8. Mai: Legenden und Lehren

Hanns Graaf

Die Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 besiegelte das Ende der Nazi-Diktatur. Der größte Krieg der Weltgeschichte war beendet (in Asien dauerte er noch bis August 1945). Er forderte über 50 Mill. Tote, darunter über 20 Mill. Sowjetbürger und 6 Mill. Juden. Ganze Regionen und Länder, v.a. Polen, die westliche Sowjetunion, Deutschland und Japan, waren verwüstet.

Angesichts der Opfer und Zerstörungen, angesichts der ungeheuren Dimensionen der Inhumanität v.a. des deutschen Faschismus ist es nur allzu verständlich, wenn der 8. Mai als Tag der Befreiung gefeiert wird. Doch die Geschichte wird bekanntlich von den Siegern geschrieben, die ihre eigene Rolle in der Geschichte verklären, ja oft genug umlügen.

In diesem Beitrag gehen wir v.a. auf die Rolle des Stalinismus vor, während und nach dem 2. Weltkrieg ein.

Sieger Stalin

Der Sieg über Hitler-Deutschland hat das Prestige Stalins und der UdSSR gewaltig gesteigert. Das Selbstbild des Führers aus Moskau als Heilsbringer der Welt und „guter Vater der Menschheit“ und die Überlegenheit seines „Sozialismus“ schienen endlich historisch bewiesen zu sein. Viele Länder in Ost- und Mitteleuropa, aber auch in Asien (China, Nordkorea) wurden „sozialistisch“. In den 1950er/60er Jahren schüttelten viele „links-nationalistische“, oft an Moskau orientierte Bewegungen ihr koloniales Joch ab und wurden selbstständig. In Europa und in Asien gab es mehrere Länder, wo zwischen 1944 und 1948 eine (vor)revolutionäre Situation entstanden und der Sturz des Kapitalismus möglich war: z.B. in Italien, Griechenland oder in Vietnam.

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Der unbekannte Krieg (Teil 2 von 2)

Hanns Graaf

Der Krieg in Asien

Der Krieg zwischen dem aufstrebenden Japan und den alten Imperialismen in der Region (Großbritannien) und den USA war einerseits ein inner-imperialistischer Konflikt darum, wer den Zugriff auf die pazifische Region und ihre Rohstoffe hat. Zugleich war es aber auch ein anti-kolonialer Befreiungskampf, so zwischen den Indern und der britischen Kolonialmacht oder zwischen China und Japan. Im Falle Chinas kam noch dazu, dass es den inneren Klassenkonflikt zwischen den Revolutionären Maos und der bürgerlich-nationalistischen Kuomintang Tschiang Kaischeks gab.

Der Sieg der USA im Pazifik bedeutete nicht nur die Ausschaltung Japans, ihres stärksten Konkurrenten in der Region, er war auch damit verbunden, dass die USA nun die Positionen Englands u.a. imperialistischer Länder in Asien übernahm. Ein ganzes Netz von Militärbasen und die Unterstützung reaktionärer Regime in Asien gegen linke Bewegungen, z.B in Indonesien, belegen, dass der Pazifik-Krieg von Seiten der USA kein Befreiungskrieg, sondern ein imperialistischer war.

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Der unbekannte Krieg (Teil 1 von 2)

Hanns Graaf

Am 1. September 2024 jährt sich zum 85. Mal der Ausbruch des 2. Weltkriegs. Der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen weitete sich bald zum Weltkrieg aus, der mehr als 55 Mill. Tote fordern und viele Länder und Regionen verwüsten sollte. Doch: War der 1. September 1939 wirklich der Beginn des 2. Weltkrieges? War dieser Krieg ein Konflikt zwischen Diktatur(en) und Demokratie?

Jeder große Krieg hat seine Vorgeschichte. Schon der 1. Weltkrieg hatte sich mit mehreren Konflikten zwischen den imperialistischen Großmächten, z.B. der Marokko-Krise, und spätestens 1912 mit den Balkankriegen schon angekündigt. Auch vor dem 1. September 1939 gab es etliche Brandherde in der Welt. 1935 überfiel das faschistische Italien Abessinien, das heutige Äthiopien. Dieser Krieg war Teil des Projektes Mussolinis, Italien zur imperialistischen Großmacht zu entwickeln, die Nordafrika und den Mittelmeerraum beherrscht. Diese Ambitionen mussten zwangsläufig v.a. mit denen Großbritanniens kollidieren, was spätestens im September 1940 mit dem Angriff Italiens auf das britisch kontrollierte Ägypten auch der Fall war. 1937 erfolgte der Überfall Japans auf China. Dieser Krieg, der mit unerhörten Gräueln der japanischen Armee einherging, dauerte bis 1945. Bereits 1936 begann der Bürgerkrieg in Spanien, an dem mehrere Staaten direkt beteiligt waren. 1938 annektierte Deutschland das Sudetengebiet und kurz danach die Tschechische Republik. Obwohl es dabei nicht zu Kampfhandlungen kam, erfolgte die Besetzung nach Androhung militärischer Gewalt. Insofern ist der 1. September nicht der Beginn des 2. Weltkriegs, sondern eher der Tag der Ausweitung des Krieges zum Konflikt in Zentraleuropa und – ab 1940 – zum Krieg zwischen den imperialistischen Hauptmächten England/Frankreich und Deutschland.

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