Unterdrückung: Gendern oder Ändern?

Hannah Behrendt

Seit Jahren bewegt die Öffentlichkeit die Frage des Genderns der Sprache. Die Befürworter des Gebrauchs von Sternchen, großem Binnen-I, Unterstrichen, Doppelpunkten u.a. Zeichen begründen das Gendern damit, dass das generische Maskulinum (die generelle männliche Form) in der deutschen Sprache das weibliche Geschlecht (u.a Geschlechter, die es gebe) diskriminiert sei, weil nur die männliche Form gebraucht würde. Das Gendern würde somit dem „Verschwinden“ anderer Geschlechter entgegenwirken und zu mehr Gleichberechtigung beitragen. Insofern ist die Intention des Genderns auf den ersten Blick nachvollziehbar, ja fortschrittlich.

Wie kommt es aber, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung – lt. verschiedenen Umfragen 65-85% – das Gendern ablehnen? Das verwundert umso mehr, als sich die deutsche Sprache gegenwärtig stärker und schneller verändert als je zuvor – es aber deshalb zwar Bedenken, aber keine Ablehnung oder gar Bewegung gegen die Benutzung von immer mehr Anglismen gibt.

Pro und …

Die Befürworter des Genderns behaupten, das Gendern würde die Gleichbehandlung der Geschlechter und das Nachdenken darüber fördern. Es würde bedeuten, sich politisch im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter, bes. auch „nicht-binärer Menschen“, zu engagieren. Wir wollen nicht bestreiten, dass das Gendern das Nachdenken über die Geschlechterfrage anregt. Leider aber ist dieses „Nachdenken“ mit völlig unwissenschaftlichen Auffassungen verbunden (she. weiter unten) und das Aufoktroyieren von Sprache erzeugt eher Ablehnung als Nachdenken. Auch das zweite Argument sticht nicht. Die wirklich wichtige Frage der immer noch bestehenden Benachteiligung von Frauen wird durch die Überbetonung von „nicht-binären“ Minderheiten verdrängt. Die soziale Frage wird quasi auf die Frage der sexuellen Orientierung reduziert. Auch von einem „Engagement“ für die Gleichberechtigung der Geschlechter kann nur sehr bedingt gesprochen werden. Volle soziale Gleichberechtigung v.a. für die mit Abstand größte benachteiligte Gruppe, die Frauen, ist im Kapitalismus ohnehin nicht erreichbar.

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Kapitalismus und Cancel culture

Hanns Graaf

Seit Monaten beschäftigt uns ein „neues“ Phänomen: die Cancel culture. Damit ist lt. wikipedia „ein politisches Schlagwort“ gemeint, „mit dem übermäßige Bestrebungen zum Ausschluss von Personen oder Organisationen bezeichnet werden, denen beleidigende oder diskriminierende Aussagen beziehungsweise Handlungen vorgeworfen werden.“

Es ließe sich eine sehr lange Liste mit Beispielen für Cancel culture aufführen. Hier nur einige wenige. Die ironischen Wortmeldungen von über 50 SchauspielerInnen im April 2021 zur Corona-Politik (die nichts mit einer Leugnung von Corona als einer Krankheit zu tun haben) wurden von vielen Medien, Politikern und auch Linken nicht nur kritisiert – es wurde wiederholt gefordert, dass diese KünstlerInnen keine Engagements usw. mehr erhalten. Die geäußerte Kritik an den „50“, z.B. die Behauptung der AfD-Nähe oder der Vorwurf, dass Rechte die Kritik für sich nutzen könnten, ist an sich schon absurd genug. Doch – und das ist durchaus eine neue Qualität in der bundesdeutschen Medienlandschaft – hier wird Kritik mit offiziellem Mobbing und der Forderung nach Berufsverboten ergänzt.

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