Dr. Ing. Klaus-Dieter Humpich
Vorbemerkung: Wir übernehmen diesen Beitrag mit freundlicher Genehmigung des Autors von seinem Blog www.nukeklaus.net. Der Text setzt der irrationalen „grünen“ Anti-Atom-Ideologie fundiertes wissenschaftlich-technisches Wissen entgegen. Der Autor beschreibt den Entwicklungsstand der Wiederaufbereitung, deren Probleme und Perspektiven. Allerdings teilen wir nicht die Pauschalkritik des Autors an „der Planwirtschaft“. Die Redaktion
Die Wiederaufbereitung abgebrannter Kernbrennstoffe (Ökosprech: „Atommüll“) ist das zentrale Bindeglied für eine nachhaltige Nutzung der Kernenergie. Durch das Recycling werden aus dem Abfall unterschiedlich verwendbare Materialien gewonnen. Man kann sie zur Energieerzeugung weiter verwenden und man kann dadurch die Problematik der „Endlagersuche“ beträchtlich entschärfen. In diesem Sinne ist das Verbuddeln von abgenutzten Brennelementen ökologisch, ökonomisch und sicherheitstechnisch die unbefriedigendste Lösung. Vornehmste Aufgabe der Wiederaufbereitung ist die Trennung der Spaltprodukte – der nuklearen „Asche“ der Kernspaltung – von den Aktinoiden (Uran, Plutonium usw.). Aus den Aktinoiden kann durch schnelle Neutronen weitere Energie gewonnen werden. Wenn Brennelemente für konventionelle Leicht- und Schwerwasserreaktoren nicht mehr geeignet sind – man nennt das „abgebrannt“ – enthalten sie immer noch mindestens 95% Material, aus dem Energie gewonnen werden kann. Spätestens hier wird klar, welche Verschwendung ein Wegwerfen als „Atommüll“ nach deutschem Gusto wäre.
Die Einordnung der Wiederaufbereitung
Alle Verfahren zur Trennung von abgebranntem Kernbrennstoff sind chemische Prozesse. Entgegen der Behauptung von „Atomkraftgegnern“ werden dabei keine neuen radioaktiven Elemente erzeugt. Es werden höchstens radioaktive Stoffe verschleppt und dadurch Bauteile kontaminiert. Die können aber wieder gereinigt werden. Auf jeden Fall strahlen solche Verunreinigungen weniger als der ursprüngliche Kernbrennstoff und können deshalb lediglich auf Sondermülldeponien gelagert werden. Man unterscheidet Nassverfahren und pyrochemische Prozesse.
Nassverfahren
Der typische Vertreter eines Nassverfahrens ist der PUREX (plutonium uranium reduction extraction) -Prozess, wie er z.B. in der französischen Anlage in La Hague industriell angewendet wird. Seit 2010 werden dort durchschnittlich 1.050 Tonnen pro Jahr aufgearbeitet und dabei 10,5 Tonnen Plutonium und 1.000 Tonnen sog. RepU (reprocessed uranium) zurückgewonnen. Das Plutonium wird unverzüglich zur Melox-Anlage in Marcoule zur Verarbeitung zu MOX-Brennstäben (mixed oxide) transportiert. Aus diesen 120 Tonnen pro Jahr wird Brennstoff für 24 Druckwasserreaktoren der EdF mit je 900 MWel gewonnen. Beim PUREX-Verfahren wird der abgebrannte Brennstoff in Salpetersäure aufgelöst. Es entstehen diverse Salze in wässriger Lösung. Diese Lösung wird kräftig mit einem organischen Lösungsmittel (30% Tributylphosphat gelöst in Kerosin) durchmischt. Dabei gehen Uran und Plutonium in die organische Phase über und die Spaltprodukte und minoren Aktinoide verbleiben in der wässrigen Lösung. 99,9% des Urans und Plutoniums werden zurückgewonnen und etwa 3% des ursprünglichen Brennstoffs bleiben als hoch aktiver Abfall zurück und werden anschließend verglast. Die Trennung beider Phasen erfolgt rein physikalisch – Öl schwimmt auf Wasser. Uran und Plutonium werden durch einen weiteren Schritt (Umwandlung der +2 Ionen in den +3 Oxidationszustand durch z.B. Eisen) voneinander getrennt, indem das Plutonium dadurch in diese wässrige Phase übergeht.
Das primäre Ziel bei diesem Verfahren ist die Gewinnung möglichst reinen Plutoniums. Das ist zwar günstig für die Herstellung von MOX-Brennstoff, kann aber andererseits auch zur „Plutonium-Bombe“ führen. Die Befürchtungen sind so ernsthaft, dass ein Austausch der Technologie nur sehr beschränkt ist. So hat man den Vereinigten Emiraten den Bau eines Kernkraftwerks nur gestattet, weil sie ausdrücklich auf eine eigene Anreicherung und Wiederaufbereitung verzichtet haben. Andererseits verfügt Japan in Rokkasho über eine Anlage mit einer Kapazität von 800 Tonnen pro Jahr, die 4 Tonnen Plutonium für 80 Tonnen MOX-Brennstoff gewinnen kann. Das Konzept gegen die Weiterverbreitung von Kernwaffen (Proliferation) steht auf etwas wackeligen Füßen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Israel, Nordkorea, Iran usw. Deshalb die Bestrebungen (she. später) Verfahren zu entwickeln, mit denen man gar kein waffengrädiges Plutonium herstellen kann.
Für das weitere Verständnis ist wichtig, dass die minoren Aktinoide mit den Spaltprodukten zusammenbleiben. Sie werden gemeinsam in Glas aufgelöst und in Kannen zur Endlagerung abgefüllt. Hier ergibt sich das erdachte „Endlagerproblem“: Die Kannen werden in Bunkern gelagert, bis so viele kurzlebige Spaltprodukte zerfallen sind, dass die resultierende Wärmeproduktion auf ein erträgliches Maß abgesunken ist. Die zulässigen Oberflächentemperaturen (etwa 60°C) werden durch die Tonschichten im geologischen Tiefenlager in Bure bestimmt. Die Spaltprodukte zerfallen in etwa 300 Jahren bis auf Werte von Uranerz. Sie wären damit ungefährlich, da Menschen seit Jahrtausenden mit solchen natürlichen Strahlenbelastungen umgehen. Es bleibt allerdings das Problem mit den minoren Aktinoiden: Sie sind sehr langlebig, aber als 𝜶-Strahler relativ harmlos – so lange man sie nicht isst oder trinkt. Daraus leitet sich die Endlagerung möglichst tief unter der Erde ab.
Das PUREX-Verfahren ist seit Jahrzehnten erprobt und das einzige Verfahren, mit dem Anlagen im industriellen Maßstab betrieben werden. Es hat aber noch einen weiteren (politisch) gravierenden Nachteil: Es verwendet organische Lösungsmittel. Organische Lösungsmittel werden durch ionisierende Strahlung zersetzt. Einziger Weg ist die Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente, um die Strahlenbelastung zu senken. Zwischenlager sind deshalb nicht der Ausdruck „eines nicht weiter Wissens“, sondern eine technische Lösung für ein bestimmtes Verfahren zur Wiederaufbereitung. Der Kostenvorteil einer „großen Chemieanlage“ ist gleichzeitig ein prinzipieller Nachteil für kleine Länder. So hat man sich in Schweden und Finnland für eine aufwendige Langzeit-Lagerung entschieden. Man legt Tunnelsysteme im Granit an und verpackt die Brennstäbe aufwendig in Kupferbehältern. So hat man notfalls „ewig“ Zeit für die Auswahl eines Verfahrens. Auch hier erweist sich die hohe Energiedichte der Kernspaltung als Vorteil. Die durchaus hohen Investitionen finanzieren sich durch die Umlage auf die erzeugte Kilowattstunde im Zehntel Cent-Bereich.
Die Umstellung auf schnelle Reaktoren
In Reaktoren mit schnellem (energiereichem oder harten) Neutronenspektrum kann man auch U238 und die minoren Aktinoide (Neptunium, Americium usw.) spalten. In den Anfängen der Kerntechnik glaubte man noch, dass zumindest die wirtschaftlich gewinnbaren Uranmengen sehr begrenzt seien. Ein fataler – wenngleich glücklicher – Irrtum. In den 1950er Jahren träumte man von einer voll elektrifizierten Welt (Ähnlichkeiten mit heutigen Schlangenölverkäufern der Wind- und Sonnenbranche sind mehr als zufällig). Man wollte einen möglichst schnellen Bau von Kernkraftwerken bei vermeintlicher Knappheit von Uran. Die Antwort sollte der „Schnelle Brüter“ sein. Man wollte mit ihm mehr Plutonium produzieren, als man verbrauchte. „Verdoppelungszeit“ war das Schlagwort der Stunde. Gemeint ist damit die Betriebsdauer eines schnellen Brüters, bis er soviel Überschuss an Plutonium produziert hat, dass damit ein Zwilling in Betrieb genommen werden kann.
Heute ist die Situation eine andere. Einerseits ist der Preis für Natururan immer noch so gering, dass man weiterhin Leichtwasser- und Schwerwasserreaktoren bauen kann. Andererseits verfügen wir über hunderte Tonnen Plutonium in abgebrannten Brennstäben bzw. sogar fertig aufbereitet. Wir könnten somit mehrere schnelle Reaktoren sofort bauen. Im Gegenteil würden diese unsere Lagerkosten beträchtlich verringern. Wir haben auch bereits mehre Prototypen erfolgreich im Betrieb. Die Sache hat nur einen Haken: Schnelle Reaktoren erfordern wesentlich höhere Investitionen. Bis sich die Schere schließt, höhere Betriebskosten durch steigende Brennstoffkosten, gesunkene Investitionskosten für schnelle Reaktoren durch Skaleneffekte, werden noch einige Jahrzehnte vergehen.
Pyrochemische Verfahren
Für einen schnellen Reaktor wäre also eine Mischung aus Uran, Plutonium und den minoren Aktinoiden geeignet. Daraus ergeben sich zwei gravierende Vorteile: Das Aufbereitungsverfahren ist für die Herstellung von Kernwaffen ungeeignet und man erhält einen sehr kurzlebigen Atommüll. Er kann in einem geologischen Tiefenlager verschwinden, muss aber nicht. Ferner ist das Verfahren eher für kleine Anlagen geeignet. Es gibt daher in Russland die Bestrebung, eine Wiederaufbereitung in das Kernkraftwerk zu integrieren. In das Kraftwerk würde nur abgereichertes Uran als Ersatz für die Energieproduktion nachgeliefert und die wenigen Spaltprodukte könnten am Kraftwerk bis zu dessen Stilllegung gelagert werden. Transporte von „Atommüll“ würden sich beträchtlich verringern.
Die Elektroraffination von geschmolzenem Salz ist ein pyrochemisches Verfahren, das sich ideal für die Wiederaufbereitung von Metallen eignet. Die Vorteile des geschmolzenen Salz-Elektro-Raffinierungs-Prozesses gegenüber dem wässrigen Prozess für metallische Brennstoffe sind:
- Eine reduzierte Anzahl von Schritten, da sich der Brennstoff während des gesamten Prozesses im metallischen Zustand befindet.
- Besonders geeignet für nur kurzzeitig gekühlte Brennstoffe mit hohem Abbrand. Die anorganischen Lösungsmittel widerstehen den höheren Strahlungsleistungen viel besser als organische Reagenzien. Die Verkürzung der Umlaufzeit kann zu einer kürzeren Verdoppelungszeit führen.
- Man kann höhere Mengen an abgebranntem Brennstoff in kleineren Anlagen handhaben als bei wässrigen Prozessen (notwendige Verdünnung).
- Reduzierte Kritikalität aufgrund des Fehlens von Moderatoren (organische und wässrige Lösungsmittel).
- Fast keine hoch radioaktiven flüssigen Abfälle.
- Inhärente Sicherheit gegen militärische Nutzung durch die gemeinsame Abscheidung von Uran, Plutonium und minoren Aktinoiden.
Die Herausforderungen sind:
- Hohe Betriebstemperaturen und die Verwendung von korrosiven Salzen, die eine technologische Herausforderung bei der Materialauswahl bedeuten.
- Da die Salze hygroskopisch und die Metalle pyrophorisch sind, erfordert der Prozess eine inerte Atmosphäre mit sehr niedrigem Feuchtigkeits- und Sauerstoffgehalt, um eine Selbstentzündung zu verhindern.
- Trennfaktoren für Spaltprodukte sind etwa 1.000 Mal niedriger als bei wässrigen Prozessen.
- Bisher noch begrenzte Erfahrungen, meist im Labormaßstab.
Elektroraffination mit Salz
Am bekanntesten ist der Prozess der Raffination von metallischem Brennstoff in einer Salzschmelze, wie er im US-Programm für schnelle Brüter (EBR-II 1964–1994 und Integral Fast Reactor IFR 1986-94) angewendet wurde. In einem Tiegel wird Lithium- und Kaliumchloridsalz bei 500 °C aufgeschmolzen. Die in Stücke zerschnittenen Brennstäbe kommen in einen Drahtkorb, der in die Salzschmelze getaucht wird. Die Elemente des abgenutzten Brennstabs lösen sich in der Salzschmelze auf. Der Drahtkorb bildet die Anode. Die Kathode besteht aus geschmolzenem Kadmium. Wird ein Strom angelegt, wandern Uran, Plutonium und die minoren Aktinoide gemeinsam zu der Kathode. Die Spaltprodukte verbleiben im Salz gelöst. Stark vereinfacht, hängt der „Weg“, den die Elemente nehmen, von der Stabilität der gebildeten Chloride ab: Die Elemente, deren Chloride hochstabil sind, sind leicht zu oxidieren und werden als Chloride in die Elektrolytphase übertragen. Sie sind nur schwer zu reduzieren und bleiben daher in der Elektrolytphase. Edelmetalle, deren Chloride am wenigsten stabil sind, werden nicht oxidiert und bleiben so bei der Anode. Die „Brennstoffe“ Uran und Plutonium und und auch die minoren Aktinoide, deren Chloride von mittlerer Stabilität sind, werden durch den Elektrolyten transportiert und dann auf der Kathode abgelagert.
Die in der Anode verbleibenden Brennstabhüllen und Edelmetalle können zur Endlagerung eingeschmolzen werden. Das Salz kann gereinigt werden, indem es durch Zeolithe geleitet wird. In einem weiteren verfahrenstechnischen Schritt muss die Kathode eingeschmolzen werden und daraus neue Rohlinge für Brennstäbe gegossen werden.
Vorstufe für konventionelle Brennstoffe
Eine Elektroraffination ist nur bei metallischen Brennstoffen direkt möglich. Heutige Leichtwasserreaktoren verwenden keramisches UO2 als Brennstoff. Keramik ist aber nicht elektrisch leitend. Ein gebräuchliches Verfahren der Umwandlung ist das Voloxidation-Verfahren (für volumetric oxidation). Dabei wird der zu recycelnde Brennstoff in einem Vakuum mit Sauerstoff auf etwa 500°C erhitzt. Dadurch wandelt sich UO2 in U3O8 um. Während dieses Verfahrensschrittes werden alle in diesem Zustand gasförmige Spaltprodukte ausgetrieben. Insbesondere Tritium kann auf diese Weise einfach und konzentriert abgeschieden werden.
Internationale Situation
Im Moment führend bei der Entwicklung sind die USA, Russland, Indien, Korea, Japan und Frankreich. Allerdings befindet sich das Verfahren in allen Ländern noch in der Entwicklung. Man kann mit Fug und Recht feststellen, dass die Elektroraffination eine Schwester der Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum ist – die sicherlich die Zukunft sind. Hinzu kommen im Einzelfall noch politische Randbedingungen. So kann Korea beispielsweise nicht das PUREX-Verfahren nutzen, um sich nicht dem Verdacht einer atomaren Aufrüstung auszusetzen.
An der Spitze der Entwicklung befindet sich Russland. In Seversk befindet sich ein Pilotprojekt bereits in Bau. Es besteht aus einem mit flüssigem Blei gekühlten Reaktor mit einer Leistung von 300 MWel. Dieser Reaktor ist nicht als Brüter, sondern mit einer Konversionsrate von um die 1 konzipiert. Er soll also lediglich soviel Plutonium produzieren, dass er nur noch mit abgereichertem oder Natururan ergänzt werden muss. Er soll mit MNUP Brennstoff (Mixed Nitride Uran Plutonium) betrieben werden. Dieser Reaktor soll mit einer integrierten Wiederaufbereitung und Brennstoffherstellung versehen werden. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Jahrzehnte andauernden Entwicklung. Typisch russisch ist dabei das Vorgehen in Schritten, wobei im jeweils nächsten Schritt die Betriebserfahrungen des vorhergehenden Reaktortyps einfließen.
REMIX
REMIX-Brennstoff (für regenerierte Mischung) ist ein innovatives russisches Produkt für thermische Leichtwasserreaktoren, die das Herzstück der heutigen Kernkraftindustrie bilden. Dieser Brennstoff wird aus einer Mischung von wiederaufbereitetem Uran und Plutonium hergestellt, die unter Zugabe kleiner Mengen angereicherten Urans erzeugt wird. Im Unterschied zu Uran-Plutonium-Brennstoffen für schnelle Reaktoren (wie MNUP- und MOX-Brennstoff) hat der REMIX-Brennstoff einen geringen Plutoniumgehalt (bis zu 1,5%). Sein Neutronenspektrum unterscheidet sich nicht von gewöhnlichem LWR-Brennstoff aus angereichertem Uran, daher sind das Verhalten von Brennelementen im Reaktorkern und die Menge an Plutonium, die durch Bestrahlung aus Uran herausgelöst wird, im Prinzip ähnlich.
Für Betreiber von Druckwasserreaktoren (VVER-1000 und VVER-1200) bedeutet dies langfristig, dass der REMIX-Brennstoff ohne Änderungen der Reaktorauslegung oder zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen benutzt werden kann. Die Einführung eines solchen Brennstoffs ermöglicht, die Nutzung von Natururan für Kernkraftwerke durch die Schließung des Kernbrennstoffkreislaufs erheblich zu steigern und den abgebrannten Kernbrennstoff weiterzuverwenden, anstatt ihn zu lagern oder gar zu verbuddeln.
DUPIC
Ein weiterer Weg ist die Verknüpfung von Leichtwasser- und Schwerwasserreaktoren. In den abgebrannten Brennelementen der Leichtwasserreaktoren ist noch etwa 1,5 gew% Spaltstoff enthalten (U235, Pu239). Der Gehalt hängt vom Abbrand ab – bei niedrigem Abbrand ist noch viel enthalten, bei hohem Abbrand entsprechend weniger. Es sind noch ein paar Prozent bei den üblichen Abbränden zwischen 35 MWd/kgU und 50 MWd/kgU vorhanden. Dieser Gehalt an Spaltmaterial entspricht mehr als dem Doppelten von Natururan mit 0,71%. Für einen mittleren Abbrand von 42,5 MWd/kgU bei Leichtwasserreaktoren könnten zusätzlich 15,5 MWd/kgU gewonnen werden, was immerhin 37% mehr Energie entspricht. Nach der Nutzung des DUPIC-Brennstoffs in Schwerwasserreaktoren sinkt der Spaltstoffgehalt auf etwa 0,63% bis 0,78%.
Durch die Verknüpfung von Leicht- und Schwerwasserreaktoren über das DUPIC-Verfahren ergeben sich folgende Vorteile:
- Es wird abgebrannter Brennstoff der Leichtwasserreaktoren verbraucht. Das Volumen für Zwischen und Endlagerung verringert sich entsprechend.
- Es wird weniger Natururan verbraucht. Alle mit der Förderung, Konversion und Anreicherung verbundenen Belastungen werden gespart.
- Die Menge an abgebranntem Brennstoff der Schwerwasserreaktoren wird durch den höheren Spaltstoffgehalt (ungefähr zweifach gegenüber Natururan) kleiner.
Es sollte dabei nicht vergessen werden, dass es sich hier um den Umgang mit hochaktiven Brennstoffen handelt. Entsprechende Abschirmungen und eine vollständige Handhabung aus der Ferne sind erforderlich. Bisher sind nur kleine Mengen versuchsweise in heißen Zellen hergestellt worden. Bis zu einer industriellen Nutzung ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.
Schlusswort
Wie immer in der Technik, wird zuerst der einfachste Weg beschritten. Im Falle der Kerntechnik: Leichtwasserreaktoren, Lagerung der abgebrannten Brennelemente und Aufbereitung in den Ländern, die ohnehin schon über ein erprobtes Verfahren (PUREX) verfügten – dies waren die bekannten „Atommächte“. Nicht viel anders, als beim Papier: Zuerst wurde Papier hergestellt (Reaktoren zur Stromproduktion), dies wurde nach Gebrauch als Müll weggeworfen (abgebrannte Brennelemente). Erst nachdem die Altpapiermengen so groß geworden waren, dass sich ein Recycling wirtschaftlich lohnte, wurden die ersten Altpapiermühlen gebaut – heraus kam das „graue Altpapier“. Nach der Abstimmung des gesamten Kreislaufs aufeinander, entstand das heutige weiße Recyclingpapier. Heute ist Papier ein nachhaltiges Produkt geworden, das zu über 75% im Kreislauf läuft.
In Analogie wird sich das System Kerntechnik ebenfalls schrittweise vom Reaktor, über das Brennstoffrecycling bis zur Abfallnutzung weiter entwickeln. Abfall ist bezüglich der Kernenergie ohnehin mit Vorsicht zu beurteilen. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass der „Atommüll“ das gesamte Periodensystem abdeckt. Schon heute werden Isotope aus dem Atommüll für z.B. Krebstherapien gewonnen. Es ist alles eine Frage der Wirtschaftlichkeit, Planwirtschaft und Ideologie führen nicht weiter.