Hanns Graaf
Eine Regelung des Gesetzes zum Kohleausstieg ist die Ausschreibung zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerken, die ab 1. September gilt. Für die vorfristige Abschaltung von 4.000 Megawatt (MW) gibt es 2021 erste Entschädigungen vom Staat für die Betreiber: 165.000 Euro pro MW.
Für eine Abschaltung in Betracht kommt auch das Vattenfall-Kraftwerk in Hamburg-Moorburg. Die hochmoderne Anlage ist erst fünf Jahre alt. Erfolgte die Abschaltung von Moorburg mit seinen 1.640 MW installierter Leistung, gäbe es 270 Mill. Euro Entschädigung für Vattenfall. Der Fall Moorburg ist ein typisches Beispiel für die Energiewende (EW), die u.a damit verbunden ist, riesige Mengen konstanten Kapitals, das noch Jahre oder Jahrzehnte laufen könnte, zu vernichten, um Platz für die „Erneuerbaren Energien“ (EE) zu schaffen. Moorburg ist ein Musterbeispiel für die Idiotie der „grünen“ Energiepolitik, der inzwischen alle Parteien (außer der AfD) wie die Lemminge hinterherlaufen. Doch selbst wenn die falsche These von der CO2-getriebenen Klimakatastrophe stimmen sollte, wäre die EW die falsche Antwort, die kein Problem löst, aber viele neue schafft.
Desaster mit Ankündigung
Das Kohlekraftwerk Moorburg sollte bereits 2004 mit einer Leistung von 700 MW gebaut werden, um ein altes Ölheizkraftwerk zu ersetzen. Um einen weiteren Kraftwerksneubau zu sparen, wurde auf Anregung des Hamburger Senats die Kapazität von Moorburg schließlich auf 1.640 MW gesteigert. Als 2008 in Hamburg Schwarz/Grün an die Macht kam, wollten die Grünen das Projekt kippen, was jedoch die Rechtslage nicht zuließ.
Doch sie suchten und fanden trotzdem Wege, das Projekt zu behindern, wo es nur ging. Anstatt sich zu freuen, dass durch Moorburg ältere und unsaubere Anlagen ersetzt und neben der Stromerzeugung auch ein großer Teil der Fernwärmeversorgung Hamburgs langfristig gesichert werden kann, mobilisierte die „grüne“ Klientel gegen Moorburg, um wenigstens die Wärmeerzeugung zu verhindern, so dass das Kraftwerk unwirtschaftlich werden würde. So hoffte man, das Projekt doch noch verhindern zu können. Das wurde zwar nicht erreicht, doch es gelang tatsächlich, den Fernwärmebereich zu verhindern. Die geplante Kraft-Wärme-Kopplung von Moorburg war somit dahin – obwohl diese Technik als besonders effizient und sauber gilt und daher früher, als die Politik noch nicht so „grün“ verblödet war, zu recht besonders gefördert worden war.
Hamburgs Wärmeversorgung ist nun Dank der „grünen“ Politik in Zukunft völlig unklar. Noch beliefert ein altes, unmodernes und „dreckiges“ Heizkraftwerk aus den 1960ern in Wedel einen Teil Hamburgs mit Fernwärme und kann als „systemrelevant“ nicht abgeschaltet werden. Anstatt die Wärme sauber und effizient zu erzeugen, führte die vorgeblich grüne Politik dazu, dass schmutziger und ineffizienter und für die Zukunft nicht sicher erzeugt wird.
Strom hingegen kann (allerdings verbunden mit riesigen Problemen) immerhin auch mit Wind- und Solaranlagen erzeugt werden – Wärme jedoch nicht. Auch dieses Problem der EW ist den damit befassten „Experten“ bis dato noch nicht aufgefallen. Ohne eine Antwort zu haben, orakelt man über diverse „Lösungen“, die keine sind: Wasserstoff, Abwärme aus Müllverbrennung usw. Alle diese „Lösungen“ sind entweder völlig unrentabel und energetisch unrationell oder können den enormen Bedarf der Städte an Fernwärme nicht annähernd decken. Auch hier erweist sich die EW als Operation am offenen Herzen, durchgeführt von Laien mit zitternden Händen.
Grüner Aktionismus
Die Palette „grüner“ Politik ist weitgefächert – man traut sich zwar nicht, den Kapitalismus insgesamt zu attackieren, aber ansonsten gab man sich auch Hamburg recht militant: da wurde demonstriert und versucht, die Kraftwerksbaustelle zu stürmen. Der Hamburger Senat erteilte dem Bau Auflage um Auflage. Vattenfall kam diesen Auflagen, die im Nachhinein, d.h. nach der Planungsphase erteilt wurden, meist nach. Selbst wenn einige der Auflagen sinnvoll sein mögen (z.B. der Bau einer Fischtreppe), so fragt man sich doch, warum das die Hamburger „Experten“ nicht früher gewusst haben und man ahnt, warum sich Bauprojekte in Deutschland immer verzögern und verteuern.
Oft waren die Einwände gegen den Bau einfach nur absurd. So durfte kein Wasser zum Kühlen aus der Elbe entnommen werden. Das zog den Bau eines Kühlturms nach sich, der für den Betrieb der Ventilatoren mehr als 50 MW des in Moorburg erzeugten Stroms verbraucht. Und dieselben Leute, die für solche u.a. unsinnige Auflagen sorgen, zeigen dann mit dem Finger auf die Kraftwerke, weil diese angeblich so teuer wären – in Wahrheit sind sie billiger, effizienter und auch ökologischer als alle EE.
Die Fernwärmeleitung wurde auch verhindert, weil dafür 500 Bäume hätten gefällt werden müssen. Von Aufforstung haben die „grünen“ Aktivisten scheinbar nie gehört, genauso wie es ihnen sonst ganz egal ist, wenn hunderte Bäume gefällt werden, um Windräder in einen Wald zu klotzen.
Strom aus Wind und Sonne?
Im Zuge des Kohle- und Atomausstiegs soll Strom weitestgehend aus Wind und Sonne erzeugt werden. Es ist bezeichnend genug, dass die Verfechter der EW nie sagen, wie viel „erneuerbarer“ Strom dafür überhaupt benötigt bzw. gespeichert werden muss, was das kostet und wie viel Ressourcen es verschlingt – aus gutem Grund: denn dann würde offenbar, dass die EW technisch unmöglich, unbezahlbar und ökologisch schädlich ist – und am Klima nichts verändert.
Schauen wir uns das am Beispiel von Moorburg an. Das Kraftwerk speist fast 1.600 MW ins Netz ein – vorausgesetzt, es wird nicht herunter gefahren, weil die Einspeisung des „erneuerbaren“ Stroms lt. EEG ja Vorrang hat. Würden wir die Gesamt-Strommenge von 1.600 MW mit Windrädern erzeugen (davon abgesehen, dass diese den Strom nie bedarfsgerecht liefern können), brauchten wir dafür ca. 2.000 moderne Groß-Windräder der 3 MW-Kategorie (Nennleistung). Diese speisen nämlich aufgrund der Schwankungen des Windes statistisch nur ca. 18% ihrer Nennleistung real ins Netz ein. Ein solches Windrad, z.B. das Enercon E-101 mit 3 MW Nennleistung, kostet über 5 Mill. Euro. Moorburg durch Windenergie zu ersetzen würde also ca. 10 Milliarden Euro kosten – ohne Netzanschlüsse u.a. „Nebenkosten“. Moorburg hingegen kostete nur 3 Milliarden. Doch damit nicht genug: während ein Kraftwerk mehrere Jahrzehnte ohne größere Sanierungen betrieben und eine Gesamtlaufzeit von 60-80 Jahren erreichen kann, beträgt die Laufzeit von Windrädern statistisch nur etwa 18 Jahre, dann muss zumindest die Maschinengondel ersetzt werden. Zudem beträgt der Förderzeitraum, während dessen der Windrad-Betreiber die EEG-Förderung genießt, nur 20 Jahre, so dass danach viele Windräder unrentabel werden. Doch über diese einfachen Zusammenhänge lassen uns die EW-Lobby und die Medien im Unklaren, um der meist naturwissenschaftlich und technisch wenig gebildeten Bevölkerung die EW schmackhaft zu machen.
Noch prekärer wird die Stromversorgung Hamburgs, wenn 2021 das AKW Brokdorf abgeschaltet sein wird. Dann ist nicht nur die Stromversorgung der Hamburger Haushalte vakant, sondern auch die Versorgung mehrerer Metall-Hüttenstandorte, dem Flugzeugbauer Airbus und dem Hamburger Hafen – alles Großverbraucher.
Die Linke
Wie immer ist die Linke Szene eine aktive Unterstützerin der „grünen“ Pläne. Sie erweist sich als völlig unfähig, die Milchmädchenrechnungen der Grünen und deren unwissenschaftliche Klima-Propaganda zu entlarven. Gibt sie sich auch sonst immer sehr besorgt um das soziale Wohlergehen der Lohnabhängigen, ist es ihr hier offenbar völlig egal, wenn ganze Industriestandorte durch die EW gefährdet, die Strompreise durch die Decke gehen und riesige Flächen Energie-Mais-Monokulturen werden.
Wenn es nicht so ernste Folgen hätte, könnte man die Wünsche der radikalen Befürworter des Kohleausstiegs erfüllen – dann könnte Jede(r) erleben, was das Ergebnis ist: Deutschland stände ohne funktionierende Stromversorgung da. Ist eine solche Politik links? Wohl kaum.
An Stelle der „grünen“ Nachtrabpolitik der Linken müssten sie u.a. dafür eintreten, dass es eine offene Debatte der Klima- und Energieproblematik gibt, die alle Seiten der Wissenschaft und die Meinung der TechnikerInnen berücksichtigt. Sie müsste Gelder – aus der progressiven Besteuerung von Reichtum und Kapital, nicht der Millionen StromkundInnen – dafür einsetzen, dass die effizientesten und für die Zukunft entwicklungsfähigsten Techniken gefördert werden – soweit das überhaupt nötig ist, denn die beste Technik setzt sich meist von allein durch. Wind- und Solaranlagen zählen jedoch nicht dazu. Daher müssen sie auch immer noch – 20 Jahre nach Beginn der EW – massiv subventioniert werden.
Die EW ist eine der größten Umverteilungsmechanismen von unten nach oben. Jeder Stromkunde spürt das – nur die Linke weiß es nicht oder hält es sogar für richtig, weil sie dem unwissenschaftlichen Dogma der CO2-Treibhaus-Theorie folgt. Folgen heißt hier Glaube, nicht Wissen, denn eine fachliche Expertise hat die Linke nicht, sie vertraut nur blind dem, was die Großmedien seit über 20 Jahren predigen. Würden sie sich nur einmal anschauen, was von deren Voraussagen wirklich eingetroffen ist, wären sie etwas skeptischer gegenüber den klimatischen Untergangsszenarien von ARD, ZDF oder PIK.
Die Vernichtung von Produktivkapital, von Standorten und den Bilanzen bestimmter Unternehmen sind keine Ziele der Arbeiterbewegung und des Marxismus. Sie liegen vielmehr im Interesse der Konjunkturförderung und dienen den Profitinteressen vorgeblich „grüner“ Investoren und Abkassierer. Es ist Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen Kapitalfraktionen, die sich jeweils der von ihr beeinflussten Politik, der Medien und der „gekauften“ Wissenschaft bedienen. Jene Linken, die glauben, was die „Klimaalarmisten“ verkünden, wäre objektive Wissenschaft, sollten in die Katholische Kirche eintreten.
Wie der Klimaalarmismus allgemein Ausdruck des zunehmenden Irrationalismus des Kapitalismus, ist Moorburg ein konkretes Beispiel dafür. Dass die Linke zum größten Teil diesem Obskurantismus aufsitzt, zeigt nur, wie degeneriert sie ist.