Hanns Graaf
Die Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) gehört zur großen Zahl linker Organisationen, welche die These von der drohenden Klimakatastrophe vertreten. Wie bei anderen Linken sucht man aber auch bei der GAM umsonst nach wissenschaftlich begründeten Darlegungen oder Argumenten. Im Grunde wird immer nur nachgebetet, was die „grüne“ Szene vertritt – ergänzt mit einem „deshalb muss der Kapitalismus überwunden werden“ als revolutionärem i-Pünktchen. Nun hat die GAM einen Beitrag veröffentlicht, der etwas konkreter wird. Wir wollen deshalb den Artikel „Sozialismus oder Planet B! Die Umweltbewegung antikapitalistisch machen!“ von Markus Lehner (ML) in „Neue Internationale“ vom November 2019 unter die Lupe nehmen. Wir besprechen hier nur die Klima-relevanten Aussagen, nicht die Postionen zu den „grünen“ Bewegungen wie Fridays for future.
Zunächst stellt der Autor fest: „Seit Jahren verdichten sich die wissenschaftlichen Belege für die Anhäufung globaler ökologischer Probleme, von denen der menschenbewirkte Klimawandel nur das gravierendste ist. Es hätte gereicht, die ausführlichen Berichte des UN-Weltklimarates IPCC und seiner tausenden WissenschaftlerInnen zu lesen, um die Dramatik der Situation zu verstehen.“
Der Autor behauptet: „Inzwischen ist der Zusammenhang des Anstiegs menschenverursachter Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre (…) mit der kontinuierlichen Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur theoretisch verstanden, experimentell überprüft und durch langjährige Beobachtung bestätigt. Eine Leugnung dieses Zusammenhangs hat wissenschaftlich gesehen das Niveau der Hohlwelttheorie oder ähnlicher Hirngespinste. Damit gibt es auch sehr gut belegte Modelle über die langfristige Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur je nach weiterem Anstieg der Treibhausgasemissionen. Gegenüber dem Beginn der Industrialisierung hat sich diese mittlere Temperatur bereits um mehr als ein Grad erhöht, allerdings mit einer Tempozunahme in den letzten Jahrzehnten (jetzt bei 0,2 Grad pro Jahrzehnt).“
Wir demonstrieren nun, dass es ML tatsächlich gelungen ist, in nur vier Sätzen mehrere kapitale Fehler einzubauen (natürlich wird keine seiner Aussagen mit Quellen oder Daten belegt).
ML meint: „Inzwischen ist der Zusammenhang des Anstiegs menschenverursachter Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre (…) mit der kontinuierlichen Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur theoretisch verstanden, experimentell überprüft und durch langjährige Beobachtung bestätigt.“ Das ist komplett falsch! Es ist eben nicht ausreichend gut verstanden, wie Klima(wandel) funktioniert und von welchen Faktoren es in welchem Maße abhängt. Sicher kennt die Klimaforschung etliche Faktoren und ihr Wissen erweitert sich ständig. Trotzdem ist sie z.B. noch nicht in der Lage, den klimatisch bedeutenden Wechsel zwischen Eis- und Warmzeiten schlüssig zu erklären. Trotz aller Kenntnisse weiß sie, dass die bekannten Faktoren (z.B. Milankovich-Zyklen) keine hinreichende Erklärung liefern, schon deshalb, weil die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Faktoren tw. unklar sind und diese oft nicht genau quantifiziert werden können. Wenn man diese wichtigen Klimaschwankungen jedoch hinsichtlich ihrer (natürlichen) Ursachen nicht genau bestimmen kann, so ist es logischerweise auch nicht möglich, eine evtl. gegebene anthropogene Wirkung genau zu bestimmen.
Ganz aktuell (2019) heißt es etwa auf der Website des Max-Plank-Instituts für Meteorologie (MPIM): „Wie stark beeinflussen (…) diese solaren Schwankungen das Klima? Um diese Frage zu beantworten, wurden Rechnungen mit demselben Modell durchgeführt, mit dem auch der erhöhte Treibhauseffekt simuliert wurde. Sie zeigen, dass in den letzten 100 Jahren durch den Anstieg in der Sonnenintensität ein Teil der beobachteten Erwärmung erklärt werden kann, allerdings mit etwa 0,2 Grad Celsius nur ungefähr ein Drittel.“ Auch viele andere Studien und WissenschaftlerInnen weltweit sind der Ansicht, dass der Mensch nur einen (nicht genau bekannten) Teil der Erwärmung beiträgt. Wenn also diverse „Alarmisten“ behaupten, der Mensch sei zu 100% für die gegenwärtige Erwärmung verantwortlich, so ist das falsch oder zumindest nicht die Meinung aller WissenschaftlerInnen.
Völlig falsch ist die Annahme des Autors, dass der Zusammenhang CO2-Erwärmung „theoretisch verstanden, experimentell überprüft und durch langjährige Beobachtung bestätigt“ sei. Das behauptet noch nicht einmal das IPCC. Es gibt kein Experiment, das die komplizierten und tw. chaotischen Vorgänge in der Atmosphäre im Labor rekonstruieren könnte. Das ist ja gerade eines der Probleme der Klimaforschung. Evtl. kennt ML aus dem Internet einige Experimente mit CO2, die allerdings höchstens beweisen, dass CO2 bestimmte Spektren langwelliger Strahlung absorbiert bzw. re-emmitiert, jedoch nicht eine entsprechende starke Erwärmungswirkung von CO2 in der Atmosphäre.
Geradezu obskur wird es aber, wenn ML behauptet, alles wäre „durch langjährige Beobachtung bestätigt“. Als „langjährig“ gilt hier offenbar die Zeit ab Ende des 19. Jahrhunderts, davor gab es weder umfangreiche Messungen noch hinreichende Daten. Und wie, Genosse Lehner, beobachtet man bzw. woher kennt man etwa die Bewölkung, ein sehr wichtiger Klimafaktor?! In der Klimaforschung sind 100 oder 200 Jahre überhaupt kein relevanter Zeitraum, um Grundsätzliches über das Klima auszusagen. Zum Glück hat die Klimawissenschaft inzwischen durchaus Wissen über Perioden, die hunderte Millionen Jahre zurückliegen – und diese „wirkliche“ Klimageschichte zeigt nirgends ein klares Signal dafür, dass CO2 die Temperatur antreibt. Eher ist es umgekehrt: das CO2-Level steigt als Folge von Erwärmung an, weil wärmere Meere mehr CO2 ausgasen.
ML spricht von einer „kontinuierlichen Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur“. Auch hier zeigt sich weitgehende Unkenntnis der Klimaentwicklung seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Obwohl nämlich das CO2-Level kontinuierlich anstieg, schwankte die Temperatur. Es gab Perioden von Anstiegen, v.a. von 1910-40 und von 1975-98 um jeweils ca. 0,4-0,5 Grad, es gab eine Periode leichter Abkühlung um etwa 0,3 Grad von 1940-75 und eine Periode der „Stagnation“ von 2000-2015. Diese Schwankungen im allgemeinen Anstiegstrend sprechen nicht nur gegen die Behauptung eines sehr starken Faktors CO2, sie sind ein klarer Beweis dafür, dass es neben (oder gar anstatt) des CO2 auch andere, natürliche Faktoren gibt, die das Klima beeinflussen. 100% menschgemachte Erwärmung? Mumpitz!
Nach seinen unbewiesenen und unbelegten Behauptungen geht ML flugs dazu über, all jene WissenschaftlerInnen, die solche Positionen nicht teilen, als Idioten darzustellen. ML schreibt: „Eine Leugnung dieses Zusammenhangs (CO2 als einziger oder Hauptquelle der Erwärmung) hat wissenschaftlich gesehen das Niveau der Hohlwelttheorie oder ähnlicher Hirngespinste.“ Soso. Weltweit gibt es nachgewiesenermaßen (z.B. anhand vieler Petitionen) 10.000e KlimaforscherInnen, die sich gegen den „Klimaalarmismus“ stellen oder ihn zumindest stark kritisieren, darunter etliche Physiknobelpreisträger. Obwohl eine Mehrheit oder ein Konsens in der Wissenschaft an sich nichts über den Wahrheitsgehalt einer Auffassung aussagt, ist es eine der übelsten und rein demagogischen Behauptungen der „Alarmisten“-Szene, dass alle ihre Kritiker „Leugner“, gekaufte Subjekte oder Laien wären. Dass der Autor Lehner auf solch billige Polemik hereinfällt, sagt an sich schon genug über sein Verständnis von Wissenschaft, seine Argumente und seine Lauterkeit aus. Wer Interesse am geistlosen Nachplappern hat, sollte sich im Zoo vor den Papageienkäfig stellen und nicht in linken Zeitungen schreiben.
Modelle
ML behauptet, es gebe „auch sehr gut belegte Modelle über die langfristige Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur je nach weiterem Anstieg der Treibhausgasemissionen.“ Nun hat selbst das IPCC in seinen Berichten eingestanden, dass es grundsätzlich nicht möglich ist, das Klima in Modellen adäquat darzustellen, weil dieses ein nichtlineares, chaotisches System ist. Doch damit nicht genug: in seinem 5. Sachstandsbericht (AR 5) räumt das IPCC zudem ein, dass die Klimamodelle alle falsch lagen. Die folgende Grafik stellt dar, wie weit die reale Temperaturentwicklung und die Modellszenarien auseinander liegen.
Was Lehner zu den Modelle sagt, ist einfach falsch. Es zeigt zudem, dass er von den Problemen der Klimamodellierung keine Ahnung hat. Diese bestehen nämlich u.a. darin, dass bestimmte Faktoren (z.B. die Bewölkung) schlicht nicht quantifiziert werden können, andere einfach willkürlich über- (CO2 u.a. Spurengase), andere hingegen unterbewertet werden (v.a. die solaren Schwankungen), so dass allein dadurch die Fehlerbreite so groß ist, dass es absurd ist, aus solchen Modellprojektionen milliardenschwere Investitionen für den Klimaschutz abzuleiten.
Allein die Bewertung des Einflusses der Sonne auf das Klima durch die Alarmisten ist skandalös. Sie betrachten dabei nur die Strahlungseinwirkung, deren Schwankungen in der Tat sehr gering sind. Doch andere Wirkungen der Sonne (UV-Licht, Magnetfeld, Sonnenwind usw.) schwanken deutlich stärker. Inzwischen sind auch positive Rückkopplungen zwischen solarer Aktivität und kosmischer Strahlung bekannt (Svensmark-Effekt), die auf einen stärkeren Einfluss der Sonne auf unser Klima verweisen, als es die CO2-Jünger wahr haben wollen.
Jeder Modellierer kennt den Spruch „Garbage in, garbage out“, der soviel bedeutet wie „Gibst du Mist ein, kommt Mist heraus“. Die Klimamodelle leiden – zwangsläufig – daran, dass a) die Daten ungenau oder mangelhaft sind oder überhaupt fehlen und b) der verwendete Algorithmus einseitig oder fehlerhaft ist. Das ist auch kein Wunder bei einer Klimaforschung, die extrem ideologisiert und unter dem Einfluss der „grünen“ Milieus und der Öko-Kapitalisten geraten ist. Diesen Zusammenhang zwischen Wissenschaft, Kapital, Staat und Politik sieht die Linke immer nur bei den Kritikern, bei den „Alarmisten“ gibt es den offenbar nicht. Das ist der „Marxismus“ der Einäugigen.
Forcierte Erwärmung?
Autor Lehner behauptet: „Gegenüber dem Beginn der Industrialisierung hat sich diese mittlere Temperatur bereits um mehr als ein Grad erhöht, allerdings mit einer Tempozunahme in den letzten Jahrzehnten (jetzt bei 0,2 Grad pro Jahrzehnt).“
Richtig ist, dass sich die globale Temperatur (soweit dieser Begriff physikalisch überhaupt Sinn macht) seit Mitte des 19. Jahrhunderts um ca. ein Grad erhöht hat. Allerdings verschwendet auch der Klima-Katastrophen-Prediger der GAM keinen Gedanken daran, dass ein Teil dieser Erwärmung nicht real stattfand, sondern nur die Messergebnisse angestiegen sind, z.B. weil viele Messstationen (ja sogar eine steigende Zahl) in städtischen Ballungsgebieten steht, wo die Temperaturen höher sind als im Umland (Städtischer Wärmeinseleffekt).
Lehner behauptet, es gebe eine Tempozunahme bei der Erwärmung auf 0,2 Grad pro Jahrzehnt. Bevor wir diese Aussage als komplett falsch entlarven, sei hier vorab angemerkt, dass es keinen Klimaforscher – ob Kritiker oder Alarmist – gibt, der so etwas behauptet. Woher Lehners These stammt, bleibt im Dunkeln, da er auch keine Quelle angibt.
Die folgende Grafik zeigt die UAH-Satellitendaten (UAH=Universität Huntsville Alabama).
Lehner hat völlig recht, wenn er schreibt: „Es hätte gereicht, die ausführlichen Berichte des UN-Weltklimarates IPCC und seiner tausenden WissenschaftlerInnen zu lesen.“ Leider hält er sich selbst nicht daran und fabuliert frei von der Leber weg, ohne sich um die Realität zu kümmern – weder um die Realität des Klimas noch um jene der klimawissenschaftlichen Debatte.
Doch so schnell lassen wir den Klimaleugner Lehner nicht vom Haken. Die Klimawissenschaft (und auf seine Weise auch der IPCC) weiß nämlich auch Einiges über die Temperaturen der Vergangenheit, z.B. unserer Klimaperiode, das Holozän, das seit 10.000 Jahren nach Ende der letzten Eiszeit herrscht. Die folgende Grafik zeigt die Temperaturzustände des Holozäns.
Interessant ist dabei 1., dass die Temperaturen um etwa 2 Grad schwankten – ohne Einfluss des Menschen und ohne dass man ein markantes CO2-Signal als Ursache der Erwärmungen entdeckt hätte. 2. begann unsere heutige Erwärmungsphase in einer kalten Phase des Holozäns, die nicht zufällig „Kleine Eiszeit“ genannt wurde. 3. wird hier die Durchschnittstemperatur des Holozän mit 15°C angegeben.
Was können wir aus dieser Grafik folgern? 1. stimmt die Behauptung, dass wir aktuell eine ganz ungewöhnliche Erwärmung hätten, nicht, weil es im Holozän schon mehrere solche Warmperioden gab. 2. sind natürliche Faktoren offenbar viel wirksamer bei Klimaveränderungen, als es aktuell meist behauptet wird. 3. ist CO2 kein wichtiger, sondern eher ein untergeordneter oder gar kein Temperaturfaktor. 4. war es normal, dass nach der Kleinen Eiszeit eine Wiedererwärmung einsetzte.
Dieser letztere Umstand verweist auch auf die fragliche Methodologie der Klima-“Alarmisten“. Diese vergleichen nämlich immer unsere heutige warme Periode mit der Kleinen Eiszeit, anstatt mit einer der früheren Warmperioden. Man vergleicht also Äpfel mit Birnen, um dann festzustellen, dass Äpfel runder sind als Birnen. Wie die Grafik zeigt, waren alle früheren Warmperioden im Holozän so warm oder sogar wärmer als heute. Es gibt inzwischen über 1.000 Studien weltweit, die überwiegend zeigen, dass die Mittelalterliche Warmzeit vor ca. 1.000 Jahren so warm oder wärmer war als heute und dass sie kein regionales, sondern ein globales Phänomen war. Dieser objektive Sachverhalt wurde vom IPCC lange geleugnet (Wer also sind die wahren Klimaleugner?!), wie die sog. Hockeystickgrafik offenbart, die längst als falsch und methodisch unwissenschaftlich entlarvt ist. Inzwischen wird sie auch vom IPCC nicht mehr benutzt.
Doch es wird noch schöner. Wenn die in der Grafik gezeigte Durchschnittstemperatur des Holozän 15°C betrug, dann lägen alle unsere heutigen Spitzentemperaturen noch darunter. Die 15 Grad vertrat früher auch das IPCC, bis es vor einigen Jahren – ohne Angabe von Gründen – plötzlich von 14 Grad als dem holozänen Durchschnitt ausging. Wir wollen das hier nicht bewerten; klar ist aber, dass wir selbst dann mit unserem aktuellen Temperaturniveau von ca. 14,5 Grad noch unter den Spitzenwerten des Holozän liegen. Um diesen offensichtlichen Tatbestand zu verschleiern, vermeidet die offizielle Klimapropaganda auch fast immer, Anstiege und Absoluttemperaturen zu koppeln.
Nun, Genosse Lehner, Du hättest Dich anstatt mit der Hohlwelttheorie lieber mit dem Holozän befassen sollen!
Die CO2-Arithmetik
Der Autor äußert sich auch zur CO2-Frage. Es meint, dass die CO2-Emissionen stark minimiert werden müssten, damit die Klimaziele von maximal 1,5 oder 2 Grad Erwärmung eingehalten werden könnten. Doch: Was überhaupt der Ausgangs- bzw. Vergleichswert für diese Temperatur-Grenzwerte ist, kümmert Lehner nicht – genauso wenig wie alle anderen Klimaalarmisten, die nur von einer „vorindustrieellen Temperatur“ reden. Doch was soll diese sein, da sie sich doch ständig geändert hat?
V.a. blendet Lehner (vermutlich aus Unwissen) bestimmte, für die CO2-Wirkung entscheidende, Fragen aus. Ob bzw. wie stark CO2 überhaupt wirken kann, hängt u.a. davon ab, wie lange die Verweilzeit des CO2 in der Atmosphäre ist. Je länger sie ist, desto stärker ist natürlich auch deren Anreicherung. In der Klimawissenschaft ist diese Frage höchst umstritten, ja im Grunde ungeklärt. Die Spanne reicht von wenigen Monaten bis zu 100en Jahren. Angesichts dessen von sicheren Voraussagen und Modellen zu sprechen, ist absurd.
Eine andere Frage ist die nach der Klimasensitivität (KS) des CO2. Diese bezeichnet den Anstieg der Temperatur, wenn die Konzentration des CO2 in der Atmosphäre sich verdoppelt. Auch hier ist sich die Klimawissenschaft uneins, die Spanne reicht von 0 Grad bis 1,5 Grad. Die Mehrzahl vertritt die Meinung, dass die KS ein Grad beträgt. Konkret heißt das: Wenn das CO2-Level der Atmosphäre von derzeit 400 ppm auf 800 anstiege, würde es ein Grad wärmer sein als heute. Um aber 800 ppm zu erreichen, müssten alle bekannten fossilen Brennstoffe verbrannt werden, was aufgrund der technischen Entwicklung so unnötig wie unwahrscheinlich ist.
So gesehen, könnte es also zwar eine weitere leichte Erwärmung, aber keine Klimakatastrophe geben. Doch ganz so einfach ist es nun wieder auch nicht. Die „offizielle“ IPCC-Klimawissenschaft geht in ihrer Theorie nämlich davon aus, dass es eine positive Rückkopplung gibt – erst diese führe zu Erwärmungsraten von mehreren Grad. Diese Rückkopplung sieht so aus: die Erwärmung (durch mehr CO2 o.a. Ursachen) führt zu mehr Verdunstung, dadurch entsteht mehr Bewölkung und der Wasserdampf der Wolken wirkt als Treibhausgas, was den „eigentlichen“ CO2-Effekt etwa verdreifachen würde. Klingt soweit ganz logisch. Doch: wird dieser Effekt auch beobachtet? Niederschlagsmengen können ja immerhin gut gemessen werden. Kurze Antwort: Nein, ein signifikanter Trend wird nicht beobachtet. Hier eine Grafik als Beispiel:
Folgen der Klimaveränderung
Lehner schreibt: „So ist insbesondere die Veränderung der polaren Regionen dramatisch. Inzwischen schmilzt z. B. die Eisdecke im Nordpolarmeer im Monat Februar jede Dekade um 2,7% mit zunehmender Tendenz, wobei die Durchschnittstemperatur am Nordpol mit doppelt so hoher Geschwindigkeit wie global steigt. Die Auswirkungen auf Klima, Meeresströmungen und -spiegel sind dramatisch.“
Dass die Arktis immer schneller schmilzt, ist empirisch falsch. Im Gegenteil, das Tempo hat sich verlangsamt. Lehner wiederholt hier wieder nur die Dogmen der „Alarmisten“, nach deren „sicheren Prognosen“ die Arktis schon 2013 verschwunden sein sollte. Der Autor bedient sich wie alle „Klimaalarmisten“ der Methode des Cherry-picking. Es werden jene Momentaufnahmen aus der Klimageschichte herausgesucht, die geeignet sind, den Alarmismus zu stützen. Alles andere wird ausgeblendet – Lügen durch Weglassen. Die folgende Grafik zeigt das beispielhaft:
In den 1930ern war die Vereisung der Arktis schon ähnlich groß wie heute. Die Klimaforschung geht zudem davon aus, dass das Arktiseis im Holozän und davor bereits oft fast oder ganz verschwunden war (die Eisbären haben das übrigens immer überlebt).
Und hier noch eine kleine Nachhilfe in Physik für Genossen Lehner: Wenn schwimmendes Eis schmilzt (und das Nordpolareis ist schwimmendes Eis) gibt es keine Erhöhung des Meeresspiegels!
Lehner zeichnet in seinem Artikel ein düsteres Bild der Klima-Zukunft dieses Planeten. So würden Versteppung und Wüstenausbreitung zunehmen. Dumm nur, dass es eindeutig belegt ist (z.B durch Satellitenbilder), dass die Begrünung der Erde in den vergangenen Jahrzehnten zu- und nicht abgenommen hat, was u.a. auf den Düngeeffekt des CO2 zurückzuführen ist. Auch hier lügt Lehner, dass sich die Balken biegen.
Auch Lehners Behauptung der Zunahme von Extremwetterereignissen steht in völligem Gegensatz zu den realen Daten bzgl. Niederschlägen, Hurricanes usw. Natürlich gibt es regionale und zeitliche Variationen – das ist eben das „Normale“ am Klima bzw. am Wetter, dass es immer „unnormal“ ist -, doch eine generelle Zunahme von Extremwetterereignissen gibt es nicht. Selbst das IPCC sagt das in seinem bislang letzten (großen) Bericht AR 5 von 2013/14. Hier einige Zitate aus dem Kapitel 2.6 über Extremwetter:
„Tropische Stürme und Hurrikane [IPCC 2013, AR5, WG1, Kapitel 2.6, Seite 216]: “No robust trends in annual numbers of tropical storms, hurricanes and major hurricanes counts have been identified over the past 100 years in the North Atlantic basin.”
TropischeZyklone [IPCC 2013, AR5, WG1, Kapitel 2.6, Seite 216]: “Current datasets indicate no significant observed trends in global tropical cyclone frequency over the past century and it remains uncertain whether any reported long-term increases in tropical cyclone frequency are robust, after accounting for past changes in observing capabilities.”
Außer-tropischeZyklone [IPCC 2013, AR5, WG1, Kapitel 2.6, Seite 220]: “In summary, confidence in large scale changes in the intensity of extreme extratropical cyclones since 1900 is low. There is also low confidence for a clear trend in storminess proxies over the last century due to inconsistencies between studies or lack of long-term data in some parts of the world (particularly in the SH). Likewise, confidence in trends in extreme winds is low, owing to quality and consistency issues with analysed data.”
Dürren [IPCC 2013, AR5, WGI, Technical Summery, Seite 50]: ”There is low confidence in a global-scale observed trend in drought or dryness (lack of rainfall), owing to lack of direct observations, dependencies of inferred trends on the index choice and geographical inconsistencies in the trends.”
Dazu auch [IPCC 2013, AR5, WGI, Kapitel 2.6, Seite 215]: “In summary, the current assessment concludes that there is not enough evidence at present to suggest more than low confidence in a global scale observed trend in drought ordryness (lack of rainfall) since the middle of the 20th century, owing to lack of direct observations, geographical inconsistencies in the trends, and dependencies of inferred trends on the index choice. Based on updated studies, AR4 conclusions regarding global increasing trends in drought since the 1970s were probably overstated. However, it is likely that the frequency and intensity of drought has increased in the Mediterranean and West Africa and decreased in central North America and north-west Australia since 1950.”
Überflutungen [IPCC 2013, AR5, WGI, Technical Summery, Seite 112]: ”There continues to be a lack of evidence and thus low confidence regarding the sign of trend in the magnitude and/or frequency of floods on a global scale over the instrumental record.”
Hagel und Gewitter [IPCC 2013, AR5, WGI, Kapitel 2.6, Seite 216]: “In summary, there is low confidence in observed trends in small-scale severe weather phenomena such as hail and thunderstorms because of historical data inhomogeneities and inadequacies in monitoring systems.”
Schließlich fasst das IPCC zusammen [IPCC 2013, AR5, WGI, Kapitel 2.6, Seite 219]: “There is limited evidence of changes in extremes associated with other climate variables since the mid-20th century.”
Es ist auch bemerkenswert, dass alle diese Zitate und Aussagen in der deutschen Fassung des Summary for policymakers fehlen! Ein typisches Beispiel für Manipulation, hier ausgeführt vom UBA (Umweltbundesamt). Die IPCC-Aussagen sind absolut klar: Extremwetterzunahmen im jüngsten Klimazeitraum sind empirisch nicht auffindbar. Diese IPCC-Aussagen decken sich auch mit denen der Fachwissenschaft und den Daten der nationalen Wetterdienste. Hierzu empfehlen wir z.B. das Buch von Krauss und Ebel: Risiko Wetter. Professor H. Krauss war weltweit anerkannter Ordinarius für Meteorologie an der Universität Bonn.
ML bedient eifrig die These vom Untergang der Welt im Klimachaos. So behauptet er: „Dies führt z.B. im Amazonasbecken zu einer extremen Zunahme von Waldbränden, die noch durch Agro- und Bergbauindustrie verstärkt werden“. Immerhin benennt Lehner hier auch die wirklichen Probleme für den Regenwald: die kapitalistische Verwertungslogik. Doch dann geht er flugs wieder zum Klima über: „Gerade die tropischen Regenwälder, bisher einer der wichtigsten globalen CO2-Speicher, geraten immer näher an Kipppunkte, wo tendenziell große Teile davon zu versteppen drohen“ und „ausgedehnte(n) Wüsten in den tropischen Regionen“ entstehen.“
Eine Versteppung oder gar Wüstenbildung in den Tropen kann jedoch durch höhere Temperaturen gar nicht entstehen, sondern nur durch weniger Niederschlag (von den Rodungen als Ursache, die nichts mit dem Klima zu tun haben, abgesehen). Im Gegenteil: höhere Temperaturen sorgen eher für mehr Verdunstung, also Niederschlag, als weniger. Die Wetterdaten aller Tropenwälder zeigen jedoch keinen Rückgang der Niederschläge. Zudem müssten die Tropen in früheren Perioden höherer Temperaturen, z.B in den beiden holozänen Klimaoptima (sic!) verschwunden sein, was aber nicht der Fall war. Auch hier widersprechen Lehners apokalyptische Visionen jeder klimawissenschaftlichen Empirie.
Ein Fazit
Wie lautet unser Urteil über den Klimaartikel der GAM aus der Feder von Markus Lehner? Fast alle Aussagen des Artikels zum Klima sind falsch. Sie zeugen von weitgehender Unkenntnis der Probleme, Positionen und Diskussionen in der Klimawissenschaft. Keine Aussage Lehners wird belegt oder begründet. Das ist an sich schon bedenklich, doch noch bedenklicher ist, dass offenbar niemand in der GAM bzw. der GAM-Redaktion an Lehners Absurditäten Anstoß nahm. Das ist natürlich nicht etwa dem Umstand geschuldet, dass es der GAM an Köpfen fehlen würde. Nein, es ist die notwendige Folge der Arbeitsweise und der politischen Methode dieser Gruppe und – pars pro toto – der gesamten Linken.
Der Autor dieser Kritik war selbst 25 Jahre Mitglied der GAM und hatte 2014 eine Debatte u.a. über die Klimafrage angeregt. Doch anstatt sich ernsthaft mit dieser Frage zu befassen und zu recherchieren, zeigte sich die Gruppe desinteressiert und inaktiv, während die Leitung alles tat, um eine tiefer gehende Beschäftigung abzublocken und den „Boten der schlechten Nachricht“ zu bekämpfen. Von den 1990er Jahren bis heute gibt es weder einen fundierten Artikel noch Schulungen zu den Themen Klima und Energie (und vielen anderen). Stattdessen werden Phrasen gedroschen und es wird ideologisiert. Diese Methode hat mehr mit Dogmatismus als mit Marxismus und dessen materialistischem, historisch-kritischem und dialektischem Herangehen zu tun. Natürlich zeigt sich dieses Manko nicht überall im gleichen Maße, die GAM ist in manchen Bereichen sehr wohl in der Lage, eine konsistente revolutionär-kommunistische Politik zu erarbeiten. Um so bedauerlicher ist es, wenn sie in so wichtigen Fragen wie der Klimapolitik und der Energiepolitik (Energiewende, Kernenergie) linken bzw. links-bürgerlichen Dogmen folgt, anstatt als MarxistInnen an die Sache heranzugehen.
Wie sind gespannt, ob die GAM den Spielball aufnimmt oder nur wieder der Methode folgt „Augen zu und durch“?!
Wir fordern die GAM u.a. linke Organisationen hiermit erneut auf, zu den Themen Klima und Energie eine offene und fundierte Debatte zu führen, ihre diesbezügliche Oberflächlichkeit und Ignoranz aufzugeben und ihre naive Anpassung an die „grüne“ links-bürgerliche Szene zu überwinden!