Teil 2 von 2
Hanns Graaf
Welche Schlussfolgerung können wir heute aus diesen Postionen und Erfahrungen zur Vergesellschaftung ziehen? Was heißt Kampf für Vergesellschaftung heute?
Brecht schrieb einmal: „Um uns selber müssen wir uns selber kümmern!“. Dieser Vers enthält eigentlich schon die Grundidee der Vergesellschaftung. Der zentrale Ausgangspunkt jedes Ansatzes von Vergesellschaftung muss die Frage sein, auf welche soziale Gruppe, auf welche Klasse sie sich bezieht. Für den Marxismus waren dies die Lohnabhängigen, die Arbeiterklasse. Warum? Weil sie am engsten mit der modernen Produktion, mit der Entwicklung der Produktivkräfte verbunden ist, weil sie – mangels Privateigentum an Produktionsmitteln (PM) – kein objektives Interesse am Erhalt des Kapitalismus hat, und weil sie eine massenhafte Klasse ist. Nur das Proletariat ist in der Lage, zentrales Subjekt der Überwindung des Kapitalismus und des Aufbaus einer neuen Gesellschaft zu sein. Vergesellschaftung kann also nur heißen, dass sie durch das Proletariat erfolgt – oder gar nicht. Wenn das Eigentum und/oder das Management aber Privatpersonen oder auch dem Staat untersteht, ist damit automatisch festgelegt, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter keinen Zugriff haben.
Die erste Stufe von oder besser: zur Vergesellschaftung ist daher, die Kontrolle über Strukturen und Vorgänge in der Gesellschaft dem Kapital, dem bürgerlichen Staat, „der Demokratie“ streitig zu machen und unabhängige proletarische Kontroll-Strukturen aufzubauen. Angesichts der Schwäche der Linken geht es heute aber leider meist nur darum, dieses Anliegen propagandistisch zu formulieren, anstatt es direkt praktisch umzusetzen.
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