Lenin und die Genossenschaftsfrage

Hanns Graaf

Ein Jahr vor seinem Tod schrieb Lenin vom 4.-6. Januar 1923 den Artikel „Über das Genossenschaftswesen“ (LW 33, S. 453-61). Dieser Text nimmt in mehrfacher Hinsicht einen besonderen Platz in seinem Schaffen ein. 1. ist er einer seiner letzten schriftlichen Beiträge. Seit 1923 war Lenin durch einen erneuten Schlaganfall schwer beeinträchtigt. 2. betont Lenin im Artikel sehr deutlich, dass das Genossenschaftswesen eine, wenn nicht DIE zentrale Frage der weiteren Entwicklung der UdSSR ist. Insofern kann uns dieser Beitrag evtl. viel darüber verraten, wie sich Lenin die weitere Entwicklung Sowjetrusslands vorgestellt hat. 3. ist der Artikel auch dadurch von besonderer Wichtigkeit, weil Lenin der Genossenschaftsfrage zuvor nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet hatte; es gab nach 1917 von ihm keinen eigenständigen Artikel dazu.

Wir sehen diesen Beitrag Lenins als besonders interessant an, weil wir Genossenschaften u.a. Selbstverwaltungsstrukturen für wesentliche Grundlagen eines Arbeiterstaates und für den Übergang zum Kommunismus halten.

Lenins Auffassung vom Wesen der Genossenschaft

Zunächst einmal verwundert, dass Lenin in seinem Beitrag keine Bestimmung oder gar Definition des Begriffes „Genossenschaft“ vornimmt. Das ist umso erstaunlicher, als Lenin selbst eingesteht, dass die „Genossenschaften (…) früher geringschätzig (und) krämerhaft behandelt“ worden waren. Deshalb ist unwahrscheinlich, dass es dazu in der Partei oder gar in der Gesellschaft eine klare Auffassung gab.

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Die falsche Wahrheit

Hanns Graaf

In vielen Medien, z.B. im ZDF in Person von Marietta Slomka in der Nachrichtensendung Heute, wurde Ende November des Holodomors gedacht. Als Holodomor (dt. bittere Ernte) wird die Hungersnot von 1932/33 in der UdSSR bezeichnet, die als bewusster Genozid an den Ukrainern interpretiert wird. Die Zahl der Opfer variiert in den Darstellungen, betrug aber mindestens drei Millionen in der gesamten UdSSR. Die meisten Toten gab es damals in der Ukraine, nach Russland die größte Sowjetrepublik. Als Ursache der Katastrophe wird die 1929 von Stalin angeordnete Zwangskollektivierung angesehen.

Die These vom Holodomor wurde zuerst 1935 von US-Zeitungen des Medienmoguls Hearst verbreitet. Hearst bekannte sich als Anhänger Hitlers und Mussolinis. Eine Neuauflage erlebte der Geschichtsmythos dann 1986 mit dem Buch „Harvest of Sorrow“ von Robert Conquest. Trotz aller Bemühungen von Seiten reaktionärer Kräfte wird die These vom Holodomor aber von den meisten Historikern als unwissenschaftlich abgelehnt. Sie unterstellt, dass die Zwangskollektivierung von Stalin absichtlich dazu genutzt worden wäre, möglichst viele Ukrainer umzubringen. Daher hätte es sich um einen Völkermord gehandelt. Diese These wird auch von den ab 2014 regierenden Kiewer Regimen massiv verbreitet.

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