Der Begriff „faschistisch“ wurde erstmals von Benito Mussolini verwendet, dessen Bewegung 1922 in Italien durch die Zerschlagung der Gewerkschaften und der Arbeiterparteien an die Macht kam. Während der 1920er und 30er Jahre wuchsen faschistische Bewegungen in ganz Europa. In Österreich war Dollfuß ihr Führer, in Deutschland Hitler. Der deutsche Faschismus nannte sich in demagogischer Weise „Nationalsozialismus“.
Was alle faschistischen Bewegungen eint, ist nicht nur ihr gewalttätiger Rassismus oder Nationalismus. Selbst der Antisemitismus ist kein allgemeines Merkmal des Faschismus. Vielmehr besteht das Wesen des Faschismus darin, dass er eine reaktionäre militante Massenbewegung ist, die sich v.a. auf Kleinbürgertum und Mittelschichten stützt. Die durch eine Krise oder eine Revolution in Bedrängnis geratene Bourgeoisie benutzt die Faschisten als Rammbock gegen die organisierte Arbeiterbewegung, wie es Leo Trotzki einmal formulierte. Mitunter benutzen die Faschisten zur Einbindung der sozial frustrierten Kleinbürger und der untersten Schichten der Arbeiterklasse einen demagogischen Pseudo-Sozialismus, der sich gegen das „raffende“ Kapital, gegen das Establishment, gegen das „jüdische“ oder das Finanzkapital richtet.
Wilhelm Reich betonte: „Der Faschismus ist ein Ausdruck der „emotionellen Grunhaltung des autoritär unterdrückten Menschen der maschinellen Zivilisation und ihrer mechanistisch-mystischen Lebensauffassung. Der mechanisch-mystische Charakter der Menschen unserer Epoche schafft die fachistischen Parteien und nicht umgekehrt. (…) Die faschistische Mentalität ist die Mentalität des kleinen, unterjochten, autoritätssüchtigen und gleichzeitig rebellischen ´kleinen Mannes´.“ Diese Mentalität entwickelt sich in bestimmten sozialen Strukturen wie der (klein)bürgerlichen Familie besonders gut. Der Widerstand gegen Faschismus u.a. rechts-konservative Kräfte muss also auch immer damit einhergehen, diese „Mentalität“ aufzudecken, zu kritisieren und für kollektive, genossenschaftliche, selbstbestimmte soziale Strukturen zu kämpfen, in denen sie überwunden werden können.
Polizei, Justiz, die bürgerliche Demokratie, Armee und Geheimdienst sind die „üblichen“ Instrumente zur Sicherung der kapitalistischen Herrschaft. Unter dem Druck der Krise und des Klassenkampfes spitzen sich die Konflikte aber bisweilen so zu, dass die etablierten demokratischen Strukturen und Mechanismen diese nicht mehr bändigen können. Der Faschismus ist dann jene Massenbewegung, die alle Elemente von Demokratie und alle Arbeiterorganisationen zerstören will und kann.
Wiederholt stellte sich in den 1920er und 30er Jahren in einigen Ländern die Frage, welche Klasse in Zukunft herrschen sollte: Proletariat oder Bourgeoisie? Doch die Arbeiterklasse konnte damals ihre revolutionären Möglichkeiten nicht nutzen – aufgrund untauglicher Führungen und falscher politischer Konzeptionen. So wurde die krisenhafte Zuspitzung durch den Faschismus auf reaktionäre Weise gelöst. Die Machtübernahme des Faschismus mit seinen blutigen Konsequenzen war der Preis, den die Arbeiterklasse dafür zahlte, im entscheidenden Moment die Macht nicht übernommen zu haben.
Im Gegensatz zu anderen reaktionären Strömungen begnügt sich der Faschismus nicht mit der bloßen Unterdrückung von ArbeiterInnen oder der Einbindung ihrer Führer ins herrschende System. Er zielt darauf ab, jede Form von Demokratie und die gesamte organisierte Arbeiterbewegung zu zerschlagen. Dazu brauchte er eine Massenbewegung. Gestützt auf diese konnte er die Arbeiterparteien und Gewerkschaften schlagen, Spitzel in jedem Wohnblock, jeder Schule, jedem Betrieb platzieren. Er brauchte dazu auch eine Massenpartei wie Hitlers NSDAP, die straff organisiert war. Und er verfügte – im Unterschied zu anderen bürgerlichen Parteien – über Terroreinheiten wie die SA, welche die Kampfmoral der ArbeiterInnen brechen und deren Organisationen auch physisch bekämpfen konnten.
Nach 1945 haben sich die Mittelschichten und die Bourgeoisie vom Faschismus abgewandt: einerseits, weil der Faschismus in den Augen der Massen komplett kompromittiert war, andererseits, weil weder eine tiefe Krise noch ein revolutionärer Ansturm das kapitalistische System bedrohten.
Es gibt es immer wieder rechts-konservative und rassistisch-faschistische Gruppierungen, die einen zeitweiligen Aufschwung erleben. In den letzten Jahren sind in etlichen Ländern rechte, nationalistische und rassistische Parteien stärker geworden: so in Frankreich die Front National (FN), in Österreich die FPÖ, in Holland die „Freiheitspartei“ von Geert Wilders, die „Wahren Finnen“ oder UKIP in Britannien.
Auch in Deutschland gab es schon seit Ende der 1960er Jahre verschiedene Rechtsaußen-Parteien, die national-konservativ und rassistisch waren und auch faschistische Kräfte einbanden oder Verbindungen zu ihnen pflegten. Bekannt waren v.a. „Die Republikaner“ (REP) um Altnazi und SS-Mann Schönhuber oder die Deutsche Volksunion (DVU). Aktuell sind z.B. PRO-Deutschland u.ä. „pro“-Projekte sowie die NPD aktiv.
Großen Einfluss erlangt gegenwärtig die Alternative für Deutschland (AfD). Sie schaffte mit zweistelligen Ergebnissen auf Anhieb den Sprung in mehrere Landtage. Sie ist stark populistisch, nationalistisch, rassistisch und konservativ orientiert. Sie wendet sich v.a. gegen Migration und schürt rassistische Vorbehalte. Sie profitiert stark von der Enttäuschung von Teilen der Mittelschichten und der Randschichten der Arbeiterklasse, die sozial unter Druck geraten oder das befürchten, über die traditionellen Parteien und „die Demokratie“. In der AfD gibt es auch Faschisten und militante Rassisten.
All diese Formationen waren bzw. sind aber keine rein faschistischen Organisationen, sondern beinhalten faschistische Kräfte und Elemente einer faschistischen Programmatik. Das hat einerseits mit der aktuellen Schwäche des Faschismus zu tun, mit der – nach den historischen Erfahrungen – immer noch weitgehenden Ablehnung des Faschismus und auch damit, dass das Kapital derzeit keinen Anlass sieht, auf die faschistische Karte zu setzen.
Die Gefahr, die von diesen Kräften ausgeht, besteht aber erstens darin, dass sie extrem rechte Gedanken und den Rassismus salonfähig machen und die bürgerlichen Parteien und das gesamte politische Klima nach rechts drücken. Zweitens können sie ein Ausgangspunkt zur Neugruppierung und Stärkung rein faschistischer Parteien und Bewegungen werden. Das aber wäre mit inneren Kämpfen und Umgruppierungen verbunden. Die Mischung aus rassistischer und faschistischer Politik, sozialer Demagogie, Straßenmobilisierungen und Terrorismus könnte aus der schwachen und zersplitterten rechten Szene eine einheitliche faschistische Massenpartei und -bewegung schaffen.
Gegen diese Gefahr gibt es nur eine Antwort: die direkte Aktion der Arbeiterklasse. Diese muss bei jeder Gelegenheit auf die physische und moralische Zerschlagung der faschistischen Organisationen hinzielen. Es ist eine Illusion zu glauben, man könnte Faschisten mit Argumenten überzeugen oder sie mittels ausgedehnter demokratischer Rechte entlarven. Solche Elemente sind letztlich nur durch effektive Machtdemonstrationen der Arbeiterbewegung, v.a. der Millionen starken Gewerkschaften, zu beeindrucken.
Die „Antifa“, ein politisch heterogenes, stark von Autonomismus und Anarchismus geprägtes Milieu, Sie ist stark aktions- und „Event“-orientiert. Doch ihre Orientierung auf militante Konfrontation um jeden Preis, auf einen Kleinkrieg mit den Rechten und der Polizei sowie ihre informellen Organisationsformen sind als Strategie untauglich, weil sie die Gewinnung der Arbeiterbewegung ignorieren und den „Antifaschismus“ vom sonstigen Klassenkampf trennen. Sollte die faschistische Bewegung stärker werden, würde sich schnell zeigen, dass die Antifa viel zu schwach wäre, um ihr effektiv entgegentreten zu können.
Wir müssen sowohl Massendemonstrationen als auch proletarische und migrantische Selbstverteidigungsgruppen organisieren und fordern. Wir brauchen eine Einheitsfront, um den Faschismus aufzuhalten, wo immer er sein Haupt erhebt. Wir vergießen keine Träne, wenn Faschisten durch Polizei oder Justiz unterdrückt oder verboten werden, doch es ist nicht Teil unserer Strategie, uns darauf zu verlassen oder es zu fordern. Der bürgerliche Staat ist unfähig und oft auch unwillig, den Faschismus zu bekämpfen, da er ein Instrument derselben Klasse ist, der auch die Faschisten dienen. Darüber hinaus müssen revolutionäre KommunistInnen klar die Ursachen der Krisen benennen und dem Klassenkampf eine Perspektive weisen, ehe die Verzweiflung Menschen in die Hände der Faschisten treibt.
Das Versagen und die Inaktivität der reformistischen Arbeiterbewegung in Gestalt der SPD, des DGB und der Linkspartei, konkrete Antworten auf soziale Probleme wie Wohnungsnot, Einsparungen im Bildungs- oder Sozialbereich oder Arbeitslosigkeit zu geben, ihre Weigerung zu mobilisieren – all das ermöglicht den Rechten und Faschisten, sich als Alternative zu präsentieren. Auch deshalb ist ein politischer Kampf gegen den dominierenden Reformismus in der Arbeiterklasse notwendig.
Insbesondere die „Volksfrontpolitik“, die eine strategische Zusammenarbeit von Linken und Organisationen der Arbeiterbewegung mit Teilen des Kapitals anstrebt – unter Preisgabe des Ziels der Enteignung des Kapitals und des Klassenkampfes – muss abgelehnt werden. Gemeinsame Deklarationen und politische Blöcke mit Kapitalistenverbänden oder den Kirchen blockieren die antifaschistische Selbstorganisation der Arbeiterbewegung zugunsten folgenloser moralischer Appelle und praktischer Untätigkeit. Nur der revolutionäre Kommunismus kann radikale Antworten auf die Krise geben, indem er den wahren Feind, der sich hinter den faschistischen Stiefelknechten versteckt, angreift – die Kapitalisten und ihr System. Wir halten es hier mit dem Slogan von Max Horkheimer: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“.