Der „grüne Reformismus“: eine reaktionäre Utopie

Hannes Hohn

Seit den 1970er Jahren spielen Fragen der Ökologie eine wichtige Rolle: u.a. die Verschmutzung der Umwelt, die Ressourcenfrage, der Artenschwund, die Abholzung der Regenwälder, der Klimaschutz u.a.. Nicht nur im Massenbewusstsein und in den Medien, auch in der Politik, in der Wissenschaft und in der Wirtschaft wird die „Ökologie“ in Form von Gesetzen, Verordnungen und diversen Maßnahmen und Strukturen wirksam. Ein nicht unerheblicher Teil der Wirtschaft ist auf dem Gebiet der „Umwelt“ tätig bzw. unternimmt Anstrengungen, umweltfreundlich(er) zu produzieren. Die Maßnahmen der Energiewende sind mit milliardenschweren Investitionen und Subventionen verbunden. Zudem wechselwirken all diese Bereiche. Die Politik stützt sich auf bestimmte Sektoren der Wissenschaft, die wiederum mit staatlichen Strukturen, NGOs und Medien verbunden sind …

Wir wollen uns hier v.a. der Umweltbewegung in Deutschland zuwenden, die zwar wesentliche Gemeinsamkeiten mit ökologischen Bewegungen in anderen Ländern hat, aber auch einige Besonderheiten aufweist.

Das Wesen der „Ökologie-Bewegung“

Wie so oft bei Bewegungen gibt es nicht „die“ Ideologie, sondern viele Schattierungen, Unterschiede, aber auch grundsätzliche Gemeinsamkeiten. Ein weitgehender Konsens besteht darin, dass die herrschende Produktionsweise (teils als kapitalistisch, teils unbestimmt als „Industriegesellschaft“ verstanden) die Umwelt und den Menschen selbst schädigt. Während die erstere – linkere – Gruppe die Enteignung der Bourgeoisie als Lösung ansieht, betont der andere – rechtere – Flügel eher die Verantwortung „des Menschen“, der als Gattung, nicht aber (auch) als eine in Klassen gespaltene Gesellschaft angesehen wird. Letztere Gruppe hat deshalb auch weniger Probleme mit dem Privateigentum an sich, sondern eher mit deren „großen“ Strukturen, den Konzernen und dem Finanzsektor. Diese Sichtweise spiegelt sich heute u.a. darin wider, dass man sich gegen die großen Energiekonzerne wendet, an deren Stelle man viele kleine, teils individuelle, teils kommunale Energieerzeuger setzen will, um die Marktmacht der Konzerne zu brechen – freilich unter Beibehaltung des Marktes. Nicht so sehr die öffentliche oder gar Arbeiterkontrolle über das Energiesystem steht auf ihrer Agenda, sondern die Schließung der „schmutzigen“ Standorte. Nicht die progressive Besteuerung der Konzerne, sondern die Ruinierung ihrer Bilanzen steht auf der grünen Agenda.

Die wachsende Menschheit und die damit sich vergrößernde industrielle Produktion (auch im Agrarbereich) verbrauchen immer mehr Ressourcen, die irgendwann – so eine grüne Grundthese –   erschöpft wären. Dieser Raubbau an der Natur würde die Möglichkeiten der Erde übersteigen und letztlich in eine Sackgasse führen. Daraus wird gefolgert, dass der Ressourcenverbrauch und der Lebensstandard gesenkt werden müssten. Slogans wie „Wir leben über unsere Verhältnisse“ oder „Wir haben nur eine Erde“ sind weit verbreitet. Diese Weltsicht ist oft mit einer Tendenz „Zurück zur Natur“ und einer Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit verbunden. Anstelle der großen Player, der Großindustrie und der Konzerne, will man ein System aus kleinteiligen Produzenten setzen. Freilich konkurrieren auch diese untereinander; es wäre daher nur eine Frage der Zeit, wann sich daraus erneut größere Strukturen bilden würden.

Die „grüne“ Sicht auf die Natur ist oft eher romantisch als realistisch. Die Natur hat sich immer gewandelt, auch ohne Einfluss des Menschen. Allerdings hat der Mensch in starkem Maße in natürliche Prozesse eingegriffen, oft zum Nachteil der Natur. Doch ohne bewusste Schutzmaßnahmen durch den Menschen wären heute andererseits schon viele Tierarten ausgestorben. Inzwischen ist der Mensch nicht nur ein Faktor, der die natürliche Umwelt beeinträchtigt, er ist auch der einzige Faktor, der diese Entwicklung ändern oder gar umkehren kann. D.h es geht nicht – und ging nie – darum, einen bestimmten Naturzustand zu erhalten, sondern darum, die Veränderung von Natur so zu gestalten, dass sie möglichst allen Arten Lebensmöglichkeiten bietet. Sicher ist die Ausbreitung der Gattung Mensch mit der Verdrängung anderer Arten verbunden. Doch der Erhalt eines gewissen „Gleichgewichts“, der biologischen Vielfalt und der Bedingungen, die das ermöglichen, ist wesentlich (wenn auch nicht nur oder in letzter Instanz) vom Menschen abhängig. „Vom Menschen“ heißt konkret, von der Art seines Lebens und Wirtschaftens, d.h. von seiner Produktionsweise.

Die „grüne“ Kritik am Kapitalismus ist oft dadurch gekennzeichnet, dass nicht wesentliche Merkmale und der Gesamtmechanismus – Ausbeutung von Lohnarbeit, Warenproduktion, Konkurrenz usw. – betrachtet werden, sondern nur Einzelaspekte und deren ökologische Auswirkungen. So glaubt man, die kapitalistische Produktionsweise reformieren und ihre die Umwelt schädigenden Wirkungen mindern zu können. Letztlich läuft das immer wieder darauf hinaus, dass bestimmte Teile des (Klein)Kapitals gefördert, andere hingegen behindert werden. Die deutsche Energiewende ist dafür ein schlagendes Beispiel. Die Energiekonzerne werden am Markt durch die EEG-Regelungen deutlich benachteiligt, während kleine und große Investoren und Hersteller von Wind- oder Solartechnik subventioniert werden – auf Kosten der Massen.

Das Mittel der Subventionierung offenbart nicht nur klar die entscheidende Rolle von Politik und Staat in den „grünen“ Konzepten und die tw. Außerkraftsetzung der Marktregularien durch staatskapitalistische Maßnahmen. Hier zeigt sich oft auch eine massenfeindliche Orientierung, denn zahlen sollen die Massen: durch Erhebung oder Erhöhung von Steuern und Abgaben sowie die Förderung von „grünem“ Unternehmertum. Eine höhere bzw. progressive Besteuerung des Kapitals hingegen wird vermieden, weil man den Konflikt mit dem großen Geld fürchtet und zudem der bürgerliche Staat als geschäftsführendes Organ der Bourgeoisie eine solche Strategie kaum mittragen würde.

Die starke Staatsorientierung der „Grünen“ – trotz ihrer oft herausgestellten Basis-Orientierung – geht auch mit einer grundsätzlich antidemokratischen Schlagseite einher. Das insofern, als sie immer dem Staat bzw. dem freien (Klein)Unternehmertum die Kontrolle über „ökologische Projekte“ zugesteht, nicht aber etwa Komitees der Bevölkerung oder den Beschäftigten bzw. der Arbeiterbewegung. Das ist auch ein Grund dafür, warum „grüne“ Projekte immer mit viel Bürokratie verbunden sind. Das hat immerhin aber den angenehmen Nebeneffekt, dass viele „Grüne“ in Verwaltungen, „Öko-Instituten“, NGOs, Initiativen und in der (ihnen genehmen) Wissenschaft einen Job oder einen Posten erhalten.

Ein weiteres wichtiges Merkmal der Ökoszene (sicher differenziert ausgeprägt in ihren verschiedenen Milieus) sind der Hang zu Übertreibungen und zum Katastrophismus – heute etwa zu beobachten im Klima-Katastrophismus oder in der Atom-Phobie, speziell in Deutschland. Früher war es z.B. die These vom Waldsterben, das bekanntlich nie stattfand (und auch als Problem nicht von den Grünen entdeckt wurde, sie haben es nur propagandistisch ausgeschlachtet). Woher rührt diese Tendenz? Zunächst daher, dass die Ökoszene v.a. in den Mittelschichten verankert ist. Diese sind aber vom Milieu der modernen Industrie, von Wissenschaft und Technik (und damit auch vom Proletariat) mehr oder weniger „separiert“. Statt der Betrachtung des sozialen (und naturwissenschaftlichen) Gesamtzusammenhangs gehen sie eher von Einzelphänomenen aus, die dann als Problem „überhöht“ werden. Wenn man nicht oder kaum die kapitalistische Produktionsweise insgesamt als Problem sieht, neigt man eben dazu, einzelne ihrer Aspekte zu überhöhen. Aufgrund der weitgehend unkritischen Haltung zur bürgerlichen Wissenschaft und dem bürgerlichen Staat fallen sie auch leicht auf „wissenschaftliche“ Meinungen herein, die von Teilen der Politik, des Staates und des Kapitals forciert werden.

Aufgrund ihrer „Mittelstellung“ zwischen den Hauptklassen Bourgeoisie und Proletariat sind die Mittelschichten kaum in der Lage, eine konsistente „Weltanschauung“ und eigene politische Strukturen hervorzubringen. Selbst der Faschismus als kleinbürgerliche Bewegung mutierte, einmal an der Macht, schnell zu einer rein imperialistischen Kraft, die sich ihrer scheinbar Kapitalismus-kritischen Flausen schnell entledigte.

Die Weltsicht der Mitte schwankt zwischen der Akzeptanz bürgerlicher Strukturen und der Kritik an diesen als durch „unten“ selbst davon Betroffene. Daraus folgt u.a., dass die Ökologie-Bewegung den Kampf gegen die Zerstörung der natürlichen Umwelt nicht als Teil des Kampfes der Arbeiterklasse und als Bestandteil der revolutionären Überwindung des Kapitalismus ansieht, sondern grundsätzlich eher als Reformprojekt im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft. Selbst die „revolutionäre Linke“, die eine solche Strategie an sich ablehnt, zollt ihr weitgehend insofern Tribut, dass sie viele Elemente des kleinbürgerlichen Ökologismus unkritisch übernimmt.

So ist es kein Wunder, dass der Ökologismus als Partner für seine Projekte immer wieder den bürgerlichen Staat ansieht und Teile des Kapitals. Der „Green new deal“ ist ein typisches Beispiel dafür, ein anderes ist die Energiewende, wo dem Staat die Rolle übertragen wird, das Energiesystem zu transformieren. Ein wesentliches Mittel zur Umsetzung der „grünen“ Projekte sind daher Subventionen, um Techniken zu fördern, die sich am Markt sonst nicht behaupten könnten, weil sie schlechtere Eigenschaften (Arbeitsproduktivität) haben als herkömmliche Techniken. Es stört die Welt-rettenden grünen Menschenfreunde dabei auch nicht, dass v.a. die Massen, also die Lohnabhängigen, dafür zur Kasse gebeten werden (höhere Benzinpreise, EEG-Umlage) oder in ihrer Lebensgestaltung eingeschränkt werden (Fahrverbote für Diesel). Das Kapital soll von solchen Belastungen hingegen möglichst verschont bleiben, weil man es nicht „verschrecken“ oder den Standort untergraben will. Die Differenzen zwischen der Öko-Szene und der bürgerlichen Politik –  auch den Grünen, wenn sie in der Regierung sitzen – bestehen dann meist darin, wie weit die „grünen Ideale“ der Realität angepasst bzw. geopfert werden dürfen.

Dadurch, dass die Arbeiterklasse nicht als entscheidendes Subjekt gesellschaftlicher Veränderungen angesehen wird, fehlen in den Konzepten und praktischen Initiativen der Öko-Szene wesentliche Elemente. Die Arbeiterkontrolle (und ihre „Weiterungen“, z.B. die Einbeziehung der Bevölkerung) wird fast immer außen vor gelassen – zugunsten des Staates, der reguliert, kontrolliert und normiert. Eine Einbeziehung der Beschäftigten erfolgt fast nie. So interessiert die Szene auch kaum, was mit den Beschäftigten der Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke passiert, wenn diese geschlossen werden. Ohne die Einbeziehung der Arbeiterklasse – also immerhin der Bevölkerungsmehrheit hierzulande – ist die Ökologiebewegung aber gezwungen, strukturell eine Minderheitsbewegung zu bleiben – trotz aller Verbindungen zu Politik, Staat und Medien. Den Massen bleibt allenfalls die Rolle, als Stimmvieh die Grünen zu wählen und ab und zu auf Demos zu gehen, um grüne Politik und Projekte zu unterstützen. Auch insofern ist die Öko-Bewegung eine bürgerliche Bewegung, welche an der untergeordneten, passiven Rolle der Bevölkerung wenig ändert und die Macht und jede Entscheidungsgewalt in den Händen von Eliten, d.h. des Kapitals und des Staates, belässt. Auch noch so viel Basis- und Graswurzel-Ideologie ändert daran nichts.

Wegen ihres grundsätzlich reformistischen Ansatzes ist die Ökobewegung ständig und notwendigerweise damit konfrontiert, dass sie ihre Ziele nicht erreichen und ihre Projekte über eine  Nischenexistenz nicht hinaus gelangen bzw. ein „Erfolg“ auf der einen Seite mit Nachteilen auf der anderen verbunden ist. So führt das Bemühen, die Ölvorräte zu schonen und die fossile Verbrennung zurück zu drängen, dazu, dass in großem Umfang Biosprit-Pflanzen angebaut werden, was nicht nur zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion geht, sondern auch enorme Negativfolgen für die Artenvielfalt hat. Ein anderes Beispiel ist die enorme Landschaftszerstörung und Vogeldezimierung durch Windräder. Solche Beispiele ließen sich viele anführen. In den Umweltverbänden in Deutschland tobt darum auch ein erbitterter Richtungskampf zwischen den Alternativen Ausbau der Windenergie und Landschafts- und Tierschutz.

Die Strukturen der Öko-Bewegung sind sehr vielfältig: angefangen von Natur- und Tierschutzgruppen über Bürgerinitiativen und die Naturschutzverbände bis hinauf zu den Grünen als Partei. Es gibt zahlreiche örtliche, regionale, nationale und internationale Strukturen: Umweltinitiativen und -gruppen, NGOs, Öko-Institute, Fachverbände, Teile der Wissenschaft, der Medien, der Wirtschaft und des politisch-staatlichen Milieus zählen dazu. In Deutschland gibt es  Zehntausende an Hauptamtlichen im Umweltbereich, die in der Summe über Millionen- und Milliarden schwere Projekte entscheiden.

Ein Beispiel für dieses „grüne“ Netzwerk ist das „Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung“ (PIK). Diese Einrichtung befasst sich mit Klimaforschung, ist aber sehr stark darauf ausgerichtet, im Sinne des Klima-Alarmismus zu „forschen“ und diesen für Politik und Medien aufzubereiten. Professoren vom PIK sind nicht nur als Klimaberater der Regierung und des Papstes aktiv wie der PIK-Chef Schellnhuber, sondern auch, wie Prof. Rahmstorf, in den Medien stark präsent. Ein halbes Dutzend alarmistischer Klimaforscher (darunter z.B. Mojib Latif) prägen die „offizielle“ Medienlandschaft in puncto Klima. Auch vor offensichtlichen Lügen und Verleumdungen schreckt man nicht zurück.

Ähnlich ist es bei der Energiewende-Diskussion, wo z.B. die fachlich immer wieder als inkompetent entlarvte Frau Prof. Claudia Kemfert vor die Mikros darf. Überhaupt tummeln sich in Politik, Staat und Medien massenhaft „Experten“, die über keine fachliche Ausbildung verfügen und nichts anderes sind als Öko-Propagandisten. Andere Teile der Wissenschaft und Fachleute, die dem penetranten Alarmismus skeptisch gegenüberstehen, kommen fast nicht zu Wort, obwohl sie lt. Umfragen in Deutschland etwa ein Drittel der Klima-Wissenschaft repräsentieren. Im Gegenteil: sie werden als reaktionäre „Klimaleugner“ und vom Kapital gekaufte Subjekte hingestellt.

Bei der Energiewende gibt es wahrscheinlich sogar eine Mehrheit von Wissenschaftlern und Technikern, welche die Energiewende in der gegenwärtigen Form oder sogar generell (was die Einführung der „Erneuerbaren“ als Basis des Energiesystems angeht) ablehnen. Gleichwohl dominieren in Medien und Politik – noch – die „positiven“ Stimmen. Eine Ausnahme stellt – nicht zufällig – das Internet dar.

Auf internationaler Ebene ist die „Umweltbewegung“ in Form von NGOs (z.B. greenpeace, WWF), Staatsbeamten und mitunter auch direkt Vertretern des „grünen Kapitals“ präsent, die mit internationalen Agenturen wie der UNO, der Weltbank oder dem IWF verwoben sind. Ein typisches Beispiel ist der „Weltklimarat“ IPCC. Er ist eine UN-Struktur und wurde ausschließlich dazu gegründet, die „Theorie“ von der drohenden Klima-Katastrophe zu „erforschen“ und zu popularisieren. Das IPCC stützt sich dabei fast nur auf Studien und Wissenschaftler, die in dieses Raster passen. Wissenschaftliche Objektivität und Substanz leiden somit sehr oft unter dieser selbst verordneten Einseitigkeit. Besonders deutlich wird die Dominanz der Politik im IPCC bei den Kurzfassungen der IPCC-Berichte, den „Short reports for policy-makers“, die ganz bewusst einseitig „auf Alarmismus gebürstet“ werden. NGOs wie greenpeace oder WWF haben großen Einfluss auf die Arbeit des IPCC, obwohl sie keine wissenschaftlichen, sondern politische Organisationen sind.

Immerhin offenbaren aber selbst die inzwischen fünf IPCC-Berichte, wie falsch die Theorie vom drohenden Klimakollaps ist. So haben im Lauf der Jahre, von 1990-2013, die Klima-Szenarien deutlich an Dramatik verloren. Das zeigt, dass die „zu 95 oder 98% gesicherten“ Prognosen hoch spekulativ waren und im klaren Widerspruch zur klimatischen Realität stehen. Der letzte, fünfte IPCC-Bericht von Ende 2013 gibt sogar offen zu, dass die Klimamodelle generell große Probleme damit haben, das Klima (selbst das der Vergangenheit) korrekt abzubilden. Auch die zentrale These, dass die Erwärmung zu mehr Extremwetter-Ereignissen führt, wurde fallen gelassen, weil sie empirisch nicht nachweisbar ist. Es ist bezeichnend für die hiesige „Klima-Diskussion“ und die Medien, dass selbst diese Aussagen des IPCC vor lauter alarmistischer „Betriebsblindheit“ nicht zur Kenntnis genommen werden.

Die heutige Ökologie-Bewegung ist ein Konglomerat aus einerseits positiven Ideen und Praktiken, um die durch den Kapitalismus angerichteten Umweltschäden zu „reparieren“, andererseits ist die Umweltbewegung aber sehr eng mit Teilen der Politik, des Staates und des Kapitals verbandelt, so dass ihre Ziele und Methoden sehr stark von diesen beeinflusst, deformiert und z.T einfach  fehlgeleitet sind. Es ist gewissermaßen ein „Ökologisch-industrieller Komplex“ entstanden.

Die Umwelt-Bewegung hat ohne Zweifel das große Verdienst, auf die Gefährdung und Zerstörung der Umwelt hingewiesen und Initiativen zur Begrenzung dieser Schäden in Gang gesetzt zu haben. Zugleich hat sie aber das Augenmerk auf die Folgen und weniger auf die gesellschaftlichen Ursachen gelenkt und damit die Illusion genährt, dass ein „grüner“ Kapitalismus möglich und die Überwindung dieser Gesellschaft unnötig wäre.

Die Entstehung der Ökologie-Bewegung

Es gibt weder einen konkreten Termin noch ein bestimmtes Ereignis, an denen der Beginn der Ökologie-Bewegung festgemacht werden könnte. Vielmehr können wir verschiedene langfristige Trends der Entwicklung des Kapitalismus identifizieren sowie einzelne Faktoren ausmachen, die dabei eine Rolle gespielt haben.

Der wichtigste Grund dafür, dass „die Umwelt“ verstärkt ins Blickfeld rückte, war die nach 1945  sich sowohl quantitativ wie qualitativ enorm ausdehnende kapitalistische Produktionsweise: der „lange Boom“, die zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft, die globale Ausdehnung des Verkehrs sowie die unerhörte Ausweitung der Konsumgüter-Produktion. Die stark zunehmende Bevölkerungszahl führte zur Urbanisierung immer größerer Landflächen und erzwang die Erzeugung immer größerer Mengen von Energie, Gütern und Dienstleistungen. Menschliches Leben und Produzieren verschlang damit notwendigerweise immer mehr natürliche Ressourcen und „beeinträchtigte“ die Natur immer stärker.

Die „Schädigung“ bzw. die Nutzung und Veränderung der Natur ist natürlich notwendig mit menschlichem Leben verbunden, doch der frühe Kapitalismus (und auch die vor-kapitalistischen Klassengesellschaften) mussten darauf wenig Rücksicht nehmen, da ihre Produktionsweise noch nicht so weit entwickelt, so verbreitet oder so „extensiv“ war, dass sie für die Umwelt eine grundsätzliche Bedrohung darstellen konnte. Das Wachstum der Menschheit und die „Globalisierung“ des Kapitalismus haben aber seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer „neuen Qualität“ geführt. Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass die natürliche Umgebung global derart verändert wird, dass die Lebensgrundlagen für Flora und Fauna – inkl. des Menschen selbst – untergraben werden.

Allerdings ist nicht ausgemacht, dass der Kapitalismus tatsächlich dazu führt, dass eine solche katastrophale Entwicklung wirklich eintritt. Klar ist aber, dass der Kapitalismus einerseits eine die Natur (und den Menschen selbst) zerstörende Tendenz hat, andererseits aber auch die Mittel und Methoden weiterentwickelt, mit deren Hilfe Umwelt-Probleme gelöst oder gemildert werden können. Bezüglich der Umwelt ist es möglicherweise so, dass der Kommunismus auch hier der einzige Ausweg für die Menschheit ist; auf jeden Fall aber könnten die Umweltzerstörung durch die Überwindung des Kapitalismus verringert und „Reparatur-Arbeiten“ besser durchgeführt werden.

Um es kurz zu machen: Der Hauptgrund für das Entstehen der Umweltbewegung waren reale Umweltprobleme, die aus der kapitalistischen Produktionsweise resultieren. Es gab aber auch konkrete Anlässe.

Das „Waldsterben“

Ab Mitte der 1970er wurden vermehrt Waldschäden festgestellt. Eine Ursache war die zunehmende  Emission von Rauchgasen durch die Kohleverbrennung. Diese – zuerst von der Wissenschaft und der Forst- und Holzindustrie festgestellten – Schäden wurden dann von „Ökologen“ und den Medien in alarmistischer Weise zum „Waldsterben“ aufgeblasen. Durch entsprechende Maßnahmen, v.a. den Einbau von Filtern, wurde das Problem inzwischen weitgehend „gelöst“.

Das „Waldsterben“ wurde in den 1980ern zu einem der wichtigsten Umwelt-Themen und regte nicht nur die Umweltdebatte, sondern auch die Entstehung einer Öko-Bewegung inkl. der Grünen  als Partei an. Hier zeigten sich auch einige typische Merkmale der Öko-Szene: Bekämpfung der Folgen statt (auch) der Ursachen, Irrationalismus und „Alarmismus“, die selektive Betrachtung von Wissenschaft und Fakten unter dem Aspekt ihrer Kompatibilität mit alarmistischen Ansichten.

Seveso, Bophal, Basel

1976 ereignete sich im italienischen Seveso eine Havarie in einer Chemieanlage. Dabei gelangten große Mengen giftigen Dioxins in die Umwelt, was zur Kontaminierung großer Flächen sowie vielen Verletzten und auch Toten führte.

1984 kam es zu einem Chemie-Unfall im indischen Bhopal, wodurch größere Mengen stark ätzender Stoffe in Luft und Wasser gelangten. Die Schätzungen der Opferzahlen schwanken zwischen 3.800 und 25.000 Toten und bis zu 500.000 Verletzten, die tw. bis heute an den Folgen des Unfalls leiden. Damit ist Bhopal – nicht etwa Tschernobyl – der folgenreichste Industrie-Unfall der Geschichte.

Am 1. November 1986 war in einer Lagerhalle des Chemiekonzerns Sandoz in Basel ein Großfeuer ausgebrochen, hochgiftiges Löschwasser floss in den Rhein und löste ein riesiges Fischsterben aus.

Diese Chemieunfälle machten das Risikopotential von Industrieanlagen deutlich und verwiesen auf mangelndes Sicherheitsmanagement seitens der Unternehmen und des Staates. Diese Unfälle bzw. die Berichte über die Ereignisse schärften das Umweltbewusstsein. Bücher wie „Seveso ist überall“ von Fritz Vahrenholt (der heute ein Kritiker des Klima-Alarmismus und der Energiewende ist) fanden breite Beachtung. Sie stärkten das Umweltbewusstsein und Umweltinitiativen. Auf dieser „grünen“ Welle zogen dann 1982 die Grünen erstmals in ein Landesparlament ein, 1983 schafften sie den Sprung in den Bundestag.

Die Anti-Atom-Bewegung

Ein wesentlicher Teil der Umweltbewegung hierzulande – nicht international – ist die Anti-Atom-Bewegung. Noch in den 1950ern und 1960ern gab es breite Zustimmung zur friedlichen Nutzung der Kernenergie. Die Proteste richteten sich damals gegen Kernwaffen und Kernwaffentests (so entstand greenpeace), in Deutschland auch gegen die Wiederaufrüstung, die Einbindung in die NATO sowie die Raketenstationierungen („Nachrüstungsbeschluss“).

In den 1980ern verlagerte sich der Fokus jedoch zunehmend auf die „zivile“ Atomindustrie. Es gab einige – auch durch das brutale Vorgehen der Polizei provozierte – sehr militante Aktionen der Anti-Atom-Bewegung, etwa gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf (deren Inbetriebnahme verhindert wurde), gegen das AKW Grohnde, gegen das Endlager Gorleben und – bis heute – gegen die Castor-Transporte.

Eine sehr wichtige Rolle für die Stärkung und Mobilisierung der Anti-Atom-Bewegung spielten mehrere schwere Havarien in Kernkraftwerken – genauer gesagt: die unwissenschaftliche und völlig überzogene demagogische Darstellung der Ursachen und Folgen dieser Unglücke durch eine Minderheit von „grünen“ Atomkraftgegnern. Die „typisch deutsche“ Atom-Phobie ist weder international so ausgeprägt wie hier, noch gibt es dafür eine Mehrheit von Fachwissenschaftlern oder Technikern.

Der erste Nuklearunfall ereignete sich 1979 in Harrisburg, USA. Der bekannteste und bisher schwerste geschah 1986 in Tschernobyl. 2011 führte ein Tsunami zur Havarie von Fukushima. Bei allen drei Unfällen wurde in unterschiedlichem Ausmaß Radioaktivität freigesetzt. Tote durch Radioaktivität waren nur in Tschernobyl zu beklagen, durch Radioaktivität Geschädigte gab es in Harrisburg und Tschernobyl, nicht jedoch in Fukushima.

Besonders in Deutschland hatte der Unfall von Tschernobyl zur Folge, dass sich die schon vorher von Politik, Medien und die Anti-Atom-Bewegung verbreitete unwissenschaftliche Atom-Phobie deutlich verstärkte. Tschernobyl und die ewigen Querelen um die atomare Endlagerung führten schließlich zum – sehr zögerlichen – Atom-Ausstieg unter der rot/grünen Schröder-Regierung. 2011 wurde dann Fukushima von der Merkel-Regierung zum Anlass genommen, diesen Ausstieg noch zu beschleunigen und bis 2021 abzuschließen – nachdem man noch kurz zuvor eine  Laufzeitverlängerung für AKW beschlossen hatte.

Die Anti-Atom-Bewegung in Deutschland weist die allgemeinen Merkmale der kleinbürgerlichen Ökologiebewegung in besonders zugespitzter Form auf: Technologie-Feindlichkeit, selektive Wahrnehmung der „Wissenschaft“, Übertreibungen und apokalyptische Darstellungen, tw.  offensichtliche Lügen. Der angestrebte und tw. schon erreichte Atom-Ausstieg ist ein wesentlicher Aspekt der Energiewende.

Der Club of Rome

Einen bedeutenden Einfluss auf die Umweltbewegung hatte der 1968 gegründete Club of Rome.  Diese, noch heute bestehende, Struktur ist ein Zusammenschluss von „Prominenten“ aus Politik, Staat, Wirtschaft und Kunst. Fast nicht vertreten sind dagegen Naturwissenschaftler und Techniker. Letzteres ist insofern bezeichnend, als sich die meisten seiner Studien und Veröffentlichungen mit Problemen befassen, die ökonomisch-technische und naturwissenschaftliche Fragen berühren.

Besonderen Eindruck hinterließ das Buch des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“, das 1972 erschien. Darin wurde behauptet, dass die Ressourcen zur Neige gingen und die Wirtschafts- und Lebensweise der Menschheit daher an objektive Grenzen stoßen würde und eine Umstellung auf „nachhaltiges Wirtschaften“ nötig sei. Letzteres ist sicher richtig, doch ist das innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise – wie es der Club of Rome suggeriert – nur eingeschränkt möglich.

Doch die vom Club of Rome benutzten Analyse- und Prognosemethoden sind oft unseriös und spekulativ. So ist z.B. der Peak oil, d.h. das Zur-Neige-gehen der Ölvorräte, mehrfach vorausgesagt worden. In der Realität hat sich diese Voraussage jedoch nicht nur nicht bestätigt – heute sind die bekannten Ölvorräte weit größer als je zuvor.

Das Selbstverständnis des Club of Rome war und ist, die Wirtschaftsweise des Kapitalismus zu reformieren, ohne seine Grundlagen (Warenproduktion, Privateigentum, Konkurrenz usw.) aufzuheben. Diese Strategie erwies sich als gut kompatibel mit der entstehenden Umweltbewegung.

Wie wir sehen konnten, gab es ab den 1960/70er Jahren verschiedene Umstände und Anlässe, welche die Umweltgefährdung stärker in den Blickpunkt rückten. Diese Entwicklung ging zugleich einher mit einer sich vertiefenden Krise des Kapitalismus, einem Aufflackern des Klassenkampfes und einer Neuformierung der antikapitalistischen Linken. Doch deren Unvermögen, sich gegen den „doppelten Reformismus“ in Gestalt der Sozialdemokratie und in Gestalt des Stalinismus zu behaupten und eine Alternative zu formieren, führte dazu, dass sich große Teile dieser Linken auf die „radikale“, aber gleichwohl reformistische Umweltbewegung orientierten und in ihr tw. organisatorisch aufgingen. Die stark anwachsenden Mittelschichten spielten in diesem Prozess eine zentrale Rolle, was ihnen v.a. deshalb möglich war, weil die Arbeiterbewegung in ihrem reformistischen Prokrustesbett eingezwängt war. So wurden und werden Bewegungen sehr leicht zum Spielball von sozialen „Eliten“, die meist aus den Mittelschichten stammen.

Arbeiterbewegung, Marxismus und Ökologie: entfremdete Geschwister

Schon sehr früh, z.B. in Marx´ Beiträgen zu den rheinischen Holzdiebstahl-Gesetzen oder auch in Engels´ Schriften zur Lage der Arbeiterklasse in England, wiesen die Gründerväter des Marxismus auf die ökologischen Folgen des Kapitalismus hin. Wenn wir bedenken, dass zu Marx´ Zeiten von einer globalen Bedrohung der Umwelt noch kaum die Rede sein konnte, ist es umso bemerkenswerter, dass Marx, z.B. im Kapital, diese Frage durchaus schon sehr grundsätzlich stellte. In dieser Hinsicht kann von einem „weißen Fleck“ bezüglich der Ökologie, wie Ökologen dem Marxismus oft vorwerfen, keine Rede sein. In einem andern Sinn jedoch durchaus.

Der nach-Marxsche „Marxismus“ hat wenig dazu geleistet, diese Frage zu vertiefen. Das betrifft nicht nur direkt die Frage der Ökologie, sondern auch die Frage der Produktionsweise. Auch hier wurde Marx´ Theorie kaum weiterentwickelt. So tauchten die Frage der Qualität der Gebrauchswerte (Produktrevolution) und der Aspekt der „Gesellschaftlichen Produktivstrukturen“ (GPS) fast nicht auf. Auch Beiträge zur Ökonomie der Übergangsgesellschaft waren bis Anfang des 20. Jahrhunderts spärlich gesät. So verwundert es nicht, dass die Ökonomien der „sozialistischen“ – tatsächlich staatskapitalistischen – Länder (UdSSR, Ostblock) notwendig auch unter dieser konzeptionellen Leere litten und letztlich daran scheiterten, ein alternatives Wirtschaftsmodell zum Kapitalismus zu etablieren. Der mit dem Sieg des Stalinismus völlig zum Dogma degenerierte „Marxismus“ lieferte weder Antworten noch ermöglichte er eine substantielle Debatte über das Verhältnis Ökonomie-Ökologie.

Die fast völlige Ausschaltung der ProduzentInnen und KonsumentInnen von der Kontrolle und  Leitung der Produktion im Ostblock führte auch dazu, dass der Erhalt der Umwelt stark vernachlässigt wurde. Aufgrund dessen, dass einige bürgerliche Wirtschafts-Mechanismen, z.B. die Konkurrenz, eliminiert waren, andere „sozialistische“ Antriebe (so das Interesse der Konsumenten) aber ebenfalls behindert wurden, war das Ausmaß an Umweltzerstörung in diesen staatskapitalistischen Ökonomien tw. noch größer als im westlichen „Privatkapitalismus“.

Dieses Dilemma führte dazu, dass „der Sozialismus“ in der realen Gestalt der stalinistischen Länder entweder gar nicht mehr als Alternative zum Kapitalismus angesehen wurde oder zumindest nicht in der Frage der Ökologie. Das abstoßende Bild, das der Stalinismus bot, war ein wesentlicher Grund dafür, dass „der Kommunismus“ in Gestalt des Stalinismus zunehmend als unattraktiv angesehen wurde, v.a. seit den 1980ern, als er immer mehr in Rückstand zum Westen geriet. Zugleich verlor auch die (westliche) Sozialdemokratie immer mehr an Anziehungskraft für Menschen, die eine Alternative zum Kapitalismus suchten.

Die aufgrund des Wirkens von Stalinismus und Sozialdemokratie lange Reihe von Niederlagen der Arbeiterklasse nach 1917, als die Revolution mehrfach objektiv möglich war, untergrub auch weitgehend das Vertrauen der ArbeiterInnen und der Massen in eine antikapitalistisch-revolutionäre Orientierung. Der Sieg der „Demokratien“ über den Faschismus und der lange Boom nach 1945 führte parallel dazu, dass die Illusionen in die bürgerliche Demokratie, die fortschrittliche Rolle des Staates und einen krisenfreien, „sozialen“ Kapitalismus zunahmen.

Die entstehende Umweltbewegung konnte und wollte also weder am „Kommunismus“ noch an der Arbeiterbewegung oder am „Marxismus“ andocken. Andererseits waren die reformistischen Formationen derart verknöchert und selbst zu Reformen unfähig, dass sie auch ihrerseits kein Interesse an den neuen „radikalen Bewegungen“ hatten. Doch auch in der Bourgeoisie als Gesamtklasse fanden diese keinen Partner, da das Kapital wenig Interesse hatte, sich auf Kosten ihrer Profite „ökologisch korrekt“ zu verhalten. Allerdings entdeckten Teile des Kapitals den Umweltschutz für sich als attraktive Nische bzw. waren durch den zunehmenden Einfluss der Ökobewegung und das wachsende Umweltbewusstsein gezwungen, sich „grün“ zu geben.

Es entwickelte sich eine besondere Beziehung zwischen Umweltbewegung und Kapital. Einerseits wurde die kapitalistisch-industrielle Produktionsweise als Problem, ja tw. als Feind angesehen, andererseits entwickelte sich eine enge Kooperation zwischen Umweltbewegung und „grünen“ Kapitalisten und Investoren. Als Scharniere zwischen ihnen fungierten der Staat, die Politik, NGOs, die Wissenschaft und die Medien. In einigen Ländern, v.a. auch in Deutschland, sowie auf internationaler Ebene in Gestalt der UN und ihrer Unterorganisationen, z.B. des IPCC, entwickelte sich ein institutionalisiertes „grünes“ Geflecht. Innerhalb dessen gibt es eine Arbeitsteilung dergestalt, dass man sich gegenseitig „den Ball zuschiebt“: die Politik stützt sich argumentativ auf die „grüne“ Wissenschaft, diese wird durch die Medien verbreitet, um das Massenbewusstsein so zu steuern, dass die Massen ein Bedürfnis nach „grünen“ Erklärungen haben und dann zur Kasse gebeten werden können. Die Politik wiederum fördert tw. die Öko-Szene, weil sie sich damit ein positives Image zulegen kann (die UNO als Organisation zur Weltrettung, Angela Merkel als „Klimakanzlerin“, Deutschland als Vorreiter beim Atomausstieg).

Die Rolle der 68er

Als der lange Nachkriegsboom zu Ende ging und 1973 die Ölkrise zuschlug, war die besondere Phase des Kapitalismus, in der er sich v.a. in Europa als demokratisch, krisenfrei und „sozialstaatlich“ präsentieren konnte, vorbei – vorbei in dem Sinn, dass es von nun an eher wieder „bergab“ gehen würde, was am vordringenden Neoliberalismus am Sozialabbau ablesbar ist. Die 68er-Bewegung und eine ganze Reihe großer Klassenkämpfe und revolutionärer Krisen, z.B. 1968 der „Prager Frühling“, 1971 der Sieg der „Unidad Popular“ in Chile oder 1973 der „Portugiesische April“, markierten diesen Periodenwechsel auch politisch.

Doch die neue 68er-Linke hatte von Beginn an besondere Merkmale, die dazu führten bzw. es begünstigten, dass sie für die etwas zeitversetzt entstehende Umweltbewegung entweder wenig relevant war oder aber die 68er sich ihrerseits dem „grünen“ Milieu anpassten. Für die neue Linke waren u.a. Themen wie der Vietnam-Krieg, der Stalinismus, die Frauenunterdrückung wichtig, die ökologische Frage spielte kaum eine Rolle. Die starke Isolation vom Proletariat, die weitgehende Unfähigkeit, das Wesen des Reformismus zu verstehen, geschweige denn, zu wissen, wie er zu bekämpfen wäre, führte dazu, dass die stark jugendlich/studentisch geprägte 68er-Linke oft einem abstrakten „Revoluzzertum“ anhing, das radikal wirkte, aber oft ziemlich substanzlos war. Sehr bald wurde dieser oberflächliche Radikalismus von großen Teilen der Linken, v.a. in Deutschland, von einem neuen „Reformismus“ abgelöst: dem „Marsch durch die Institutionen“. Ende der 1970er engagierten sich viele Linke in der Kiez-Milieu-Politik oder gingen in die Grüne Partei. Noch heute umfasst das Führungspersonal der Grünen viele Alt-68er.

Interessant ist hierbei, dass die entstehende Öko-Bewegung wie die neue Linke sich entweder aus dem Dunstkreis des Reformismus – der SPD – hinaus bewegten oder sich ihm nie anschlossen, sondern mit den Grünen eine eigene politische Formation bildeten. Auch dadurch wurde die Trennung von „ökologischer Bewegung“ und (reformistischer) Arbeiterbewegung verstetigt.

Auf dem Weg der Linken durch die Instanzen blieb zwar die Revolution auf der Strecke, doch sie  waren durchaus nicht unerfolgreich. Die 68er hatten und haben enormen Einfluss auf die Gesellschaft. Wissenschaft, Bildung, Medien, Politik, Staatsapparat und „Zivilgesellschaft“ sind stark von ihnen geprägt. Die ehemals gegen das „Schweinesystem“, gegen das „Establishment“, gegen das „Kapital“ usw. gerichtete Ideologie mutierte zu einem human-demokratisch-ökologischen Reformismus. Die „aufgeklärte“, links-liberale Mittelschicht bildet personell den Kern der Ökologie-Bewegung. Sie beeinflussen bzw. kontrollieren die ökologisch relevanten Milieus und Strukturen in Staat, Medien, Wissenschaft und Kultur in starkem Maße.

Die Geschichte des Kapitalismus seit dem 20. Jahrhundert zeigt, dass die (lohnabhängigen) Mittelschichten in den hochentwickelten kapitalistischen Ländern eine immer größere Rolle im System spielen. Auch im politischen Spektrum gehen „innovative“ Entwicklungen fast immer von diesen Mittelschichten aus, ob es eher „linke“ Projekte sind wie die Grünen, Podemos oder die Piraten oder rechte, wie die AfD. Die „Mitte“ (darunter v.a. das studentisch-akademische Milieu) liefert das Personal und die Ideen. Die deutschen Grünen und die Umwelt-Bewegung sind für diese Rolle der Mitte ein markantes Beispiel.

Die Ökologie und die Linke

Die ökologische Frage ist auch für die deutsche Linke – von den reformistischen Parteien SPD und Linkspartei bis hin zur „radikalen Linken“ – ein zentrales Thema. „Zentral“ bedeutet hier v.a., dass meist in sehr dramatischen Worten von der Zerstörung der Umwelt die Rede ist. Am deutlichsten kommt diese Haltung in der These von der drohenden Klimakatastrophe zum Ausdruck. Schaut man sich indessen die Bemühungen der Linken an, Umweltprobleme zu analysieren bzw. den Stand der Wissenschaft dazu kritisch zu hinterfragen, so fällt sofort auf, dass dort fast jegliche Ernsthaftigkeit und Eigenständigkeit fehlen. Statt Fakten und Analysen finden wir fast immer nur die große apokalyptische Geste, statt einer materialistischen und dialektischen Methode dominieren Impressionismus und idealistische Sichtweisen.

Zwischen „der Linken“ und der ökologischen Bewegung (NGOs, Initiativen, Bewegungen, Institute) gibt es eine erhebliche Schnittmenge – in mehrfacher Hinsicht. 1. gibt es viele personelle Überschneidungen. Viele Linke gehören ökologisch orientierten Initiativen und Organisationen an. 2. existieren viele Formen praktischer Kooperation zwischen dem „Öko-Milieu“ und der Linken. Sie wird z.B. in der Anti-AKW-Bewegung, bei den Anti-Castor-Protesten oder bei Aktionen gegen Kohlekraftwerke deutlich. Dabei geht es nicht nur um Unterstützung des „ökologischen Kampfes“ durch die Linke. Vielmehr ordnet sich die Linke dabei weitgehend den Konzepten der Öko-Szene unter.

3. schließlich ist die Umwelt-Politik der Linken sehr stark von der Umwelt-Ideologie der links-kleinbürgerlichen Szene geprägt. Mehr oder weniger werden deren Konzepte übernommen und gegebenenfalls – bei der „radikalen Linken“ – durch einige anti-kapitalistische „Zusätze“ ergänzt. So wird mitunter die Notwendigkeit der revolutionären Überwindung des Kapitalismus betont, die tieferen Ursachen der Umweltprobleme werden in der kapitalistischen Produktionsweise gesehen, tw. wird auf die eigenständige Rolle der Arbeiterklasse wert gelegt und meist werden Staat und Kapital dafür verurteilt, dass sie zu wenig dafür tun, die (Um)Welt durch die „Energiewende“, den „Klimaschutz“ usw. zu „retten“. Eigene Recherchen und eine fundierte Analyse der und Kritik an der Öko-Ideologie, der Öko-Bewegung sowie der dahinter stehenden „Wissenschaft“ gibt es dagegen kaum.

Einige Schlussfolgerungen

Es steht außer Frage, dass der Kapitalismus eine Tendenz hat, die Natur zu „vernutzen“, sie für  kurzfristige Verwertungsinteressen zu beeinträchtigen oder gar zu zerstören. Doch genauso unbestreitbar ist, dass derselbe Kapitalismus permanent die Produktivkräfte weiterentwickelt und so Mittel und Methoden schafft, mit denen Umweltschäden gemindert oder überwunden werden könnten. Neben der Zerstörungstendenz gibt es eben auch die Reparaturtendenz. In über 150 Jahren Kapitalismus seit Marx´ Zeiten ist völlig klar, dass die Umweltsituation gerade in den hochentwickelten Ländern, wo die kapitalistische Produktions- und Lebensweise am intensivsten ausgeprägt ist, anders, jedoch nicht generell schlechter geworden ist. Die Qualität der Nahrungsmittel, die medizinische Versorgung, die Hygiene und die Wasserqualität sind gegenüber dem späten Mittelalter oder dem 19. Jahrhundert nicht schlechter, sondern eher besser geworden. Wäre beispielsweise im Zuge der Entwicklung des Kapitalismus nicht die Holznutzung für Hausbau, Schiffbau, Bergbau und Heizung durch andere Materialien (Stein, Stahl, Kohle) abgelöst worden, wäre Europa wohl inzwischen weitgehend entwaldet. Andererseits führt z.B. die global wachsende Bevölkerung und die Ausdehnung der urbanen Nutzflächen zu einem Verlust an Natur-Landschaft, einer tatsächlich begrenzten Ressource.

Im Unterschied zu vorhergehenden Produktionsweisen hat der Kapitalismus jedoch einen eingebauten „Zwang zur Effizienz“. Das führt dazu, dass tendenziell der Verbrauch von Ressourcen (Rohstoffe, Arbeitszeit, Energieverbrauch) pro Produkteinheit gesenkt und die Produktivität von technischen Prozessen gesteigert wird. Ein „immer gleiches Wirtschaften“ über Jahrzehnte oder Jahrhunderte wie in Antike oder Feudalismus gibt es im Kapitalismus nicht.

Es ist also nicht ausgemacht, geschweige denn bewiesen, dass der Kapitalismus die Natur in einem solchen Maße zerstört, dass die Lebensgrundlagen der Menschheit – und damit deren Fortexistenz –  insgesamt untergraben werden.

Auch das Anführen von gelegentlichen Äußerungen von Marx dazu (eine „Umwelt-Theorie“ hat er nicht ausgearbeitet) sind natürlich kein Beweis. Der bekannte Satz aus dem „Kapital“ Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter. hat sich – insoweit man ihn so „absolut“ auslegt, dass der Kapitalismus die natürlichen Existenzgrundlagen zerstört – bisher nicht bestätigt. Die Menschheit (und die Arbeiterklasse) sind nicht nur größer geworden, auch ihr Lebensstandard ist heute – global gesehen – höher und nicht niedriger als im 19. Jahrhundert. Für apokalyptische Visionen besteht – trotz aller Probleme – kein Anlass. Auch für die oft damit verbundene Vorstellung, dass der Kapitalismus untergehen müsse, weil er an objektive Grenzen stößt, gibt es keine empirischen Belege. So wie auch der Feudalismus nicht an „objektiven“ Grenzen gescheitert ist, sondern von einer höheren Produktionsweise „abgelöst“ wurde, so muss und kann auch der Kapitalismus „abgeschafft“, sprich vom Proletariat revolutionär gestürzt werden.

Die Lösung oder die Anbahnung der Lösung der Umweltprobleme wird nicht etwa nur durch den Sozialismus möglich – dieser kann die Lösung aber erleichtern, beschleunigen und die Verluste  geringer halten. Immerhin sind das ausreichende Gründe, dem Kapitalismus lieber früher als später den Garaus zu machen. Es liegt durchaus im langfristigen Interesse auch der Bourgeoisie, die natürliche Umwelt zu erhalten und damit auch den Fortgang der kapitalistischen Produktionsweise zu sichern. Doch die kommunistische Gesellschaft ermöglicht ein viel höheres Niveau, ein – wenn wir so wollen – weniger widersprüchliches Verhältnis zwischen Mensch und Natur.

Die Menschheit, gleich, in welcher Gesellschaftsformation sie existiert, ist – als „besonderer Teil“ der Natur – gezwungen, sich ihr anzupassen und sie zugleich zu verändern und sie sich anzupassen. Die Möglichkeiten des Menschen, diesen Anforderungen gerecht zu werden, wachsen beständig. Die Herausforderung für die Arbeiterbewegung besteht nun darin, erstens die zerstörerischen Tendenzen des Kapitalismus (nicht nur hinsichtlich der Natur) zu bekämpfen und möglichst einzuschränken. Zweitens muss diese Aufgabe aber mit der Perspektive der Überwindung des Kapitalismus verbunden werden. Dabei geht es jedoch nicht nur darum, einen qualitativen Sprung in der Menschheitsgeschichte zu vollziehen. Es geht auch darum, „quantitative Veränderungen“ – die Durchsetzung von Umweltschutzmaßnahmen – wenn möglich auch dadurch zu erreichen, indem man nicht nur „die Politik“ oder das Staatshandeln beeinflusst, sondern auch die Grundlagen des kapitalistischen Mechanismus – Privateigentum, Lohnarbeit, Enteignung und Entmachtung der Produzenten usw. – zu bekämpfen und zurückzudrängen.

Gerade darin müsste der Unterschied zwischen der „Umweltpolitik“ der (klein)bürgerlichen Öko-Bewegung und der Arbeiterbewegung liegen, dass die Grundlagen des Kapitalismus und das System ins Fadenkreuz genommen werden und nicht nur deren Folgen.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied muss darin liegen, dass nicht der bürgerliche Staat zum Exekutor ökologischer Politik erkoren wird, sondern die Arbeiterbewegung – was freilich nicht ausschließt, auch Forderungen an den Staat zu stellen. Die Orientierung der Linken und der Arbeiterbewegung muss aber v.a. darauf zielen, dass die Beschäftigten – allgemein: die Arbeiterklasse – die  Produktion und das umweltgerechte Verhalten von Unternehmen kontrollieren. Das kann und sollte bis dahin gehen, dass die ArbeiterInnen selbst eine Firma übernehmen und bei Umweltverstößen ein Veto-Recht haben. Die Umweltpolitik darf nicht der Ökobewegung, der bürgerlichen Politik oder dem Staat überlassen bleiben. Die Arbeiterbewegung muss hier selbst aktiv werden, ihre eigenen Forderungen, Ziele und Methoden ausarbeiten und praktisch werden lassen.

Umweltpolitik muss nicht (nur) darauf angelegt sein, die „öffentliche Meinung“, d.h. die Medien zu  beeinflussen und dazu marktschreierische Kampagnen a la greenpeace zu inszenieren. Sie muss auf objektiven Fakten und einer kritischen Bestandsaufnahme der Wissenschaft beruhen, um reale Probleme und nicht „überhöhte“ (Waldsterben) oder fiktive Probleme (Klimakatastrophe) zu lösen.

Wir müssen strikt dagegen sein, dass die Bevölkerung, d.h. in der Masse die Lohnabhängigen für die Umweltpolitik bezahlen. Wir müssen fordern, dass das Kapital, dessen Produktionsweise die  Probleme hervorruft, für die Beseitigung der Schäden aufkommt.

Die Linke kann sich als eigenständige Kraft nur behaupten bzw. überhaupt Eigenständigkeit und Attraktivität erreichen, wenn sie ihre Anbiederung an und tw. Unterordnung unter die links-kleinbürgerliche Ökobewegung überwindet und zu einer auf dass Proletariat orientierten und auf Wissenschaftlichkeit beruhenden Analyse und Politik findet.

Im Grunde können wir sagen, dass die Umweltfrage der sozialen Frage, d.h. letztlich der Systemfrage, nicht untergeordnet sein oder gar als Alternative dazu gesehen werden darf (Kapitalismus ist gut, nur muss er „grüner“ werden). Im Gegenteil: Je mehr wir den Kapitalismus einschränken, je eher wir ihn überwinden, desto besser und schneller werden wir das „Grün“ auf  unserem blauen Planeten bewahren können.

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