlussfolgerungen. Der Islam ist nicht grundsätzlich reaktionärer, militanter oder frauenfeindlicher als andere Religionen. Es gibt allerdings wichtige sozial-ökonomische – und damit verbunden interne religiöse – historische Entwicklungen, die den Islam etwa vom Christentum unterscheiden und aktuell zu der besonderen Ausprägung des militanten bzw. terroristischen Islamismus geführt haben.

Der Marxismus kritisiert jede Religion und ihre institutionelle Form scharf. Marx schrieb schon 1843 in seiner Schrift „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“: „Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.“ Das Opium war für Marx nicht nur ein Mittel zur Geistesverwirrung, sondern auch ein Mittel, mit dem Schmerzen gelindert werden können. Die Kritik an und der Kampf gegen Religion und Kirche war nicht nur für Marx, sondern für jede progressive Bewegung essentiell – selbst dann, wenn sich diese Bewegung selbst als religiös verstand: die Hussiten, die Wiedertäufer, die frühbürgerliche Bauernbewegung im 16. Jahrhundert, die Aufklärung und umso mehr natürlich die Arbeiterbewegung.

Die Überwindung der Religion(en) war für Marx damit verbunden, jene sozialen Umstände (im dialektischen Sinn) „aufzuheben“, aus denen die Religiosität entspringt und für die sie einen Zweck hat. Beispielhaft mag dafür die Position von Marx zum Judentum und dessen Verhältnis zum Christentum stehen: „Die starrste Form des Gegensatzes zwischen dem Juden und dem Christen ist der religiöse Gegensatz. Wie löst man einen Gegensatz? Dadurch, dass man ihn unmöglich macht. Wie macht man einen religiösen Gegensatz unmöglich? Dadurch, dass man die Religion aufhebt. Sobald Jude und Christ ihre gegenseitigen Religionen nur mehr als verschiedene Entwicklungsstufen des menschlichen Geistes, als verschiedene von der Geschichte abgelegte Schlangenhäute und den Menschen als die Schlange erkennen, die sich in ihnen gehäutet, stehn sie nicht mehr in einem religiösen, sondern nur noch in einem kritischen, wissenschaftlichen, in einem menschlichen Verhältnisse.“ (Zur Judenfrage, 1843)

Die religionskritische Haltung von Marx war aber nicht etwa damit verbunden, die Ausübung der Religion oder die Kirche zu verbieten. Vielmehr ging es darum, sie als Privatsache anzusehen, und sie von Staat, Schule, Wissenschaft usw. zu trennen und ihren administrativ-strukturellen Einfluss auf die Gesellschaft zu beenden. Das war – obwohl oft inkonsequent – auch das Anliegen bürgerlich-revolutionärer Bewegungen.

Wenn heute große Teile der Linken und der Arbeiterbewegung den Kampf gegen Religion und Kirche im Grunde fast eingestellt haben, dann ist das nur ein Zeichen dafür, wie weit deren Degeneration fortgeschritten ist. Diese geht oft so weit, dass Kritik am Islam(ismus) als reaktionär, rassistisch usw. denunziert wird. Natürlich gibt es auch solche, von reaktionären Vorbehalten gespeisten Einstellungen, doch das kann kein Grund sein, auf Religionskritik zu verzichten. So richtig es ist, die Gleichbehandlung aller Religionen zu fordern, so falsch ist es, deshalb etwa die Einführung von Islamunterricht an Schulen zu fordern. Vielmehr muss jeder Religionsunterricht aus den Schulen verbannt werden.

Spezifik des Islam

Bei allen Gemeinsamkeiten mit anderen Religionen gibt es auch Unterschiede zwischen dem Islam und seinen Ausprägungen und etwa dem Christentum. Diese entspringen weniger dem Koran selbst als den sozial-historischen Umständen, in denen der Islam wirkt(e). Der Islam-kritische Autor Hamed Abdel-Samad führt dazu in „Der Untergang der islamischen Welt“ (Knaur Taschenbuch 2011) aus:

„Da die islamische Religion aus sich heraus keine kreative Kraft mehr schöpfen kann, bleibt ihr nur die Kultur des Widerstandes. Dieser Widerstand richtet sich jedoch nicht gegen die wahren Gründe des Rückstandes und mündet in keine Revolution, sondern sucht sich gleichsam Sündenböcke im Ausland (…) Dieser Kampf gegen Windmühlen raubt der Religion, der Kultur, den Menschen die verbliebene Energie, die eine Gesellschaft für die Veränderung braucht.“ (S. 16)

Und weiter: „Nach der Abschaffung des Kalifats deutete alles darauf hin, dass die Idee des Gottesstaats durch die des modernen Nationalstaats endgültig ersetzt würde (…) Doch die Gründung der Muslimbrüderschaft in Ägypten im Jahr 1928 und die Entdeckung des Erdöls in Saudi-Arabien (…) reichten offenbar aus, um das Verschwinden des Islam aufzuhalten.“ (S. 19)

Zu recht betont Abdel-Samad auch den Einfluss des Kolonialismus: „Selbstverständlich spielten die europäischen Kolonialmächte eine negative Rolle in der modernen islamischen Geschichte und waren an einer Modernisierung der von ihnen besetzten islamischen Länder nicht wirklich interessiert. Durch ihr aggressives und arrogantes Auftreten taugten sie den Muslimen nicht als Vorbild.“ (S. 90)
Er gibt zu bedenken: „Viele Menschen in Japan, Korea, Vietnam, Chile (…) hatten unter der aggressiven Machtpolitik der US-Amerikaner zu leiden, warum aber jagen sich nur Muslime im Kampf gegen (…) den Westen in die Luft? Von geopolitischen Probleme und Identitätskonflikten sind viele Auswanderer betroffen, aber fast ausschließlich unter den Muslimen drücken sich diese Konflikte in kompromissloser Religiosität oder sogar Gewalt aus.“ (S. 204)

Verspätete Entwicklung

Die Weltregion, wo der Islam entstand und noch heute eine große Rolle spielt, war über Jahrhunderte relativ fortgeschritten und in die Dynamik der Welt eingebunden. Doch im Mittelalter, als sich in Westeuropa kapitalistische Verhältnisse etablierten, fiel der Orient immer weiter zurück. Der Niedergang und der Zerfall des Maurenreiches und des Osmanischen Reiches illustrieren das. Ab dem 19. Jahrhundert wurde zudem der Einfluss des westlichen Kolonialismus (Britannien, Frankreich) immer stärker. Die Entwicklung der „islamischen“ Region zu modernen kapitalistischen Verhältnissen und damit verbunden die Entstehung bürgerlicher Nationen und Nationalstaaten war stark behindert.

Diese blockierte Modernisierung war durch verschiedene Merkmale geprägt:

  • die Entwicklung der industriellen Produktion war gebremst, vorindustrielle Produktionsformen blieben weitgehend erhalten;
  • moderne bürgerliche Staatsformen (Parlamentarismus, Trennung von Kirche und Staat usw.) waren unterentwickelt, halbfeudale autokratische Regime und die enge Verbindung von Kirche und Staat prägten das Bild dieser Gesellschaften;
  • die Klassendifferenzierung war geringer als im Westen, sowohl die Bourgeoisie als auch das Proletariat waren zahlenmäßig und hinsichtlich ihres Einflusses in der Gesellschaft schwach;
  • Wissenschaft und Technik waren wenig entwickelt, der ökonomische und technologische Rückstand zu den führenden Mächten nahm zu und machte sie von diesen abhängig.

Dort, wo moderne kapitalistische Verhältnisse in Form einzelner „Inseln“ entstanden, geschah das oft unter der Regie des Kolonialmächte. Eine besondere Rolle spielt(e) in vielen islamischen Staaten, dass sie geradezu auf Öl schwimmen, einer zentralen Ressource der Weltwirtschaft. Dieser Reichtum ermöglichte es den islamischen Ländern, eine gewisse globale Rolle zu spielen (OPEC), die eigenen Regime „reich zu machen“ und tw. einen sozialen Ausgleich zu finanzieren – ohne größere industrielle Basis.

Aufgrund der Eigeninteressen der nationalen Herrscher und wegen ihrer Einbindung als Juniorpartner in die imperialistische Weltordnung gelang es aber nicht, einen panarabisch-muslimischen Block zu formieren, wie es z.B. Nasser versucht hatte. Das Abschütteln der Kolonialherrschaft in den 1950/60er Jahren brachte zwar einen gewissen Entwicklungsschub mit der Etablierung staatskapitalistisch/etatistischer Wirtschaftsformen, doch Ende des 20. Jahrhunderts kam dieses System (auch unter dem Druck des westlichen Imperialismus) an seine Grenzen, was die Finanzierung des „Sozialstaats“ unterminierte und v.a. der Jugend zu wenig Entwicklungsperspektiven bot. Der Arabische Frühling war Ausdruck der wachsenden sozialen Unzufriedenheit. Sein Scheitern verstärkte die schon zuvor stärkere Hinwendung zum Islam(ismus) noch. Nachdem ab den 1950er Jahren in manchen islamischen Ländern eine Liberalisierung eingesetzt hatte und der Einfluss des Islam auf die Gesellschaft zurückging, hat sich etwa seit Ende des 20. Jahrhunderts in etlichen Ländern eine reaktionäre Wende vollzogen – die tw. vom Imperialismus unterstützt wurde, z.B. in Afghanistan.

Klassenstruktur

Aufgrund der unvollständigen Durchsetzung kapitalistischer ökonomischer Verhältnisse und des Überlebens vorkapitalistischer Wirtschaftsformen konnte sich auch die typisch bürgerliche Klassenstruktur kaum durchsetzen. Die einheimische Bourgeoisie ist schwach und zudem vom imperialistischen Kapital abhängig oder mit ihm verwoben. Das Proletariat ist kleiner als in den imperialistischen Ländern, allerdings weniger als dort von der Arbeiteraristokratie geprägt. Feudale Grundeigentümer, Kleinbauern und der Klerus hingegen spielen eine größere Rolle als im Westen.

Die unterentwickelte Klassenstruktur äußert sich auch in einer schwächer ausgeprägten Parteien-Demokratie. Der islamische Klerus, aber auch die Armee haben mehr Einfluss als in westlichen Demokratien. Die wichtigsten ideell-politischen Klammern waren und sind deshalb der Islam und der „Anti-Imperialismus“, letzterer auch mit der Feindlichkeit gegenüber Israel verbunden.

Unvollständige Aufklärung

In der christlichen Welt des Westens verbreitete sich Ausgangs des Mittelalters die Aufklärung als Ideologie des aufstrebenden Bürgertums. Ein Element dieser Bewegung war die Kritik an der katholischen Kirche, ein anderes die Betonung der Rolle der Vernunft, des rationalen, auf Wissenschaft beruhenden Denkens. Die Aufklärung und die Französische Revolution von 1789 erschütterten die Rolle von Kirche und Religion grundlegend. Diese Entwicklung fand in der islamischen Welt nicht oder nur eingeschränkt statt. Überhaupt wurde und wird jeder Einfluss des Westens – obwohl dessen technischen und sozialen Errungenschaften große Anziehungskraft haben – unter dem Vorbehalt betrachtet, dass der Westen auch für (neo)koloniale Unterdrückung steht und viele Merkmale aufweist, die kritikwürdig sind. Diese anti-westliche Stimmung beruft sich auch auf einige „fortschrittliche“ Aussagen des Korans, so etwa die Verdammung des Wuchers und des Zinsprofits.

Die verständliche anti-westliche und anti-imperialistische Haltung der Bevölkerung wird jedoch von den islamischen Bewegungen und Regimen für ihre bornierten und reaktionären Interessen und Ziele instrumentalisiert. Neben diesen Machtinteressen gibt es auch handfeste ökonomische Interessen von Kleinhändlern und Kleingewerbetreibenden (die in den Altstadtbasaren jedem Touristen bekannt sind), die zu recht eine Ausweitung moderner kapitalistischer Verhältnisse in Produktion und Distribution als für sie ruinöse Konkurrenz ansehen. Der Islamismus bzw. das Massenbewusstsein in islamischen Ländern ist janusköpfig. Einerseits gibt es Bewunderung der westlichen Errungenschaften in Technik, Wissenschaft und Wohlstand, andererseits gibt es (tw. durchaus berechtigte) Skepsis und Ablehnung gegenüber der westlichen Lebensweise. Letztere nutzt der Islamismus, um sich als anti-imperialistisch darzustellen. Tatsächlich lehnt er aber jede antikapitalistisch-revolutionäre Bewegung ab, er orientiert sich nicht am Proletariat, sondern darauf, die den Westen beherrschenden Kräfte zu „beeinflussen“, was auch durch die Ausweitung des islamischen Bevölkerungsanteils und durch Terror versucht wird. Der Islamismus ist ähnlich dem Faschismus eine militante, scheinbar antikapitalistische Bewegung und bedient sich nicht zufällig oft ähnlicher Methoden und Ideologien wie seinerzeit die SA oder die SS.

Niederlagen

Der Aufstieg des Islamismus ging mit Niederlagen politischer Kräfte einher, die bis dahin in der islamischen Welt Einfluss hatten. Das betrifft zunächst den arabischen Nationalismus bzw. Pan-Arabismus v.a. in Gestalt des Nasserismus. Besonders das Scheitern seines panarabischen Projektes der Vereinigten Arabischen Staaten (VAR) 1961 hatte negative Auswirkungen. Ähnlich fatal wirkte die Niederlage der arabischen Länder im Sechstagekrieg gegen Israel 1967. Doch auch die „kommunistisch“, in Wahrheit stalinistisch, orientierten Kräfte scheiterten mit ihrer Volksfrontpolitik in wichtigen historischen Momenten, etwa der Iranischen Revolution. Ab 1990 vergrößerte sich das Dilemma des arabischen Widerstands noch weiter, weil die UdSSR und der stalinistische Ostblock implodierten, als „Alternative“ zum Westen scheiterten und keine Hilfe mehr leisten konnten. Im Zuge des Oslo-Prozesses verspielte auch die PLO mit ihrer Politik der Anpassung an den Imperialismus die Erwartungen der palästinensischen Massen, was der scheinbar radikaleren Hamas Auftrieb gab. Seitdem ist der palästinensische Widerstand die Speerspitze und die Hauptkraft des arabischen antiimperialistischen Nationalismus. In der westlichen Welt nahmen die Tendenzen der Desintegration von Migranten zu, was die Radikalisierung v.a. der Jugend beförderte. Dazu kam, dass die reformistische Linke sich mit dem berechtigten Widerstand der migrantischen Bevölkerung z.B. in den Banlieues in Frankreich kaum solidarisierte. Diese Faktoren bewirkten in starkem Maße, dass die nationalistisch-religiösen Ideologien und Organisationen an Einfluss gewinnen konnten.

Arbeiterbewegung

Im 19. Jahrhundert entstand in Europa eine starke, sozialistisch orientierte Arbeiterbewegung. Das 20. Jahrhundert sah mehrere Revolutionen, wo es möglich war, den Kapitalismus zu stürzen, obwohl das nur einmal, 1917 in Russland, gelang. Im Vergleich dazu passierte in der islamischen Welt in dieser Hinsicht weniger. Das lag objektiv daran, dass aufgrund der gebremsten kapitalistischen Entwicklung das soziale Gewicht der Arbeiterklasse gering war. Trotzdem gab es aber auch in der islamischen Welt Gewerkschaften und in einigen Ländern Arbeiterparteien. Letztere standen jedoch meist unter dem Einfluss de Stalinismus. Dieser zielte ab Mitte der 1930er Jahre in Gestalt der Volksfrontpolitik auf einen strategischen Kompromiss mit dem „demokratischen“ Imperialismus und opferte dafür das Weitertreiben der demokratischen Revolution zur sozialistischen, wie es 1917 die Bolschewiki vorgemacht hatten. In wichtigen Situationen verfolgten die an Moskau ausgerichteten KPen eine völlig falsche Politik: sie unterstützten 1948 die Gründung des zionistischen Staates Israel und passten sich bürgerlich-demokratischen, panarabischen Bewegungen und Kräften an.

Letzten Endes sind die relative Schwäche der Arbeiterklasse und -bewegung sowie die stalinistische Konzeption der Linken wesentlichen Gründe dafür, dass fortschrittliche Bewegungen keinen Erfolg hatten und revolutionäre Möglichkeiten vergeben wurden. So wurde der Islamismus – nicht selten gefördert durch den „demokratischen“ Westen, v.a. die USA – zum „Platzhalter“ des anti-westlichen Widerstands. Ähnlich anderen religiös geprägten politischen Kräften (Zionismus, Trumpismus, militanter Hinduismus u.a.) ist auch der Islamismus wesentlich reaktionär. Er ist Ausdruck und Instrument bestimmter Fraktionen der Herrschenden und ihrer Versuche, ihre Stellung in der imperialistischen Weltordnung zu verbessern. Der starke Einfluss des Islamismus ist ein Aspekt der historischen Führungskrise der Arbeiterbewegung, auf die Leo Trotzki schon in den 1930ern hinwies.

Die Lösung dieser Führungskrise und die Überwindung des Einflusses des Islamismus ist mit drei wesentlichen Aspekten verbunden: 1. konsequente Kritik am Islamismus, an dessen Ideologie und Methoden, 2. praktische Zusammenarbeit und Unterstützung islamischer Kräfte, wo sie wirklich gegen den Imperialismus und gegen Israel kämpfen und 3. den Aufbau von politischen Kräften und Widerstandsstrukturen, die keine religiöse Grundlage haben und sich auf die Arbeiterklasse u.a. unterdrückte Schichten und auf Klassenkampfmethoden beziehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert