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Redaktion Aufruhrgebiet
Am 3.10. führt das Bündnis „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ die nächste Mobilisierung durch. Es ist hat bereits Einiges erreicht. In Berlin wurden nicht nur 77.000 Unterschriften gesammelt und große Demonstrationen organisiert. Viel wichtiger ist, dass Hunderttausende aktiv geworden sind, um sich gegen Mietwucher und Wohnungsnot zu wehren. Und nicht zu vergessen: seit langem wurde die Frage der Enteignung von Privateigentum wieder zu einem breit diskutierten Thema.
Der so entstandene politische Druck hat auch dazu beigetragen, dass die Politik reagieren musste und verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, um die Wohnungsmisere zu mildern. Dazu gehören der forcierte Bau von Wohnungen, darunter v.a. in den niedrigeren Preissegmenten, oder der Mietendeckel. Doch all diese Maßnahmen kommen zu spät und sind zu inkonsequent, um das Problem wirklich zu lösen. Allein schon die Tatsache, dass die Wohnungsmisere sich über viele Jahre derart aufschaukeln konnte, zeigt, dass der Staat bzw. die Kommunen unfähig sind, Probleme adäquat zu erkennen oder gar zu lösen.
In Berlin ist das besonders gut zu beobachten. Da wurde es zugelassen, dass das Tempelhofer Feld (ehemals Flughafen) nicht bebaut wird; da wurde der Wohnungsbau durch abstruse Vorschriften und eine träge Verwaltung gebremst und nicht zuletzt war es der rot/rote Senat, der viele städtische Wohnungen zu Schleuderpreisen privatisiert hat, was Immobilienkonzernen wie Deutsche Wohnen überhaupt erst ermöglicht hat, in Berlin immense Gewinne auf Kosten der MieterInnen zu machen.
Die Forderungen der Bewegung, Deutsche Wohnen u.a Immobilienkonzerne zu enteignen, sind daher völlig richtig. Allerdings macht eine Enteignung nur Sinn, wenn sie nicht mit hohen Entschädigungszahlungen an die Konzerne verbunden ist, denn dieses Geld würde dann für den notwendigen Wohnungsneubau u.a. kommunale Aufgaben fehlen. Die richtige Losung kann daher nur die einer entschädigungslosen Enteignung sein.
Das wirft aber nur die nächste Frage auf: Wem sollen die Häuser gehören? Selbst den linkesten Unterstützern des Bündnisses „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, etwa der Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) (http://arbeiterinnenmacht.de/2019/09/26/deutsche-wohnen-und-co-enteignen-entschaedigungslos/), fällt dazu wenig ein. Sie treten für eine Kommunalisierung ein – allerdings verbunden damit, dass es ausgeweitete Kontrollbefugnisse für MieterInnen und ihre Strukturen (Mieterkomitees) geben soll. Die GAM schreibt dazu: „es geht auch darum, wer (…) kontrolliert. Die Senatsverwaltung oder MieterInnenkomitees und Gewerkschaften der in Wohnungsbau, Instandhaltung und Verwaltung Tätigen?
Außerdem erfordert Kontrolle auch die Offenlegung aller Geschäftsbücher, Bilanzen, Konten, Transaktionen, Verträge oder Planungsvorhaben der Immobilienkonzerne. Deren „Geschäftsgeheimnis“ erweist sich in der Praxis als Geheimniskrämerei gegenüber den MieterInnen und der Öffentlichkeit.
Diese Maßnahmen würden zugleich die Frage zuspitzen, wer eigentlich über den Wohnungsbau, Mietpreise, Bauvorhaben, Planung … entscheidet – die EigentümerInnen und der Staat (die Stadt Berlin) oder die MieterInnen und VertreterInnen der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften?“
Das klingt gut, doch der zentralen Frage – der des Eigentums – weicht die GAM aus. Trotz aller Kontrolle und Mitsprache sollen die Wohnungen Eigentum der Kommune, also des bürgerlichen Staates, bleiben. Es ist ganz klar, dass dieser Staat, wie die GAM ja auch selbst betont, dem Bau- und Immobilienkapital und der bürgerlichen Gesetzlichkeit verpflichtet ist. Über kurz oder lang müssen aber die entgegengesetzten Interessen der BewohnerInnen einerseits und die des Staates und des Kapitals andererseits aufeinander prallen. Zudem ist der bürokratische Staat – wie die Erfahrungen zeigen – oft unfähig, Probleme rational und im Interesse der Mehrheit zu lösen.
Ganz anders als es die GAM vorschlägt, müsste gefordert werden, dass die Immobilien denen gehören sollen, die darin wohnen. Das heißt: Kollektiveigentum und Genossenschaften. Mit letzteren ist jedoch nicht dasselbe gemeint wie die jetzigen kommunalen Wohnungsbaugenossenschaften bzw. -gesellschaften, sondern wirklich gemeinschaftlich und demokratisch verwaltete Strukturen. Gerade in Berlin gibt es viele Beispiele, dass solche gemeinschaftlichen Wohnformen auch gut funktionieren.
Die Frage der Ziele und Forderungen ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere, genauso wichtige, ist die Frage, wie die Bewegung weiter aufgebaut und noch schlagkräftiger werden kann.
Dazu gibt die GAM eine Orientierung, der wir zustimmen können: „Die aktuelle Hinhaltepolitik beim Mietendeckel, das Verzögern des Volksentscheides durch den Innensenator verdeutlichen auch, dass sich das Volksbegehren darauf einstellen muss, dass es in den nächsten Monaten auf vielfältige rechtliche und andere Hürden treffen wird. Selbst im Falle eines klaren Mehrheitsentscheids der Bevölkerung wäre es noch nicht rechtsverbindlich.
Es braucht daher eine Strategie der Mobilisierung, die den Kampf um die Enteignung in die Wohnviertel trägt, in die Gewerkschaften und Betriebe, um MieterInnenkomitees zu gründen, die auch andere Kampfmittel und Taktiken verfolgen können – so z. B. massenhaften und organisierten Mietboykott, politische Streiks, um Druck für Enteignung (oder auch einen wirksamen Mietdeckel) zu machen. Und es bedarf auch der bundesweiten Vernetzung und Koordinierung mit anderen MieterInneninitiativen und -verbünden.“
Ergänzend dazu schlagen wir die Vorbereitung eines bundesweiten MieterInnenkongresses vor, der einen wohnungspolitischen Forderungskatalog erarbeitet, die diversen örtlichen Initiativen verbindet und einen Aktionsplan beschließt. Das wäre eine Aufgabe der gesamten linken Szene, die damit auch einen konkreten Schritt gehen würde, um ihre politische und organisatorische Kooperation zu verbessern.
Die Redaktion Aufruhrgebiet ruft Euch auf:
Kommt am
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