Paul Pfundt
Die Energiewende (EW) ist v.a. eine Stromwende, genauer die Ersetzung von Kraftwerken, die fossile Stoffe verbrennen, durch (weitgehend) CO2-freie Wind- und Solaranlagen. In Deutschland kommt dabei noch dazu, dass auch die tatsächlich CO2-freie Kernkraft abgeschafft wurde. Ein zentraler Mangel der EW ist, dass eine CO2-freie Wirtschaft angestrebt wird, jedoch wesentliche Bereiche des Energieverbrauchs – fossile Treibstoffe und die Wärmeenergie – bisher davon nicht oder kaum tangiert wurden. Die folgende Grafik zeigt den anteiligen Endenergieverbrauch in Deutschland:

Wie auch früher entfallen ca. 25% des Gesamtenergieverbrauchs auf die Heizenergie der Haushalte (Heizung und Warmwasser). Dazu kommt noch der Verbrauch von Wärmeenergie in Industrie und Handwerk. Eine wirkliche EW, die den Namen verdient, ist nur möglich, wenn auch der Wärmebereich verändert wird sowie der Verkehrsbereich, der fast 30% der Gesamtenergie verbraucht und zum größten Teil auf Erdöl beruht. An diesen Verbräuchen hat die EW bisher trotz mindestens 500 Milliarden Euro Investitionen in die „Erneuerbaren“ seit den 1990ern wenig geändert. Die größten Brocken der EW und damit Ausgaben von weiteren Hunderten Milliarden liegen also noch vor uns – und dazu kommen noch Hunderte an Milliarden für den Netz- und Speicherausbau sowie für neue Backup-Gaskraftwerke! Das wird die Inflation und die Staatsverschuldung weiter in die Höhe treiben.
Mit der EW wurden schon etliche Maßnahmen getroffen, um auch den Wärmesektor zu verändern. Es wurden Häuser gedämmt, effizientere Heizungen (darunter Wärmepumpen) eingebaut und Solarthermieanlagen zur Warmwasserbereitung errichtet. Das alles hat in Summe gewisse Effekte, auch wenn Aufwand und Nutzen dabei nicht immer in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Im Kern geht es bei der EW ja darum, vorhandene Technik (also c-Kapital) zu entwerten und zu vernichten, um Neuinvestitionen zu erzwingen, die ansonsten nicht oder erst später notwendig würden. Die EW ist also zuallererst ein Konjunkturprogramm, der Klimaalarmismus ist die passende Ideologie dazu.
Eine besonders absurde Idee ist der Einsatz von Wasserstoff als Energieträger. Die meisten Wasserstoffprojekte verbrennen jedoch nicht Wasserstoff, sondern nur Geld – falls sie überhaupt über das Projektstadium, das oft schon Millionen kostet, hinauskommen.
Aber auch Wind- und Photovoltaikanlagen, die das Gros der EW ausmachen, haben das Problem, dass sie im Unterschied zu traditionellen Kraftwerken nur Strom erzeugen, aber keine Wärme. Man kann so viel Erneuerbare Energie (EE) installieren, wie man will: für die Wärmeversorgung ist das ziemlich irrelevant. Die Installation von Wärmepumpen, die Einführung von E-Autos und die zunehmende Nutzung von KI erhöhen den Stromverbrauch – während zugleich die Großerzeuger von Strom, die Kraftwerke, abgebaut werden.
Problem Fernwärme
Ein Problem im Wärmebereich ist, dass in Deutschland die Heizung vieler städtischer Häuser durch Fernwärme erfolgt. Schon Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Fernwärmesysteme, weil diese in Städten effizienter und sauberer waren als individuelle Wohnungsheizungen. In den 1920ern ging man auch in Deutschland dazu über, Kraftwerke in Stadtnähe zu bauen, da auch der Stromverbrauch stark zunahm. Die Kopplung von Strom- und Wärmeerzeugung war und ist durch die Nutzung der Abwärme bei der Stromerzeugung technisch sehr effizient.
Anstatt diese bewährte Technik weiterzuentwickeln, vernichtet man sie im Zuge der EW tw. sogar. Das Kraftwerk Moorburg bei Hamburg ist ein Beispiel dafür. Dieses hochmoderne, effiziente und saubere Steinkohlekraftwerk sollte Hamburg mit Strom und Wärme versorgen. Die irrationale Hamburger Klimabewegung, die technische und wissenschaftliche Fakten ignoriert, verhinderte zuerst die Wärmenutzung durch die Blockade des Rohrleitungsbaus. Dadurch – und auch durch viele sehr teure Umweltauflagen, die aber alle erfüllt worden sind – wurde das Kraftwerk für den Betreiber Vattenfall unrentabel und durch die Einstufung als Reservekraftwerk endgültig zum finanziellen Desaster. 2021 wurde es stillgelegt: eine Milliardeninvestition für nichts! Wie man die wachsende Millionenstadt künftig sicher und günstig mit Strom und Wärme versorgen will, steht in den Sternen – mit Windrädern und Solarpaneelen garantiert nicht. Jede seriöse Analyse und die Realität der EW-Politik weltweit zeigen, dass Energiesysteme auf Basis von Wind und Sonne ohne Subventionen weitaus teurer und unzuverlässiger sind als traditionelle Technik – nicht nur deshalb, weil die Anlagen u.a. wegen ihrer kurzen Betriebszeit an sich teuer sind, sondern v.a., weil deren Einfügen in das Stromsystem bedeutet, dass dieses komplett umgebaut und erweitert werden muss (Netze, Backup-Kraftwerke, Speicher). Wind und Sonne gibt es zwar kostenlos (genau wie alle anderen Naturprodukte), aber deren Nutzung ist eben nicht umsonst.
Nichts neu macht der Merz
Die Bundesregierung bleibt trotzdem auch unter Kanzler Merz stramm auf Klimarettungskurs. Seine markigen Ankündigungen hinsichtlich einer neuen, besseren Energiepolitik als unter der Ampel erweisen sich als heiße Luft.
In einer Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Preisregulierung von Fernwärme heißt es: „Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden.“ Bis 2045 soll sich dazu die Zahl der Fernwärmeanschlüsse in Deutschland in etwa verdreifachen. Das bedeutet enorm hohe Investitionen. Ein Wachstum um 300% in nur 20 Jahren bei einer bereits ausgereiften Technik ist sehr unwahrscheinlich, auf jeden Fall aber unwirtschaftlich. Das wissen auch die ministerialen Experten: „Insbesondere der Ausbau der Fernwärmenetze sollte deshalb weiterhin durch öffentliche Mittel unterstützt werden (…) Würden sämtliche Investitionskosten vollständig an die jeweiligen Netzkundinnen und -kunden weitergegeben, würde das die Bezahlbarkeit der Wärmeversorgung für einen wesentlichen Teil der Haushalts- und Gewerbekunden stark gefährden.“
Die Subventionierung ist aber nur ein Griff in die andere Tasche. Anstatt dass die Bewohner direkt die höheren Heizkosten berappen müssen, werden diese dann aus ihren Steuern bezahlt. Das wird dann vermutlich als „sozial“ verkauft. SPD-Finanzminister Klingbeil meint dazu: „Aufgrund der absehbar hohen notwendigen Investitionen sind neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Fernwärmetransformation zu prüfen, um sozialverträgliche Fernwärmepreise zu ermöglichen.“ Also noch mehr Staatsverschuldung.
Hierzulande werden ca. 15% aller Haushalte – fast durchweg in Städten – mit Fernwärme versorgt. Zwei Drittel davon erhalten ihre Wärmenergie aus Kohle und Erdgas. Der Rest kommt aus Biomasse und Abwärme. Wenn in §29 des Wärmeplanungsgesetzes bis 2030 ein Anteil von „mindestens 30% aus erneuerbaren Energien, unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination“ und bis 2040 „mindestens 80%“ erreicht werden sollen, dann zeugt das nur von Dilettantismus und Weltfremdheit.
Die Studie geht davon aus, dass bis 2045 die Zahl der an die Fernwärmeversorgung angeschlossenen Wohngebäude um 177% von 1,3 auf 3,6 Millionen steigt. Der Ausbau der Fernwärme ist an sich richtig, doch die Frage ist, wie und wie schnell sie erfolgt. Trotz der enormen Zunahme der Nutzer von Fernwärme soll lt. den Regierungsplänen der Wärmebedarf dafür aber nur um 51% zunehmen, weil die Gebäude gleichzeitig wärmeisoliert werden. Eine völlig utopische Annahme. Der Investitionsbedarf dafür wird auf 43,5 Mrd. Euro bis 2030 und weitere 74 Mrd. Euro bis 2045 geschätzt. Zusammen also 117,5 Milliarden. Diese Kosten werden zum großen Teil auf die Mieter bzw. Bewohner umgelegt. Das erhöht die ohnehin schon enormen Wohnkosten weiter und wird letztlich für viele direkt in die Obdachlosigkeit führen.
Angesichts dessen ist es nur Augenwischerei, wenn etwa die LINKE einen neuen Mietendeckel und schärfere Sanktionen gegen „Mietwucher“ forderte, weil die realen Kosten, die „Mietnebenkosten“ für die Heizung und den damit verbundenen gigantischen Infrastrukturumbau einfach explodieren – egal, wer sie zahlt. Solange das Gros der linken Szene der Klima- und Energiepolitik grundsätzlich zustimmt, ja sie noch „links überholen“ will, steht sie auf der falschen Seite der Barrikade – gegen die Lebensinteressen der Bevölkerung. Die EW erweist sich auch im Wärmebereich als riesige Geldvernichtungsmaschine und als gigantische Umverteilung von unten nach oben. Es bereichert die Reichen – für das Klima ist es nutzlos, weil das CO2 nicht der Klimatreiber ist, als der es immer hingestellt wird. Das CO2 ist für das Klima genauso bedrohlich wie der Vulkanismus für Meckpomm.
Die Städte sind voll mit Rohren und Leitungen aller Art. Jeder Bau oder Umbau verlangt sehr viel Planung, Abstimmung mit anderen Versorgern, Umverlegungen anderer Systeme und Straßenbau. Dieser Herausforderung ist die EW-Politik mit ihrer Mischung aus bürokratischem Staatsdirigismus und dem Wildwuchs der Interessen privater „grüner“ Investoren nicht gewachsen. Hier zeigt sich, wie fatal das Fehlen einer demokratischen Planung der Produzenten (gemeint sind hier die Lohnabhängigen) und Konsumenten ist.
Fazit
Der Ausbau der Fernwärme ist nur sinnvoll möglich, wenn geeignete Erzeuger vorhanden sind, also nicht Wind- und Solaranlagen, sondern Kraftwerke, die auch Wärme erzeugen. Der Zubau der Leitungen muss im Zusammenhang mit ohnehin nötigen kommunalen Bauvorhaben (Wohnungsbau, Straßenbau usw.) erfolgen und nicht wie geplant im Hauruck-Modus. Letzteres ist nur ein Folge der absurden Vorstellung, dass uns in kurzer Frist eine Klimakatastrophe droht.
Die „ambitionierten“ Pläne der Regierung müssen vor dem Hintergrund der vielerorts maroden Infrastruktur und immer klammerer kommunaler Kassen gesehen werden. Schon heute ist absehbar, dass der Bevölkerung immer mehr kommunale Kosten übergeholfen werden. Der Ausbau der Fernwärme ist – beim heutigen Stand der Energietechnik – durchaus sinnvoll. Doch die Art und Weise, wie sie derzeit konkret erfolgt, will ein Problem minimieren, indem ein weit größeres geschaffen wird: die schöne Fernwärme werden sich immer weniger Menschen leisten können. Wie bei der EW generell geht sie von einer absurden Klima-Ideologie aus und nicht vom vom technisch Machbaren. Sie geht nicht von den Lebensinteressen der Menschen aus, sondern von den Profitinteressen vorgeblich „grüner“ Kapitalisten. Der Begriff „Fernwärme“ erhält eine neue Bedeutung: Wärme ist dort, wo ich nicht mehr wohnen kann. Ist es auch Wahnsinn, hat es doch Methode. Das Geld ist ja nicht weg, es ist nur woanders.