Für viele Linke ist Che, wie er meist genannt wird, ein Vorbild oder gar eine Ikone. Doch er steht für ganz unterschiedliche „Verdienste“: er war einer der Führer der Kubanischen Revolution, er war ein mutiger und selbstloser antiimperialistischer Kämpfer. Manche sehen ihn als Stalinisten, andere als „unbewußten Trotzkisten“. „ABC des Marxismus X:
Wer war Che Guevara?“ weiterlesen
ABC des Marxismus X:
Selbstbild 1988
Hanns Graaf
Ich geh nicht mit den Moden,
Gleich, ob es euch geniert.
Ich trage lange Loden
Und bleibe unfrisiert.
Ein Tarnnetz dichter Haare
Verbirgt noch mein Genick.
Schützt mich noch wieviel Jahre
Vor Sonnenbrand und Strick?
Zu knapp für einen Weisen
Mein Bart, was ich gelebt.
Kaum Fluchten, selten Reisen.
Die Schuh noch nicht geklebt.
Die Lippen aufgerissen.
Was hab ich schon geschluckt!
Wie hat vom Schweigen müssen
Der Mund mir oft gezuckt.
Ich hasse dieses Bücken,
Denn dabei rutscht mir schnell
Von meinem Nasenrücken
Das Aussichtsglasgestell.
Trag schwarze Augenränder,
Hab ich lang fern gesehn.
Ich dreh mich durch die Sender
Und kann die Welt nicht drehn.
Vom Zweifeln angeknittert,
Doch narbenfrei die Stirn.
Halb hoffend, halb verbittert,
So windet sich mein Hirn.
ABC des Marxismus IX: Was ist Unterdrückung?
Die große Mehrheit der Menschheit wird unterdrückt. Frauen, Jugendliche, Schwarze, Lesben und Schwule, ethnische und religiöse Minderheiten, Oppositionelle – sie alle erleiden spezifische Formen von Unterdrückung. Aber die Werktätigen insgesamt (ArbeiterInnen, arme BäuerInnen usw.) werden ebenfalls unterdrückt. Unterdrückung bedeutet – ganz allgemein – die Verweigerung von Rechten und Möglichkeiten, die es gestatten, ein menschenwürdiges Leben zu führen. „ABC des Marxismus IX: Was ist Unterdrückung?“ weiterlesen
Fundstück XXI
Man kann schon jetzt mit Recht von der Partei Marx-Engels sagen, das sie weit über allen Emigranten, Agitatoren und Zentralkomitees steht, weil sie unbestritten die größere Macht des Wissens und des Geistes für sich hat. Marx selbst ist persönlich bekannt, und man weiß, dass er in seiner Zehspitze mehr geistigen Fonds als die ganze übrige Gesellschaft in ihren Köpfen hat.
Berlins Polizeichef Hinckeldey, 1852
Der junge Marx
Eine Filmkritik
Hannes Hohn
Für MarxistInnen ist ein Film über Marx ein Muss. Dabei ensteht die Spannung schon, bevor man den Film sieht, denn man fragt sich natürlich, welche Sicht auf Marx dort präsentiert wird. Gerade als Ostdeutscher hat man noch die diversen DDR-Filme über die Großen der Arbeiterbewegung vor Augen, die meist mehr oder weniger unfreiwillig komisch wirkten und die Geschichte und ihre Akteure immer so darstellten, dass sie ins ideologische Raster des Stalinismus passten. In schlechter Erinnerung ist mir z.B. noch das Epos „Thälmann – Sohn seiner Eltern“ – Pardon: „ … seiner Klasse“. Doch um es gleich vorweg zu sagen: „Der junge Marx“ von Regisseur Raoul Peck hat mich nicht enttäuscht – im Gegenteil. „Der junge Marx“ weiterlesen
Fundstück XX
Nicht die Tatsachen beunruhigen die Menschen, sondern das, was sie über die Tatsachen meinen.
Epiktet
Ein stalinophiler Ausrutscher?
Zu einem Artikel der Gruppe Arbeitermacht
Hanns Graaf
Der Trotzkismus kann für sich in Anspruch nehmen, gegen den Stalinismus gekämpft und dessen unterdrückerische, reaktionäre und konterrevolutionäre Rolle entlarvt zu haben. Das ist unbestreitbar, auch wenn man nicht allen seinen Analysen zustimmen mag. Umso verwunderlicher ist es daher, wenn eine trotzkistische Gruppe Leuten eine Plattform gibt, die offen eine Relativierung und Beschönigung des Stalinismus betreiben. „Ein stalinophiler Ausrutscher?“ weiterlesen
ABC des Marxismus VIII: Wer war Rosa Luxemburg?
Rosa Luxemburg war die bedeutenste Sozialistin des 20. Jahrhunderts. Sie setzte sich für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus ein und kämpfte besonders gegen Militarismus und imperialistischen Krieg. Im Unterschied zu der auf Reformen ausgerichteten bürokratischen Politik der Führungen der SPD und der Gewerkschaften orientierte sie auf die Revolution und die schöpferische Aktivität der Arbeiterklasse. „ABC des Marxismus VIII: Wer war Rosa Luxemburg?“ weiterlesen
Schwanebecker Elegie II
Hanns Graaf
Dumpf rast der Puls an meine Schläfen. Fieber schweißt sich
Aus der Stirn. Ich frier. Kopfschmerzen reißen mich wach.
Wankende Wände. Tanzt die Tapete? Wie schreib ich weiter
Durch die Nacht mich hier – hier im geschlagenen Land?
Lichtfinger bohrn, ein Verhör, sich ins Dunkel. Müde Augen
Schwarz beringt und rot. Matt glänzt das Zifferblattgold.
Null Uhr null. Zeiger, die schweigend sich überrunden.
Schnee umwächst das Haus. Stille, wie nach einer Schlacht.
Kontinentalfrost. Erstarrender Osten. Krachende Kälte
Schlägt die Mauern durch. Schwelglut im Ofen. Es riecht.
Rauch weht am Dach. Verräterisch blasse, halbmastne Fahne.
Fiel da fern ein Schuss? Scheiterholz nur, das zerknackt.
Stumm stehen, drohend die Lexikonbände. Der Schreibmaschine
Klemmen A und O. Stundenlang kämme ich mir
Schon den Schädel durch. Der Bogen, seit gestern gespannt.
Doch kein Anschlag folgt. Weißestes, spurloses Feld.
Unaufgelöstes, zwei Fibrex-Tabletten, quäle ich runter.
Verse, Kletten ihr! Hängt im Vergangenen fest!
Saaten erfroren. Äcker verwuchert. Welt, wie noch wüster!
Tee, georgischer, brennt bitter beim Schlucken im Hals.
Unerhört harre ich aus auf meinem einsamsten Posten.
Hört, versteht ich mich? Seid ihr, Genossen, geflohn?
Nichts. Fahl flackert Straßenlicht auf. Niemandes Zeichen.
Zähe Zeit vertropft. Bleigrauer Morgen gerinnt.
1990
Fundstück XIX
Das Zeitalter der verfallenden bürgerlichen Gesellschaft, das Zeitalter der Wissenschaft par excellence, ist das unwissenschaftlichste, durch das die Gesellschaft je gegangen ist.
Joseph Weber, Die Krise des sozialen Bewußtseins in unserer Zeit