Selbstbild 1988

Hanns Graaf

Ich geh nicht mit den Moden,

Gleich, ob es euch geniert.

Ich trage lange Loden

Und bleibe unfrisiert.

 

Ein Tarnnetz dichter Haare

Verbirgt noch mein Genick.

Schützt mich noch wieviel Jahre

Vor Sonnenbrand und Strick?

 

Zu knapp für einen Weisen

Mein Bart, was ich gelebt.

Kaum Fluchten, selten Reisen.

Die Schuh noch nicht geklebt.

 

Die Lippen aufgerissen.

Was hab ich schon geschluckt!

Wie hat vom Schweigen müssen

Der Mund mir oft gezuckt.

 

Ich hasse dieses Bücken,

Denn dabei rutscht mir schnell

Von meinem Nasenrücken

Das Aussichtsglasgestell.

 

Trag schwarze Augenränder,

Hab ich lang fern gesehn.

Ich dreh mich durch die Sender

Und kann die Welt nicht drehn.

 

Vom Zweifeln angeknittert,

Doch narbenfrei die Stirn.

Halb hoffend, halb verbittert,

So windet sich mein Hirn.