Engels und der Klimawandel

Hanns Graaf

Am 19. April veröffentlichte die Sozialistische Initiative (SAV) einen Artikel von Arne Johansson mit dem Titel „Marxismus und Klimawandel: Engels‘ Bemühen um einen dialektischen Begriff der Natur“.

Zunächst ist zu loben, dass ein Marxist versucht, einen Zusammenhang zwischen dem Marxismus (hier in Gestalt der Beiträge von Engels) und der Klimadebatte herzustellen. Wir wollen hier untersuchen, inwieweit der Autor seinem Thema gerecht wird.

Natürlich geht es nicht direkt um das Klima, da Engels sich dazu nicht geäußert hat. Das ist auch nicht verwunderlich, da es im 19. Jahrhundert eine Klimaforschung und -debatte im heutigen Sinne kaum in Anfängen gab. Erst mit dem theoretischen Beitrag des Chemikers Svante Arrhenius zum Treibhauseffekt im Jahr 1897 – also nach dem Tod von Engels – kam eine Diskussion dazu auf. Etliche führende Physiker der damaligen Zeit haben die Treibhaus-Theorie als unwissenschaftlich abgelehnt – nicht nur in der Form, wie sie Arrhenius vertrat, sondern grundsätzlich, weil sie gegen Grundsätze der Thermodynamik verstieß (2. Hauptsatz). Auch Arrhenius selbst gab zum Schluss entnervt den Versuch auf, seine These zu beweisen.

Leider versäumt es der Autor, den Leser über diese Tatsachen zu informieren. Ihm ist auch vorzuwerfen, dass er den Begriff „Klimawandel“ (nur) im Sinne von anthropogen bedingter Klimakatastrophe benutzt. Das ist schon deshalb falsch, weil sich das Klima schon immer gewandelt hat – Klima und Klimawandel sind eigentlich Synonyme. Phasen die so warm, ja sogar wärmer waren als heute, gab es schon häufig – auch in jüngster Zeit, dem Holozän, die Klimaperiode, die vor ca. 10.000 Jahren begann und bis heute anhält. Entgegen den Behauptungen, wir hätten es heute mit einer außergewöhnlichen Temperatur-Entwicklung zu tun (egal, ob durch den Menschen bedingt oder nicht), handelt es sich um eine normale klimatische Schwankung.

Schon hier hätte der Autor sich um größere wissenschaftliche Exaktheit bemühen und sich einer historisch-kritischen Methode – der auch Engels folgte – bedienen müssen. Wie fast immer werden auch von Autor Johansson die Thesen der „Klimakatastrophisten“ ungeprüft übernommen und weder historisch eingeordnet noch in den Zusammenhang mit dem klima-wissenschaftlichen Diskurs gebracht. Allein das neue Buch von Vahrenholt und Lüning „Unerwünschte Wahrheiten. Was sie über den Klimawandel wissen sollten“ (Rezension dazu hier) führt hunderte wissenschaftliche Studien und Quellen dafür an, dass es a) keinen Konsens in der Klimawissenschaft gibt und b) die These vom überragenden Einfluss des CO2 auf das Klima falsch ist. Der SAV-Autor macht sich hier insofern der Lüge schuldig, als er eine mindestens sehr einseitige Sicht der Dinge als die einzig mögliche darstellt.

Kipppunkte?

Johansson bezieht sich zunächst auf einen Beitrag im Magazin Nature: Dort „wiesen sieben führende Erd- und Klimawissenschaftler*innen – Timothy Lenton, Johan Rockström, Owen Gaffney, Stefan Rahmstorf, Katherine Richardson, Will Steffen und Hans Joachim Schellnhuber – darauf hin, dass der Weltklimarat der UNO (IPCC) lange davon ausging, dass solche „großräumigen Diskontinuitäten“ im Klimasystem erst bei einer globalen Erwärmung über 5 °C wahrscheinlich seien. Jetzt schlugen sie Alarm, weil der IPCC in seinen beiden jüngsten „Sonderberichten“ 2018 und 2019 davor gewarnt hat, dass diese Kipppunkte bereits bei 1 bis 2 Grad Erwärmung auftreten könnten.“

Hier wäre der Hinweis angemessen gewesen, dass mindestens drei der sieben Autoren – Rockström, Rahmstorf und Schellnhuber – vom PIK in Potsdam kommen, der Hochburg des Klimaalarmismus in Deutschland. Es wird auch verschwiegen, dass deren Thesen auf heftige Kritik, tw. sogar im Weltklimarat IPCC, selbst gestoßen sind. Gerade die stets besonders alarmistischen Positionen von Rahmstorf sind in den letzten Jahren von der Fachwelt oft geradezu verrissen worden. In einem FAZ-Interview wurde z.B. Jochem Marotzke, Doyen der deutschen Klimaforscher vom Hamburger Max-Planck-Institut gefragt: “Welcher Kipppunkt macht Ihnen am meisten Sorgen?“ Darauf Marotzke: „Keiner“.

Autor Johansson führt aus: „Weitere Kipppunkte, vor denen die Erdsystemforscher*innen warnen, sind eine Ausweitung des anhaltenden Problems des Artensterbens, chemische, biochemische und biologische Emissionen, Ozonabbau, Versauerung der Ozeane, Entwaldung, Süßwasserknappheit und Luftverschmutzung.“ Inzwischen ist sich die Fachwelt aber ziemlich einig, dass z.B. die These von der Versauerung der Ozeane falsch ist. Auch die Behauptung der zunehmenden Entwaldung wurde widerlegt. Satellitenbeobachtungen und Vor-Ort-Studien zeigen stattdessen, dass die Bewaldung global deutlich zugenommen hat, v.a. durch den „Dünge-Effekt“ durch mehr CO2 . Wo es Entwaldung gibt, z.B. bei den Tropenwäldern, ist der Mensch schuld (Rodungen), nicht das Klima. Das aktuelle Klima bzw. die Temperatur ist in der historischen Betrachtung eher mittelmäßig. Nach der letzten Eiszeit vor. ca. 10.000 Jahren gab es deutlich wärmere Perioden, die tw. fast 2.000 Jahre andauerten. Es hätte also damals schon eine Klimakatastrophe und Kipppunkte geben müssen – gab es aber nicht.

Die Art und Weise, wie Johansson die Nature-Studie präsentiert (eine Quellenangabe fehlt), ist einseitig und unwissenschaftlich. Auch die „Kipppunkte“ und die u.a. vom PIK „vorausgesagte“ Erwärmungsrate von 2, 4 oder mehr Grad bis Ende des Jahrhunderts wird von Johansson nicht hinterfragt und gleichsam als Gottesurteil hingestellt. Dabei zeigt die Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte, dass die Erwärmungsrate weit unter allen Modell-Annehmen lag und von Kipppunkten nichts zu sehen ist. Wie so oft beruht der Alarmismus auch hier nicht auf empirischen Daten, sondern auf Modellen, auf Annahmen und Behauptungen. Das ist genau das Gegenteil von Materialismus!

Engels´ Materialismus

Zunächst geht der Autor auf die Frage ein, ob es richtig (und mit Marx´ Methode vereinbar) ist, die Dialektik auch auf Vorgänge in der Natur zu übertragen bzw. als Methode zu benutzen. Johansson behauptet dabei zunächst: „All dies bedeutet auch, dass die sogenannte „Earth Systems Science“-Forschung eine wissenschaftliche Bestätigung der Versuche von Friedrich Engels darstellt, die Bewegungsgesetze der Natur in seinen Büchern wie „Anti-Dühring“ (1878) und „Dialektik der Natur “ (posthum 1925 veröffentlicht) aufzuzeigen.“

Hier steht nun zunächst die Frage im Raum, was mit „All dies“ gemeint ist? Engels hat naturwissenschaftliche Sachverhalte dargestellt und gezeigt, dass und wie darin dialektische Zusammenhänge wirken. Johansson geht auf (umstrittene) Klima-Thesen ein, die nicht bewiesen sind und – wenn überhaupt – erst nach Jahrzehnten auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden können. Der Autor versteht offenbar nicht den Unterschied zwischen einer Hypothese und einer empirisch und experimentell bewiesenen Tatsache. Damit hat er aber nicht verstanden, wie Wissenschaft funktioniert. Die klimatologische Kaffeesatzleserei bestimmter Klimaforscher, die bisher immer weit neben der Realität lag, wie selbst das IPCC festgestellt hat (z.B. im 5. Weltklimabericht AR 5), hat mit Engels´ Methode nichts gemein.

Dass Johansson nicht selbst darauf kommt, verwundert. Immerhin stellt er die Methode von Engels durchaus richtig dar und verteidigt sie auch gegen dessen Kritiker, z.B. hier: „Als fehlgeleitete Reaktion auf Stalins dogmatischen Missbrauch des dialektischen Materialismus haben „westliche“ Akademiker*innen im Gefolge der so genannten Frankfurter Schule und sogar des „Existentialismus“ lange Zeit argumentiert, dass Engels, wie auch Plechanow, Lenin und andere, durch die Einbeziehung der Naturgeschichte von Marx‘ angeblicher Beschränkung der Dialektik auf die materialistische Auffassung allein der menschlichen Geschichte abgewichen seien.“ Völlig korrekt betont Johansson, dass auch Marx sich auf naturwissenschaftliche Fakten berief, so etwa auf die Erkenntnisse Darwins.

Nur: Was hat das alles mit den Klima-Kipppunkten zu tun?! Der Autor schreibt: „Die heutige erdsystemwissenschaftliche Forschung klärt auch einen lange währenden Streit um die Interpretation des politischen und wissenschaftlichen Erbes von Marx und Engels. Als fehlgeleitete Reaktion auf Stalins dogmatischen Missbrauch des dialektischen Materialismus haben „westliche“ Akademiker*innen im Gefolge der so genannten Frankfurter Schule und sogar des „Existentialismus“ lange Zeit argumentiert, dass Engels, wie auch Plechanow, Lenin und andere, durch die Einbeziehung der Naturgeschichte von Marx‘ angeblicher Beschränkung der Dialektik auf die materialistische Auffassung allein der menschlichen Geschichte abgewichen seien. Wie die neue Wissenschaft die Auffassung von Marx und Engels von der Dialektik Punkt für Punkt bestätigte, hat Engels vor allem für sich selbst in der Dialektik der Natur in dem Begriff der „Wissenschaft der Zusammenhänge“ zusammengefasst. Eine Grundthese ist, dass alles, was existiert, in ständiger Bewegung ist, aber dennoch zusammenhängt, auch wenn sich eine Form in einem bestimmten Stadium auflösen und verändern kann. „Bewegung ist die Existenzweise der Materie“, stellte er schon früh fest, was heute meist mit „alles ist Energie“ zusammengefasst wird und alle Bewegungen, Veränderungen und Prozesse im Universum umfasst.“

Das ist richtig. Doch die Tatsache, dass sich auch das Klima schon immer geändert hat und zwar bis 1850 nur (!) durch natürliche Faktoren, wird gerade von der mainstream-“Wissenschaft“ a la IPCC und PIK geleugnet. Schon deshalb ist deren Methode unhistorisch und undialektisch. Das zeigte sich u.a. im „Hockeystick“, der inzwischen als falsch und hinsichtlich der Fakten und der Methode als unwissenschaftlich entlarvt ist, gleichwohl aber vom IPCC lange vertreten wurde. Natürlich spielt heute auch der Mensch eine Rolle. Deshalb müsste die Klimawissenschaft die natürlichen und die anthropogenen Faktoren berücksichtigen und deren Relation an der Erwärmung feststellen. Das aber tut sie nicht! Offenbar hat Johansson davon aber keine Ahnung, denn ansonsten hätte er auf diese Frage eingehen können, ja müssen.

Die These des IPCC, dass das CO2 zu 100% für die Erwärmung verantwortlich wäre, ist nicht nur theoretisch wie empirisch unbewiesen, sie ignoriert auch wichtige Erkenntnisse der Klimaforschung zu den Meeresströmungen, zur Bewölkung, zu den solaren Wirkungen, dem Einfluss galaktischer Partikelströme und den Zusammenhängen zwischen diesen Faktoren. Kann man ein solche „einseitige“ Forschung bzw. Klimapropaganda „Wissenschaft“ nennen? Wohl kaum!

Widerspruch

Wo Johansson die “erdsystemwissenschaftliche Forschung“ bzw. deren Ausprägung a la IPCC und PIK als Bestätigung von Engels´ Methode zu erkennen glaubt, existiert in Wahrheit ein kompletter Widerspruch. Während Engels´ Sicht auf der Empirie ruht, während er von der Entwicklung und dem widersprüchlichen Interagieren verschiedener Faktoren ausgeht, frönen Alarmisten wie Rahmstorf oder Schellnhuber einer einseitigen, mechanischen und ahistorischen Methode. In den Modellen des IPCC (die, wie es selbst zugegeben hat, auch nicht annähernd stimmen) tauchen bestimmte Faktoren (Meeresströmungen, Wolken) gar nicht auf, andere, v.a. die Sonne, werden als völlig unbedeutend eingestuft. Ganz abgesehen davon können wir aber empirisch leicht feststellen, dass alle (!) Voraussagen des IPCC seit 1990 zur Klimaentwicklung nicht eingetreten sind oder in weit geringerem Umfang als behauptet. Jede seriöse Wissenschaft, deren Voraussagen sich permanent als falsch erweisen, würde ihre Methode ernsthaft überprüfen – doch was interessiert die Alarmisten ihr Geschwätz von gestern?

Die Wissenschaft, führt Johansson aus, habe gemäß Engels „vor allem drei allgemeine Gesetze der Bewegung bestätigt: die Verwandlung von Quantität in Qualität (wobei allmähliche, von inneren Widersprüchen getriebene Veränderungen an einem bestimmten Punkt plötzlich in eine neue Form übergehen können und umgekehrt)“ Dieses „Gesetz“ wird für ihn nun durch die Schellnhuberschen „Kipppunkte“ bewiesen. Doch diese Kipppunkte sind (in der Art, wie sie Schellnhuber darstellt) weder beobachtet noch theoretisch hergeleitet, sie sind nur behauptet. Im Klima gibt es zwar „Kipppunkte“, das ist lange bekannt, etwa die Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten, die man übrigens immer noch nicht restlos erklären kann. Doch gerade, weil der Wissenschaft dazu noch Kenntnisse fehlen ist es geradezu Hybris zu meinen, man könne aus einem Faktor, dem CO2, (fast) die gesamte Temperaturdynamik ableiten.

Johansson behauptet, dass es in der heutigen erdwissenschaftlichen Forschung „per Definition um die dialektischen „Wechselwirkungen und Rückkopplungen“ der Natur durch den Materie- und Energiefluss zwischen den Subsystemen der Erde aus Zyklen, Prozessen und „Sphären“ ginge. Das mag sie gern behaupten, doch tatsächlich umgeht sie diese Aufgabe gerade – 1., indem sie wichtige Faktoren ausblendet, z.B. die Sonne, und 2., indem sie fast immer nur „das Klima“ ab 1850 oder sogar erst später betrachtet, als ob es vorher kein Klima und keinen Wandel des Klimas gegeben hätte. Allein diese „Geschichtsvergessenheit“ ist schon unwissenschaftlich. Anstatt dass sich Engels, würde er noch leben, von den Klimaalarmisten bestätigt sähe, würde er deren Pseudo-Wissenschaft in der Luft zerreißen.

Die These vom „Anthropozän“

Autor Johansson bezieht sich positiv auf den Begriff des „Anthropozän“ (bei ihm auch „Kapitalozän“ genannt). Natürlich ist der Einfluss des Menschen, genauer: der kapitalistischen Produktionsweise, auf die Umwelt größer als früher und nimmt noch zu. Aufgrund der kapitalistischen Strukturen ist dieser Einfluss oft verheerend. Soweit sind wir mit Johansson mit. Problematisch wird es jedoch, wenn er Umwelt und Klima in einen Topf wirft. Zwar gibt es da natürlich Zusammenhänge, aber zugleich auch eine Spezifik. So ist der Plastikmüll in der Umwelt ein Problem, beeinflusst aber nicht das Klima. Selbst die Wirkung des CO2 ist ambivalent: einerseits erwärmt es (angeblich) das Klima, andererseits fördert es nachweislich das Pflanzenwachstum (Photosynthese), damit den Artenreichtum, die CO2-Speicherfähigkeit der Pflanzen und die Erträge der Landwirtschaft.

Johansson schreibt: „Die Klimaforschung hat heute das Konzept des Anthropozäns (Menschenzeitalter) eingeführt, als ein Stadium, in dem der Einfluss der Menschheit ernsthaft begonnen hat, das relative Gleichgewicht in der Natur zu stören, das während der jüngsten geologischen Periode, dem Holozän, seit etwa 11.700 Jahren vorherrschte.“

Auch hier geht der Autor wieder den Behauptungen der Alarmisten auf den Leim. Das Holozän war nämlich keineswegs ein „relatives Gleichgewicht“. Temperaturen, Niederschläge usw. unterlagen auch da heftigen, oft größeren Schwankungen als heute. Es gibt in der aktuellen Klimaentwicklung, d.h. in den letzten etwa 150 Jahren, keine einzige Entwicklung, die über die Schwankungsbreite des Holozäns hinausgehen würde, nur der Anstieg des CO2-Levels macht da eine Ausnahme.

Die Benutzung des Begriffs „Anthropozän“ durch einige Klimatologen dient nur dem einen Zweck, den Einfluss des Menschen und damit das CO2 als dem entscheidenden, ja fast einzigen Klimafaktor darzustellen. Nimmt der CO2-Anteil in der Luft zu, würde es im gleichen Maße, also linear (O-Ton Schellnhuber), wärmer. Dummerweise lässt sich diese Rückkopplung – als einem grundsätzlichen Wirkungszusammenhang – in der Klimageschichte aber gar nicht nachweisen. Die behauptete starke Erwärmungswirkung des CO2 ist aber das entscheidende (und einzige) „Argument“, um den ganzen Klimaschutz-Klimbim mit der Energiewende, die jährlich weltweit über 100 Milliarden Euro kostet, zu begründen. Es ist ein riesiges Konjunkturprogramm, das zwar dem Klima nicht hilft, an dem sich aber kleine und große „grüne“ Investoren eine goldene Nase verdienen – auf Kosten der Massen (Strompreis, CO2-Steuer usw.).

Johansson liegt zwar durchaus richtig, wenn er Engels zitiert: „Nur ein Ende des Privateigentums kann die Versöhnung der Menschheit mit der Natur und mit sich selbst bedeuten“, nur geht er völlig fehl, wenn er das mechanisch und wissenschaftlich unbegründet auf das Klima überträgt. Natürlich wird die Menschheit einmal in der Lage sein, auch das Klima zu beeinflussen. Doch das ist etwas anderes als die Behauptung, dass sie es jetzt schon könnte und per CO2-Emission auch schon macht. Wenn Johansson sich auf Marx bezieht und meint, „dass das Kapital, getrieben von konkurrierenden Gewinninteressen, sowohl die Arbeit als auch die Erde untergräbt, „die ursprünglichen Quellen allen Reichtums“, dann stimmen wir ihm ganz allgemein zu. Doch „Natur“ und Klima sind nicht identisch und Marx hatte mit Sicherheit bei seiner Formulierung nicht das Klima im Sinn.

Engels hatte recht, als er schrieb, „dass wir auf Schritt und Tritt daran erinnert werden, dass wir keineswegs über die Natur herrschen wie Erober*innen über ein fremdes Volk, wie jemand, der außerhalb der Natur steht – sondern dass wir mit Fleisch, Blut und Hirn zur Natur gehören und in ihrer Mitte existieren, und dass unsere ganze Beherrschung derselben darin besteht, dass wir gegenüber allen anderen Geschöpfen den Vorteil haben, ihre Gesetze zu lernen und richtig anzuwenden.“

Leider ist Johansson aber nicht in der Lage, die Gesetze, die das Klima bestimmen, verstehen zu lernen und richtig anzuwenden. Dazu reicht es nicht, Marx und Engels zu zitieren, dazu muss man sich mit dem Stand der Klimawissenschaft und deren Diskussionen befassen und nicht nur mit einem Teil davon, nämlich den Alarmisten, der scheinbar zu einer anti-kapitalistischen Agenda passt. Dabei wird übersehen, dass die „grüne“ Klimabewegung nur die nützlichen Idioten eines kapitalistischen green new deal sind.

Die „grüne“ Bewegung ist ideologisch eine kleinbürgerliche reformistische Bewegung, die sich v.a. aus der lohnabhängigen Mittelschicht rekrutiert. Sie ist weder eine proletarische noch eine sozialistisch-revolutionäre Bewegung. Sie ist noch nicht einmal immer ökologisch. Die von ihr geforderte Energiewende bewirkt z.B. eine der größten Umweltschädigungen der letzten Jahrzehnte (Ressourcenverbrauch, monokultureller Energiepflanzenanbau, Sondermüll durch alte Wind- und Solaranlagen und Batterien usw. usw.). Die „grüne“ Bewegung hat zudem die Funktion, kritische Potentiale zu absorbieren und von einer revolutionären Alternative abzulenken.

Johansson schlussfolgert: „Wenn der Kapitalismus uns heute an die Schwelle einer existenziellen Krise der Menschheit getrieben hat, können wir natürlich nicht damit warten sofort alles zu tun, um das Erreichen der drohenden Kipppunkte zu verhindern.“ Ja, wenn dem so wäre. Nur zeigt die Klimawissenschaft – jener Teil der Wissenschaft, der sich mit wirklicher, auf empirischen Zusammenhängen beruhenden Forschung und nicht mit spekulativen Modellierungen befasst -, dass von einem „Kippen“ des Klimas keine Rede sein kann und wir eine Erwärmung von 2, 4 oder mehr Grad, die für das Erreichen der Kipppunkte angeblich nötig sind, nicht bekommen werden (und physikalisch gesehen) auch nicht bekommen können.

Nein, die „Kipppunkte“ u.a. „Theorien“ der Klima-Alarmisten sind keine Bestätigung der Methode von Engels, sie sind eine Bestätigung dafür, dass der Spätkapitalismus immer stärker zum Irrationalismus tendiert und auch das Gros der Linken stark von ihm beeinflusst ist. Anstatt ein methodische Bestätigung von Engels durch den Klimaalarmismus zu behaupten, wäre es nötig, diesen auf Basis der Methode von Engels zu kritisieren.

2 Gedanken zu „Engels und der Klimawandel“

  1. Shell, RWE, SPD auf der einen, ein portugiesischer Marktführer im Bereich der Petro- und Gaswirtschaft auf der anderer Seite – die Sonne der „Wahrheiten“ geht hier eindeutig nicht im Osten auf, sondern da, wo mit fossiler Energie Geld verdient wird. Marxismus und Gesellschaft – wer’s glaubt…

    1. Du spielst auf Seb. Lüning an (Mitautor des Kalte Sonne-blogs), der als Geologe u.a. für Firmen tätig war, die nach Öl- und Gasvorkommen suchen. Das ist für einen Geologen ein normaler Job. Wirft etwa jemand einem Arbeiter vor, dass er in einem kapitalistischen Betrieb arbeitet?!

      Davon abgesehen ist für die Einschätzung des wissenschaftlichen Wahrheitsgehaltes zunächst völlig egal, wer wo arbeitet und von wem bezahlt wird. Die „grünen“ Netzwerke wie etwa das PIK in Potsdam erhalten Milliarden vom Staat, von „Öko“-Kapitalisten und (z.B. über Stiftungen) und sogar von der Hochfinanz. Warum? Weil Öko-Investments (z.B. die Energiewende) sehr profitabel sind aufgrund von Subventionen und künstlichen Konkurrenzvorteilen, z.B. den EEG-Regelungen, und die Massen dafür bezahlen müssen.

      Doch auch das darf nicht zum Anlass genommen werden, daraus eine Unwissenschaftlichkeit abzuleiten. Diese muss wissenschaftlich bewiesen werden! Deine Methode des Urteilens ist rein ideologisch und nicht wissenschaftlich. Zum Vergleich: Marx bezog sich auf Darwin, obwohl dieser politisch ein Reaktionär war.

      Diese Methode, der Du und das Gros der Linken folgt (und dabei naiv dem „offiziellen“ bürgerlichen medialen Mainstream glauben) führt auch dazu, dass die Linke und die Arbeiterbewegung so am Arsch sind, überall hinterher hinken und links-bürgerliche Obskuranten Oberwasser bekommen (freilich kann man auch in diesem ersaufen).

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