Paul Pfundt
Der Krieg in der Ukraine hat die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen dramatisch offenbart. Nun suchen gerade jene Kräfte, die für diese Situation hauptverantwortlich sind – die Grünen -, verzweifelt nach einer Lösung. Es geht v.a. darum, alternative Gaslieferanten zu finden. Während Katar Habecks Anfrage schon abschlägig beschied, weil man keine Kapazitäten mehr hat, waren die USA umso eifriger bereit, in die Bresche zu springen und ihr LNG-Gas zu liefern. Nun werden die ersten Terminals an der Nordsee gebaut. Das Bizarre daran ist, dass das US-LNG-Gas durch Fracking gewonnen wird. Diese Technik ist in Deutschland seit 2017 verboten, alle Parteien mit Ausnahme der AfD haben diese Entscheidung mitgetragen. Gerade die um die Umwelt angeblich so besorgten Grünen stört es nun aber offenbar nicht, dass das Fracking woanders angewandt wird.
Frackinggas als Alternative?
Wie viele Länder verfügt auch Deutschland über enorme Ressourcen an Frackinggas, v.a. in Norddeutschland. Deutschland fördert aktuell Erdgas (aus konventionellen Quellen, also ohne Fracking) im Umfang von über 5 Mrd. m³ und deckt damit etwa 5% seines Bedarfs. Würde man das Fracking nutzen, könnte der Eigenanteil bei Gas deutlich vergrößert werden. Lt. einer Untersuchung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat Deutschland Vorräte von über 2.300 Mrd. m³. Dazu kämen noch über 400 Mrd. m³ Gas aus Kohleflözen. Das würde insgesamt ausreichen, um die russischen Lieferungen für bis zu 50 Jahre zu ersetzen. Die Förderung dieser Ressourcen könnte sogar binnen eines Jahres starten.
Es gibt dazu in der Politik jedoch bisher keine Diskussion, sie ist von den Ampel-Parteien auch kaum zu erwarten. Gehört doch die grundsätzliche Ablehnung des Frackings zu den Glaubensgrundsätzen der Grünen. Doch sollte man andererseits den Opportunismus der politischen Klasse nicht unterschätzen, die oft genug nach dem Motto handelt „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“. Fest steht jedenfalls, dass die energetische Abhängigkeit Deutschlands durch die Nutzung des Frackings gemildert werden könnte.
Was ist Fracking?
Die Technik des Frackens (Aufbrechen) ist nicht neu. Schon in den 1930ern wurde es verwendet, um Stauseen abzudichten, indem in Gesteinsfugen durch hohen Druck Zement injiziert wurde. Beim heutigen Fracking passiert gewissermaßen der umgedrehte Vorgang, es wird Flüssigkeit mit hohem Druck in tiefe Erdschichten gepresst, um so Öl oder Gas nach oben zu drücken. Schon vor Jahrzehnten wurde das Fracking angewendet, um bei konventionellen Bohrungen noch den Rest von Öl, der sonst ungenutzt geblieben wäre, zu gewinnen. Das Fracking verbessert also die Ressourcennutzung, was ökonomisch und auch ökologisch sinnvoll ist.
Einen technologischen Durchbruch, welcher dem Fracking ganz neue Dimensionen erschloss, war die Möglichkeit, nicht nur vertikal, sondern auch horizontal, entlang der Öl oder Gas führenden Schicht, zu bohren. So war es nun möglich, Vorräte zu erschließen, die bisher nicht nutzbar waren. Das Fracking ist insgesamt von enormer Bedeutung, weil ein erheblicher Teil der weltweiten Öl- und Gasvorräte in harten Gesteinsschichten lagern – man geht von bis zu 50% der Gesamtvorräte aus -, die bisher nicht gewonnen werden konnten. Gelänge es, diese zu fördern, würde die Verfügbarkeit der Öl- und Gasvorkommen stark zunehmen. Auch daran zeigt sich, wie weit daneben die Prognosen des Club of Rome liegen, nach denen viele Rohstoffe schon längst erschöpft wären. Diese Kalkulationen unterschätzen fatal die Weiterentwicklung der Produktivkräfte und damit die Möglichkeiten, neue Vorkommen zu finden, auszubeuten und rationeller zu verwenden.
Ökologische Bedenken
Das Hauptargument gegen das Fracking ist, dass es mit erheblichen Schädigungen der Umwelt verbunden wäre. Schauen wir uns diese Argumente an.
Ein Argument ist die Verwendung von giftigen Chemikalien in den Flüssigkeiten, die verpresst werden, sie könnten das Grundwasser kontaminieren und müssen entsorgt werden. Die Fracking-Flüssigkeit besteht zu über 99% aus Wasser und Sand. Der Rest enthält verschiedene Chemikalien, die größtenteils auch in jedem Haushalt verwendet werden, darunter Zitronensäure (im Zitronensaft), Guarkernmehl (in Speiseeis), Isopropanol (in Deos), Borsäure (in Seife). Kein verwendeter Stoff ist nach den Vorgaben des deutschen Wasserrechts genehmigungspflichtig. Weder die Art noch die Menge bzw. das Verdünnungsverhältnis der Chemikalien stellen eine Umweltgefahr dar.
Eine weitere Kritik am Fracking behauptet eine Verschmutzung des Grundwassers durch die Frackingflüssigkeit. Grundsätzlich findet das Fracking nur in tiefen Erdschichten statt, über denen sehr dichte geologische Schichten liegen, die kein Gas (und umso weniger Wasser) durchlassen, sonst gäbe es dort gar kein Gas mehr, weil es längst an die Oberfläche entwichen wäre. Grundwasser wird aus maximal 400 Meter Tiefe gefördert, das Fracking beginnt aber erst in Tiefen ab 1.000 m, in der Regel findet es in 3-5 Km Tiefe statt. Gasschichten und Grundwasser sind also sicher voneinander getrennt. Es kann allerdings zu Kontaminierungen kommen, wenn das vertikale Bohrloch nicht vollständig abgedichtet ist. In der Praxis kann das mitunter vorkommen, wird aber sofort bemerkt und kann behoben werden. Selbst in einem solchen Fall wären aber Art und Menge der Chemikalien für die Trinkwassersauberkeit irrelevant.
Weltweit existieren schon seit Jahrzehnten tausende Frackingbohrstellen – nirgends wurde bisher eine Kontamination des Grundwassers festgestellt. Das Phänomen, dass aus dem Wasserhahn Gas austritt, wie es in dem 2010 Oscar-prämierten Dokufilm „Gasland“ gezeigt wurde, hat mit dem Fracking nichts zu tun und ist auch nicht gesundheitsgefährdend. Das hatten Wissenschaftler dem Filmemacher Josh Fox schon während der Dreharbeiten mitgeteilt. Trotzdem blieb es bei der Falschaussage im Film. Ein gutes Beispiel für die oft marktschreierische und falsche Ökopropaganda.
Als Problem wird auch der hohe Wasserverbrauch beim Fracking angesehen. Lt. Wikipedia würden pro Bohrung etwa 10 Mill. Liter Wasser benötigt. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Niedersachsen (LBEG) dagegen geht nur von einer Menge von 100-700 m³ aus. Zudem wird das Bohrwasser nicht einfach „verbraucht“, es wird zum großen Teil wiederaufbereitet und erneut genutzt.
Es wird davor gewarnt, dass Fracking auch zu Erdbeben führe. Tatsächlich besteht diese Gefahr, da durch den hohen Druck beim Fracking seismische Spannungen entstehen, die sich in Erdbeben entladen können. Die bisherigen Beobachtungen, die alle (!) Frackingbohrungen weltweit betreffen, zeigen aber keine relevante Gefahr, weil es entweder keine messbaren Beben gibt oder diese weit unter dem liegen, was Schäden hervorrufen könnte. In den Medien werden zudem oft Schäden durch Erdbeben, die durch andere Bohrungen (z.B. Erdwärme) entstanden waren, in einen Topf mit dem Fracking geworfen.
Schließlich wird dem Fracking im Rahmen des allgemeinen Klimaalarmismus vorgeworfen, zusätzlich den „Klimakiller“ Methan freizusetzen. In einer Studie stellte dazu eine Wissenschaftlergruppe vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) fest: „Es ist falsch zu sagen, dass hydraulisches Brechen im Zusammenhang mit Schiefergas die Intensität der Treibhausgase der Erdgas-Erzeugung substantiell verändert hat“. Brisant wird die Methan-Frage zudem erst dadurch, dass dem Methan eine sehr viel höhere Klimawirksamkeit bescheinigt wird, als das beim CO2 (angeblich) der Fall ist. Sie soll 20 bis 70 Mal so hoch liegen. Allein die Spannweite dieser Zahlen zeigt aber, wie unsicher sich die Wissenschaft dazu ist. Dazu kommt noch, dass es überhaupt keine gesicherten Daten gibt, wie viel Methan aus welchen Quellen emittiert wird. Umso mehr wuchern die Spekulationen, z.B. zu den Leckagen bei Erdgasleitungen. Es bleibt auch weitgehend außer Betracht, dass ein Verzicht auf Erdgas (egal aus welcher Art Förderung) nur bedeutet, dass andere fossile Stoffe (Kohle, Öl) verwendet werden müssten, deren Erzeugung und Verbrauch tw. noch mehr Methan und CO2 freisetzen und oft überhaupt nicht durch „Öko“-Strom ersetzt werden können (Gas als Chemierohstoff, Brenn- und Treibstoffe).
Ein oft übersehenes Problem des Frackings ist der große Transportaufwand. Pro Bohrung sind sehr viele Lkw-Fahrten nötig, um die Frackingflüssigkeit zu transportieren. Daneben belasten Lärm und die Beleuchtung der Anlagen bei Nacht Menschen und Tiere.
Fazit
Unterm Strich zeigt sich aber, dass das Fracken keine so große Umweltbelastung darstellt, wie es v.a. vom „grünen“ Milieu behauptet wird. Im Grunde regelt sich alles über den Preis, der einigermaßen genau den ökonomischen Aufwand widerspiegelt. Das Fracking ist trotz der technischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte immer noch eine Technologie, die bei moderaten Öl- und Gaspreisen meist teurer ist als herkömmliche Förderung. In den vergangenen Jahren gab es deshalb auch parallel zu den Schwankungen des Ölpreises entweder einen Boom oder eine Flaute beim Fracking. Wie die zukünftige Entwicklung aussehen wird, kann kaum vorausgesagt werden. Ein wichtiger, vielleicht entscheidender Faktor wird dabei sein, ob oder wie schnell die weltweiten Öl- und Gasreserven zur Neige gehen. Bisher sind die bekannten Reserven durch bessere Erkundungsmethoden und Erschließungstechniken sogar gewachsen.
Neben technischen und ökonomisch-monetären Faktoren spielen natürlich geopolitische Umstände eine wichtige Rolle, wie gerade der Ukrainekrieg offenbart. Der Aufschwung des Frackings v.a. in den USA zeigt diesen Aspekt sehr klar. Seit über zwei Jahrzehnten wird das Fracking dort bewusst politisch gefördert – egal, unter welchem Präsidenten. Bereits 2005 erließ die Bush-Regierung den Energy Policy Act. Dieses Energiegesetz bescherte den Fracking-Unternehmen enorme Steuervorteile, ohne die es den Aufschwung beim Fracking so kaum gegeben hätte. Flankiert wurde diese Investitionsförderung noch dadurch, dass der Einfluss der US-Umweltbehörde EPA bezüglich der Kontrolle der Frackingbohrungen beschnitten wurde. Auch einige Arbeitsrechtsverordnungen für die bei den Frackingfirmen arbeitenden LKW-Fahrer wurden „gestreckt“.
Präsident Obama forcierte dann ab 2014 den Gasexport, der bis dahin verboten war. Es wurden LNG-Terminals gebaut, um das Frackinggas in inzwischen über 30 Länder zu exportieren. Hintergrund all dessen ist einerseits der Wille, die USA unabhängig von Energieimporten zu machen und andererseits, mehr Länder vom US-amerikanischen LNG-Gas abhängig zu machen. In diese Rolle begibt sich gerade auch Deutschland. V.a. aber geht es den USA darum, Russland als Öl- und Gasexporteur zu schwächen und damit dessen geopolitischen Einfluss zu unterminieren. Auch in Osteuropa, z.B. in Polen und in der Ukraine, wurden riesige Gasvorkommen entdeckt, die per Fracking gewonnen werden könnten. Auch das ist ein Aspekt des starken Engagements der USA in dieser Region.
Die Position der Linken
Das Gros der Linken folgt unkritisch den unwissenschaftlichen, einseitigen und alarmistischen Positionen zum Fracking. Für sie besteht die Lösung darin, die Technologie einfach zu verbieten – wie man es auch hinsichtlich der Kernenergie praktiziert. Eine solche Technologiefeindlichkeit ist dem Marxismus fremd. Er plädiert nicht dafür, Technologien zu bekämpfen, sondern die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die Produktionsverhältnisse, unter denen sie verwendet werden, grundlegend zu ändern. Das bedeutet v.a., dass eine andere Klasse, das Proletariat, den Einsatz, die Entwicklung – und unter Umständen auch die (zeitweilige) Nichtnutzung – einer Technologie direkt kontrolliert und bestimmt. Wie überall erweist sich auch beim Fracking, dass das Privatkapital und der ihm verpflichtete Staat einen effektiven und verantwortungsvollen Umgang mit Technologie nicht zuverlässig sichern kann und will. Letztlich steht alles unter dem Vorbehalt des Profits und der jeweilige Machtinteressen. Nur die Arbeiterklasse (zu der auch Wissenschaftler, Techniker und Spezialisten gehören) hat das Interesse und die Fähigkeiten, Technik im Interesse alle Menschen und der für sie existentiellen Natur einzusetzen.
Insofern ist es absurd, generell für oder gegen Fracking zu sein. Ist dessen Einsatz ökologisch und ökonomisch vertretbar und sinnvoll, dann müssen sich die Linke und die Arbeiterbewegung dafür aussprechen. Der erste Schritt dazu ist, dass es effektive und unabhängige Kontrollorgane der Arbeiterklasse (Gewerkschaften), der Anwohner und von unabhängigen Experten gibt. Es muss ein energischer Kampf gegen die politische und mediale Dominanz der diversen „grünen“ Obskuranten geführt werden, die immer mehr Einfluss erlangen, die Weiterentwicklung und Verbesserung von Technologien zu ver- oder behindern und stattdessen Technologien wie Wind- und Solaranlagen fördern, die keine Entwicklungsperspektive haben und als Grundlage der Energieversorgung in der Zukunft ungeeignet sind. Diese (links)bürgerlichen Kräfte behindern die Produktivkraftentwicklung und sind daher reaktionär. Sie stellen eine moderne Form von Maschinenstürmerei dar und nützen nicht der Umwelt oder dem Klima, sondern nur den Profitinteressen bestimmter Teile des Kapitals.
Solange die Linke diesen dubiosen Weltverbesserern hinterherläuft, wird sie (weiter) außerstande sein, eine antikapitalistische Alternative zu weisen. Schon Marx und Engels haben im “Kommunistischen Manifest“ diese Art von linken Reformern kritisiert. Es wird Zeit, dass die „Marxisten“ von heute wieder Marx lesen!