Paul Pfundt
Jahrelang wurde von der Öko-Lobby das E-Auto als wesentliches Mittel gepriesen, um den Verkehr sauberer zu machen und die CO2-Emissionen zu mindern. Inzwischen spricht sich jedoch immer mehr herum, dass E-Autos in keinerlei Hinsicht eine Lösung für irgendwas darstellen. Die vor Ort eingesparten Emissionen entstehen nur woanders, nämlich dort, wo der Strom erzeugt wird. Der kommt aber oft noch aus Kohlekraftwerken. Nun verweisen die Ökos gern darauf, dass man diese ja abschalten will. Nur ist das in absehbarer Frist unmöglich, weil von den „Erneuerbaren“ nur die Windenergie massiv ausgebaut werden kann. Die Umstellung auf E-Mobilität würde aber praktisch bedeuten, dass der Stromverbrauch sich verdoppeln und die Zahl der Windräder sich mindestens verdreifachen würde. Auch durch die notwendige Ausdehnung der Stromspeicherung mittels Batterien und den Netzausbau würden die Stromverluste zunehmen. Und: wo soll der viele Strom bei Windflaute herkommen und was kostet der Aufbau einer Elektro-Lade-Infrastruktur?
Auf all das haben die Energiewende-Lobby und ihre Getreuen in Politik und Medien keine Antwort. Immerhin dämmert es inzwischen einigen ihrer PropagandistInnen, z.B. Harald Lesch, dass das E-Auto keine Alternative ist. Viel eher als all die „grünen“ Experten haben das die Autofahrer begriffen, die sich trotz massiver Propaganda und verschiedener Anreize bisher beharrlich geweigert haben, E-Autos zu kaufen.
Doch wie immer führt das Desaster nicht etwa dazu, dass die Umwelt- und Klimaschützer ihren Fehler einsehen und sich fragen, warum sie sich so irren konnten. Nein, die Reaktion ist entweder ein „Weiter so, Augen zu und durch“ oder aber – und darum geht es hier – es wird eine neue „grüne“ Sau durchs Dorf getrieben. Diesmal ist es die Wasserstoff-Technologie.
Die Fakten
Die Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle ist heute technisch möglich und hat auch durchaus wichtige Vorteile, v.a. den, dass Autos ohne Emissionen fahren könnten. Schon in den 1970ern wurde die Wasserstoffnutzung als Ersatz für fossile Stoffe deshalb diskutiert.
Eine materialistische Analyse der Wasserstofftechnik muss zunächst von den naturwissenschaftlich-technischen Fragen und Gegebenheiten sowie den ökonomischen Zusammenhängen ausgehen. Auf dieser Basis kann dann abgeschätzt werden, ob und wie eine konkrete Anwendung dieser Technik erfolgen kann. Die „grüne“ Ideologie jedoch geht ganz anders heran: sie greift einige partielle Eigenschaften bzw. Vorteile heraus, stellt sie anderen gegenüber und flugs ist die Strategie fertig. Bei der Windenergie etwa spielten drei Aspekte die Hauptrolle: der Wind weht kostenlos, ist quasi endlos vorhanden und Windstrom erzeugt (außer beim Bau der Anlagen) kein CO2. Für eine Ideologie, Nachrichten-Headlines und überhaupt technisch ungebildete Gemüter reicht das – nur nicht für die Realität. Denn die technische Nutzung der Windenergie ist keineswegs umsonst, sondern sogar besonders aufwändig; der Wind weht eben nicht immer und überall, sondern ziemlich häufig großflächig mehrere Tage lang gar nicht. Auch der durch die Windenergie notwendige Riesenaufwand für Netzausbau, Speicherung und die Materialien für Windräder (Stahl, Beton, Kupfer usw.) ist nicht CO2-neutral.
Was sind nun die Vorteile bei der Wasserstoffnutzung? Wasserstoff kann aus Wasser, das fast überall verfügbar ist, hergestellt werden, als Reststoff bleibt wieder nur Wasser übrig. Insofern ist Wasserstoff sehr ökologisch und senkt die Nachfrage nach Öl, Gas oder Kohle. Und die Wasserstoffnutzung (nicht die Herstellung) ist CO2-neutral (für all jene, die an die Klimahysterie glauben).
Diesen Vorteilen stehen aber erhebliche Nachteile gegenüber:
1. ist die Herstellung von Wasserstoff aufwändig, die dafür notwendigen Anlagen sind dementsprechend teuer;
2. fallen bei der Wasserstoffproduktion auch Schadstoffe an und u.U. wird dabei auch CO2 erzeugt;
3. ist die Handhabung (Transport, Lagerung, Betankung) von Wasserstoff kompliziert und gefährlich;
V.a. aber ist die Energieeffizienz extrem schlecht. Die Nutzung von Wasserstoff beruht lt. Vorstellungen der „grünen“ Szene darauf, dass mittels überschüssigem Wind- und Solarstrom Wasserstoff erzeugt wird. Doch bisher gibt es solche Überschüsse nur selten. Wenn zudem Kohle- und Kernkraftwerke vom Netz genommen werden und andere Bereiche (Heizung, Verkehr) statt mit fossilen Brennstoffen mit „erneuerbarem“ Strom versorgt werden, wird es statt Überschüssen eher einen Mangel an Strom geben. Doch unabhängig davon gehen während des Umwandlungsprozesses Strom-Wasserstoff-Strom etwa 70% der Energie „verloren“. Kein vernünftiger Mensch kann glauben, dass es angesichts dessen sinnvoll ist, in großem Umfang heute in eine Wasserstoff-Wirtschaft einzusteigen. Das wäre allenfalls dann denkbar, wenn billiger Strom in riesigen Mengen umweltfreundlich erzeugt würde, was aber nur mittels Kernkraft möglich wäre.
Die Nutzung von Wasserstoff soll v.a. im Autoverkehr erfolgen, wo Diesel und Benzin ersetzt und damit auch die CO2-Emissionen gesenkt werden könnten. Wasserstoff ist ein Gas und kann im Auto auf drei Arten mitgeführt werden: in Druckgasflaschen (bei minimal 300 bar Druck), in einem Spezialtank mit einer Temperatur von -250 °C oder in chemisch gebundener Form. Die technisch einfachste und kostengünstigste Lösung ist Druckgas. Doch diese Lösung ist mit langen Ladezeiten bzw. geringer Reichweite verbunden, zudem ist ein Wasserstofftank-Netz sehr teuer.
Wasserstoff wie Batteriestrom als Antrieb haben gegenüber Benzin oder Diesel das Problem zu geringer Energiedichte und langer Ladezeiten. Ein Auto muss nicht nur einen Motor haben, sondern auch seinen Energievorrat mitführen. Bei Benzin und Diesel ist das kein Problem, denn es sind Flüssigkeiten mit hoher Energiedichte. Flüssigkeit bedeutet: kein Druck, keine Kühlung, kleiner Tank.
Diese systemischen Probleme und Aufwendungen für die Nutzung von Wasserstoff werden meist vergessen und verschwinden hinter der alles überragenden CO2-Problematik. Doch wie bei der Energiewende insgesamt gibt es in der „grünen“ Szene eine solche systemische Betrachtung, die alle wichtigen Faktoren und Wechselwirkungen sowie die naturwissenschaftlich-technischen Aspekte betrachtet, meist nicht. Jede Sachdebatte wird durch einen ideologischen Glaubenskrieg ersetzt. Hintergrund dessen sind die Profitmotive der Klima- und Energielobby und die steuerlichen Interessen von Politik und Staat.
Obwohl die Wasserstofftechnologie gegenwärtig und in naher Zukunft keine sinnvolle und realistische Option für ein massenhafte Anwendung ist, heißt das noch lange nicht, dass sie damit aus dem Rennen ist. Im Gegenteil: wir erleben gerade, dass die „grüne“ Propaganda uns den Wasserstoff als neue Wunderwaffe einzureden sucht. Die reale Folge davon könnte sein, dass immense Subventionen in diesen Bereich fließen – natürlich wie immer v.a. von der Bevölkerung bezahlt. Nachdem sich die Förderung der „Erneuerbaren“ als Geld verschlingender Malstrom erwiesen hat, könnten demnächst Milliarden in eine weitere ineffiziente Technik gepumpt werden – zum Nutzen „grüner“ Investoren und zum Schaden der Gesellschaft.
Die Position des Marxismus
MarxistInnen – so sie denn wirklich welche sind – lehnen keine Technologie per se ab oder bevorzugen bestimmte Techniken. Sie treten grundsätzlich für den technologischen Fortschritt ein, weil nur so auch eine kommunistische Gesellschaft mit Wohlstand für Alle denkbar ist. Fortschritt definiert der Marxismus wesentlich auch als Fortschritt der Arbeitsproduktivität: Welcher Nutzeffekt (Gebrauchswert) wird mit wie viel Ressourcenaufwand (menschliche Arbeit, Rohstoffe, Energie) erreicht? Ob eine Technologie angewendet wird oder (noch) nicht, hängt für MarxistInnen v.a. von der Frage ab, unter welchen gesellschaftlichen Umständen sie verwendet wird bzw. welche Klasse die Kontrolle darüber hat und ob die Arbeitsproduktivität damit steigt, denn nur, wenn sie steigt, sind auch sozialer Fortschritt und ökologische Effekte möglich. Die Energiewende und die “Erneuerbaren“ stellen jedoch einen Rückschritt in der Produktivkraftentwicklung dar. Der „grüne“ Wasserstoff-Hype ist nur ein neuer bizarrer Salto mortale der Fehlentwicklung der Produktivkräfte und keine Alternative. Gleichwohl ist es nicht ausgeschlossen, dass die Wasserstofftechnologie einmal zu einer realen Alternative werden kann, deshalb ist deren weitere Erforschung sinnvoll.
Die Produktivkraftentwicklung muss dem Zugriff von Staat und Kapital (und aktuell dem „grünen“ Lobbyismus) entrissen werden und unter die Kontrolle des Proletariats gestellt werden. Nur die Arbeiterklasse ist im Verbund mit WissenschaftlerInnen in der Lage, die Technik zu verstehen und zu beherrschen, nicht Politiker und Bürokraten. Das müsste auch bei der Energiewende der Fall sein – ist es aber nicht. Hier bestimmen die Profitinteressen der großen und kleinen „grünen“ Investoren.