Der Filz der Macht

Paul Pfundt

Der Skandal um die Personalien in Habecks Ministerium für Wirtschaft und Klima ging aus wie das Hornberger Schießen: einige Leute, v.a. Staatssekretär Patrick Graichen, mussten ihren Hut nehmen. Aber Minister Habeck selbst, der direkt dafür verantwortlich ist, dass etliche Spezis, Verwandte und Bekannte Posten in seinem Ministerium bekamen, blieb im Amt. Das wäre noch vor einigen Jahren kaum denkbar gewesen. Damals reichten oft schon kleine „Missgeschicke“ eines Ministers, um seinen Posten räumen zu müssen.

Die mediale und politische Aufarbeitung der „Causa Habeck“ war von zwei „Strömungen“ geprägt: die eine Seite erregte sich über die „grüne“ Vetternwirtschaft, vermied es aber, inhaltlich tiefer zu bohren und forderte meist auch nicht den Rücktritt Habecks, um die Ampel-Koalition nicht zu zerlegen. Die andere Strömung trat da schärfer auf, forderte auch den Rücktritt von Habeck und nahm den ganzen Fall zum Anlass, die unseriösen und undemokratischen Strukturen hinter der Klima- und Energiepolitik der Grünen – und in deren Windschatten – auch der anderen Parteien zu kritisieren.

Beiden Strömungen ist aber gemeinsam, dass sie meist an der Oberfläche blieben und die hinter den Vorgängen im Habeck-Ministerium und der gesamten Klima- und Energiepolitik verborgenen grundlegenden gesellschaftlichen Fehlentwicklungen nicht sehen.

Personalien

Die Vetternwirtschaft aus Freunden, Bekannten und Trauzeugen ist tatsächlich kritikwürdig – doch warum? Prinzipiell ist es kein Problem, wenn ein Minister Leute in sein Ministerium holt, mit denen er gut kann. Ob jemand eines anderen Trauzeuge ist oder nicht, sollte dabei keine Rolle spielen. Bevorteilung, Korruption u.a. Vergehen sind auch möglich, wenn die Akteure nicht verwandt sind. Die dahinter liegenden Probleme sind ganz andere.

Zum einen zeigt sich, dass der Staatsapparat, darunter die Staatsbeamten, nicht gewählt werden und schon gar nicht abgewählt werden können. Sie stehen somit weitgehend außerhalb demokratischer Mechanismen. Personalien werden meist von den Parteien untereinander ausgekungelt. Wir haben es hier also nicht mit einem individuellen Vergehen eines Ministers zu tun, sondern mit einem Versagen der bürgerlichen Demokratie. Das äußert sich auch darin, dass es für die Öffentlichkeit kaum möglich ist, Einblick in die Arbeit von Ministerien zu haben. Das wiederum verweist auf ein anderes Problem.

Ex-Staatssekretär Patrick Graichen, „Architekt“ der Habeckschen Energiepolitik, und seine handverlesenen Mitarbeiter kommen meist aus der „grünen“ Klimaalarmisten-Szene, konkret von der Agora-Energiewende. Agora ist eine NGO, die als „Thinktank“ agiert. Sie hatte und hat enormen Einfluss auf die klima-und energiepolitische Debatte. Ihre Mitarbeiter sind von niemand gewählt oder beauftragt – sie bewegen sich komplett außerhalb demokratischer Prozesse und wissenschaftlicher Strukturen. Sie haben sich selbst ernannt. Diese Rolle als „freischwebende“ – und hauptamtliche – „Experten“ können sie nur spielen, weil sie mit enormen Geldmitteln ausgestattet sind. Diese kommen hauptsächlich aus „grünen“ Stiftungen, z.B. der Mercator-Stiftung. Hinter diesen Stiftungen, von denen es inzwischen Dutzende gibt, die miteinander eng vernetzt sind, stehen viele Milliarden schwere Einzelspender, aber auch Kapitalverbände, die an „grünen“ Klima- und Energieinvestments gut verdienen. Auch diese agieren außerhalb jeder demokratischen Einflussnahme. Die wichtigsten dieser Organisationen und deren Spender kommen aus den USA. Insofern ist es nicht übertrieben zu sagen, dass die deutsche Energiewende-Politik stark von den Interessen dieser US-Kapitalagenturen beeinflusst ist. Agora ist aber nur einer von vielen ähnlichen Vereinen, Instituten und NGOs, die sich mit Umwelt-, Klima und Energiepolitik befassen und einen enormen Einfluss auf Medien und Politik haben. Zu ihnen gehören z.B. die bekannte „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH) oder Greenpeace.

Propaganda statt Wissenschaft

Problematisch an diesen Einrichtungen ist nicht nur ihre Existenz außerhalb demokratischer Prozesse und deren Abhängigkeit von bestimmten Kapitalfraktionen, sondern auch, dass sie – obwohl Klima, Energie und Umwelt Themen sind, die direkt mit Naturwissenschaft und Technik verbunden sind – auch weitgehend außerhalb jeder Wissenschaft stehen. Wir müssen uns vor Augen halten, dass die Universitäten und diverse Wissenschaftseinrichtungen wie z.B. die Fraunhofer-Gesellschaft über genügend fachliches Knowhow verfügen, um solide Expertisen für eine sinnvolle Politik in diesen Bereichen zu erstellen. Dafür braucht es keine besonderen „Neben-Strukturen.“

Die meisten und entscheidenden Leute bei Agora, DUH und Co. sind keine Wissenschaftler oder Techniker, sondern politische Propagandisten. Die Mehrzahl von ihnen haben keine naturwissenschaftlich-technische Ausbildung vorzuweisen, ja selbst Umweltaktivisten sind dort kaum vertreten. Hier zeigt sich dasselbe Bild wie auch in den Parlamenten: es dominieren Berufsgruppen, die vom „wirklichen Leben“, von Naturwissenschaft und Technik keine Ahnung haben. Das war beim Parlamentarismus zwar schon immer so, das Problem ist aber, dass die Bedeutung von Wissenschaft und Technik für die heutige Gesellschaft weit größer ist als früher. Die Folge ist, dass die Schere zwischen den objektiven Erfordernissen der Gesellschaft und der Qualifikation ihrer politischen Gremien immer weiter aufklafft.

Das Problem mangelnder Fachkompetenz in den demokratischen Entscheidungsgremien inkl. den Regierungen ist nicht neu. Man hat daher Beratungsstrukturen etabliert, tw. in Gestalt der Ministerialbürokratie, tw. in Gestalt von Instituten und Fachämtern oder als „Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags“. Oft sind deren Expertisen auch durchaus brauchbar. Doch in den letzten Jahrzehnten, bes. nachdem die Grünen eine größere Rolle in der Politik spielen, haben sich deutliche Veränderungen vollzogen: 1. wurden diese Gremien immer stärker mit „Spezies“ der Parteien besetzt, anstatt mit wirklichen Fachleuten oder aber es wurden unbequeme Fachleute durch politisch angepasste ersetzt. Das war aber nur deshalb möglich, weil die Fachgremien personell nicht von der Wissenschaft demokratisch gewählt, sondern von Staat und Politik direkt oder indirekt bestimmt werden. Ein zweites Problem ist, dass Fachinstitute dem Staat bzw. den Ministerien unterstehen und nicht mehr unabhängig sind. Ein Beispiel dafür ist das RKI, das während der „Coronapandemie“ weitgehend nicht als objektiver Berater agierte, sondern als Scharfmacher. 3. macht sich immer stärker bemerkbar, dass die Regierung fast nur noch auf Gremien oder Berater zurückgreift, die ihr Narrativ stützen. Dazu gehört etwa das klimaalarmistische PIK. Hier spielen auch die Großmedien eine entscheidende Rolle, indem sie fast nur noch Leute und Meinungen präsentieren, die der offiziellen Regierungsmeinung entsprechen. Anstatt Information sind Meinungsmache und Scharfmacherei angesagt, der Debattenraum ist nur noch ein sehr schmaler Korridor.

Diese Veränderungen führten dazu, dass immer mehr Entscheidungen getroffen werden, die zwar bestimmten Lobbyinteressen dienen, aber der Gesellschaft schaden. Die Politik wird immer bornierter, ja irrationaler, der Diskurs immer aufgeladener und einseitiger. Eine Gesellschaft aber, die so dysfunktional ist, gerät immer mehr in Widerspruch zu den objektiven Anforderungen ihrer Entwicklung und zur Lösung von Problemen. Deutschland ist dafür aktuell das Paradebeispiel. Die Grünen haben die irrationalen Züge in Staat und Politik gewaltig verstärkt. Früher waren Typen wie Habeck oder Baerbock, die sichtlich überfordert und beratungsresistent sind, als Minister schwer vorstellbar.

Demokratie am Ende?

Die bürgerliche Demokratie war schon immer weitgehend eine reine Kulissendemokratie, weil wesentliche Bereiche der Gesellschaft fast völlig außerhalb jedes demokratischen Einflusses blieben: die großen Produktionsmittel, der Staatsapparat (v.a. die Sicherheitskräfte), große Teile der Medien usw. Die bürgerliche Demokratie ist nie etwas anderes als eine spezifische Form der Machtausübung, der Diktatur des Kapitals. Doch seit 20-30 Jahren hat sich die Situation noch verschlechtert. Die Parlamente werden immer häufiger einfach übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt (Coronamaßnahmen). Über NGOs und Lobbyorganisationen, die außerhalb jeder Demokratie stehen, haben immer größeren Einfluss auf politische Entscheidungen. Teile von Politik, Medien und Bewegungen (Klimaschützer) diskutieren ganz offen darüber, diktatorische Verfahren wie in China einzuführen, um endlich ungestört durchregieren zu können.

Es hat sich ein Filz aus Politikern, Staatsbürokratie, Leitmedien, linientreuen „Wissenschaftlern“, Lobbyisten und „unabhängigen“ Thinktanks wie Agora u.a. NGOs etabliert, die alles bestimmen. Letzten Endes agieren sie aber wie auch schon früher nur als Instrumente des Kapitals bzw. bestimmter Kapitalfraktionen. Allerdings haben sich die irrationalen Elemente deutlich verstärkt, es werden z.B. wesentliche wirtschaftspolitische Entscheidungen getroffen (Energiewende), die der deutschen Bourgeoisie insgesamt zweifellos schaden (von der Bevölkerung ganz abgesehen). Doch es gibt andererseits auch Fraktionen, die daraus zeitweilig Nutzen ziehen.

Es ist durchaus nicht übertrieben, wenn einige Kommentatoren Gemeinsamkeiten sehen zwischen der SED-Herrschaft, der Weltfremdheit und Abgehobenheit ihres Politbüros, und den Regierungen unter Merkel oder der Ampel und dem politisch-öffentlich-staatlichen Bereich der BRD heute, der von einer Mischung aus bürokratischem Stillstand und irrationalem Aktionismus geprägt ist. Dabei war der SED-Apparat im Vergleich zu den Grünen eher noch ein Hort der Vernunft.

Die Rolle der Parteien

Der Parlamentarismus beruht auf den Parteien. Diese, durch staatliche Gelder (Wahlkampfkostenerstattung u.a.) massiv geförderten Strukturen stellen die Parlamente, die Regierung und die Spitzen des Staatsapparats. Ihre Spitzenleute bestimmen wesentlich die Themen der Medien. Parteien entstanden im 19. Jahrhundert. Damals war es noch möglich, dass einzelne Menschen fast alle Probleme der Gesellschaft beurteilen konnten. Das ist so heute nicht mehr möglich, weil die Gesellschaft weitaus differenzierter geworden ist und Wissenschaft und Technik eine deutlich größere Rolle spielen. Nun sind aber Parteien keine Organisationen, die sich primär mit Wissenschaft und Technik befassen (können) – sie befassen sich mit Politik. Insofern sind Parteien strukturell auch nur unzureichend in der Lage, reale Probleme zu verstehen und adäquat zu reagieren. Da die Parteien zunehmend auch die fachlichen Beratungsgremien der Politik personell, durch Geldflüsse u.a. Maßnahmen in ihrem Sinn beeinflussen, verschärft sich das Problem. Dazu kommt noch die Abgehobenheit der „politischen Klasse“, die sich zunehmend in einer sozialen und ideologischen Blase bewegt.

Diese „Kompetenzkrise“ der bürgerlichen Demokratie hat grundsätzlich damit zu tun, dass im Kapitalismus die Politik zu einem vom „normalen“ Leben separierten Bereich wurde. Damit verbunden ist das politische „Spezialistentum“. Jene, die mit dem Leben, d.h. mit der produktiven Arbeit, verbunden sind, haben nichts zu sagen, während die Politiker, die das Sagen haben, wenig Ahnung von der Realität haben. Auch das ist ein Aspekt von Klassenherrschaft. Gerade die Grünen sind ein typischer Fall mit ihrer Ansammlung von Leuten ohne Ausbildung oder Abschluss, die sich nur in einer politischen Sonderwelt bewegen.

Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Parteien strukturell den Anforderungen einer komplexen Gesellschaft nicht mehr genügen.

Alternative Rätedemokratie

Im Zuge des Klassenkampfes hat die Arbeiterklasse Formen der Selbstorganisation entwickelt, um ihre Kämpfe zu organisieren, zu kontrollieren, zu führen und mit ihnen eine alternative Gesellschaft aufzubauen. Diese Strukturen waren die Räte (auch Kommune oder Sowjets genannt). Räte sind zugleich Kampforgane, Diskussions- und Entscheidungsgremien, die sich sozial auf die Arbeiterklasse (bzw. auf die revolutionären Soldaten oder die Bauern) stützen und mit ihnen direkt verbunden sind. Ihre Delegierten werden direkt von der Basis gewählt und kontrolliert, sind jederzeit abwählbar und haben keine Privilegien. Im Unterschied zu den heutigen Parteien sind sie nicht abgehoben, sondern direkt mit der sozialen Basis, v.a. den Lohnabhängigen, verbunden. Das Problem der Weltfremdheit unserer Politiker, ihrer Isolierung von den realen sozialen Vorgängen gibt es so im Rätesystem nicht – vorausgesetzt es funktioniert gemäß den Prinzipien der Rätedemokratie.

Trotz aller Vorteile haben Räte ein ähnliches Problem wie das parlamentarische heute: auch sie sind v.a. politische Organe. Die Verwaltung eines Betriebes oder spezifisch technische Fragen des Energiesystems können von Räten nicht adäquat gelöst werden. Dafür braucht es auch in der Rätedemokratie besondere Organe wie Genossenschaften, Betriebsräte, Konsumentenvertretungen, gewählte Fachgremien von Wissenschaftlern oder Ingenieuren. Erst ein System, in dem all diese Strukturen miteinander verbunden sind, ist ein effektives Rätesystem. Die Erfahrung mit dem Stalinismus hat gezeigt, dass auch die Vorstellung, dass eine Partei die führende Rolle innehat, falsch ist, weil eine Partei eben nicht die wundersame Kraft hat, die Gesellschaft effektiv zu führen. Es heißt auch bei Marx nicht zufällig „Diktatur des Proletariats“ und nicht „Diktatur der Partei“. In der Klassengesellschaft, in der wir uns immer noch bewegen, ist eine revolutionäre Arbeiterpartei nötig, weil nur sie bestimmte Funktionen erfüllen kann, die für den Klassenkampf des Proletariats unverzichtbar sind, z.B. die Erarbeitung und Verbreitung eines konsistenten Programms. Doch für bestimmte Funktionen braucht die Arbeiterklasse eben auch andere Strukturen wie Gewerkschaften, Räte, Selbstverwaltungsorgane, Spezialistengremien usw.

Durch die Sozialdemokratie, den Stalinismus (und in bestimmten Aspekten auch vom Bolschewismus) wurde die Marxsche Staatstheorie grundlegend verfälscht. Während Marx davon sprach, dass im Kommunismus der Staat abgestorben sein würde, und auf die Pariser Commune als Beispiel für eine rätedemokratische Ordnung verwies, sahen Sozialdemokratie und Stalinismus in der Übernahme bzw. der Reformierung des Staatsapparates die Perspektive. Es ist höchste Zeit, dass die revolutionäre Linke die Konzeption einer Rätedemokratie – ausgehend von den Marxschen Prämissen (eine Räte-Theorie hatte er nicht) – weiterentwickelt, von dieser Basis aus die heutige bürokratische Parteien-Demokratie kritisiert und Alternativen aufzeigt und (soweit im Kapitalismus möglich) in Ansätzen verwirklicht.

Die Vorgänge im Hause Habeck und seine Politik, die sich oft an der Grenze zur Lächerlichkeit bewegt, sind nur die Spitze des Eisbergs. Sie sind Ausdruck der zunehmenden Degeneration und des Irrationalismus des Kapitalismus.

Gegenmacht

Diese fatalen Tendenzen konnten aber nur deshalb so durchschlagen, weil die Linke und die Arbeiterbewegung als Gegenmacht nahezu komplett ausfallen und die diversen bürgerlichen Ideologien und Bewegungen – besonders die „grünen“ – kaum mehr Kritik von links fürchten müssen. Die weitgehend unkritische Übernahme des Klimakatastrophen-Narrativs, der Atomphobie, der Genderei, der Corona-Hysterie u.a. Idiotien offenbart ein Ausmaß von Verblödung der Linken, das man noch vor 30 Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Der „Marxismus“ ist degeneriert und zu einem Dogma geworden. Deshalb hat er weitgehend seine intellektuelle und humanistische Sprengkraft eingebüßt. Wie müssen wieder vorwärts – zu Marx. Wir müssen uns wieder seine materialistische, historisch-kritische und dialektische Methode aneignen. Wir müssen uns auf die Arbeiterklasse orientieren – nicht auf die untauglichen Rezepte von Stalinisten, Reformisten und auf „grüne“ Aktivisten, die auf Bäumen wohnen oder sich auf Straßen kleben.

Anstatt die „grünen“ Aktivisten und Konzepte mehr oder weniger zu unterstützen, müssten Linke fordern, dass z.B. die Energiepolitik grundlegend neu überdacht wird. Demokratisch gewählte Vertreter von Wissenschaft und Technik (nicht selbsternannte Pseudoexperten) und der Beschäftigten in der Energiewirtschaft müssten einen Plan zur Entwicklung des Energiewesens ausarbeiten. Dieser würde ganz gewiss völlig anders aussehen als die von „grünen“ Schrullen und Aberwitzigkeiten strotzende „Energiewende“. Dass die Linken das fast alle nicht fordern, zeigt allein schon deren Ferne zur Realität und zur Arbeiterklasse.

Ein Gedanke zu „Der Filz der Macht“

  1. Es gibt einen geradezu riesenhaften blinden Fleck in der Wahrnehmung bei allen in der Gesellschaft, selbstverständlich auch bei denen der Arbeiterklasse.

    Nämlich daß Produktivitätszuwachs etwas an sich bereits zwar sehr Schönes ist, daß er unter dem Regime von Kapital und Lohnarbeit aber unausweichlich in die Barbarei führt. Kann jeder sich an drei Fingern abzählen. Wenn er es denn WOLLEN würde. Sprich: Wenn ihm die Rolle des Opferlamms nicht so heilig geworden wäre, daß sie sein Selbstverständnis ausmacht. Nicht nur Nietzsche, auch Marx und Engels diagnostizierten beim modernen Menschen einen quasi religiösen Wahn. Noch nie war er so wahnsinnig wie heute.

    Unwahnsinnig beschaut, ist Produktivitätszuwachs von wettbewerblichem Preisdruck erzwungene Kostensenkung zum Zwecke der Gewinnsicherung. Der blinde Fleck aber behauptet, Kostensenkung sei nicht etwas dem Kapital Aufgezwungenes, sondern dessen Profitgier geschuldet. Dummes Zeug! In gesättigten Märkten ist Kostensenkung zugleich Kaufkraftverlust, Entlassungen und Investitionsnotstand. Was unweigerlich zu den im Beitrag oben beschriebenen Verhältnissen führt.

    Vetternwirtschaft aber ist das ganz sicher nicht, es handelt sich ganz schlicht um gesetzlich gestützte organisierte Kriminalität. Am allemal grellsten ist jener blinde Fleck in der Wahrnehmung in der Sache Bundesagentur für Arbeit. In der Sprache des Bundeskriminalamts gesagt, handelt es sich bei jener Agentur um eine gesetzlich gesicherte institutionelle Hülle einer organisiert kriminellen Struktur aus in Drittelparität aufgestellten Verbandsvertretern der Arbeitgeberschaft, der Arbeitnehmerschaft und der Gemeinden.

    Die riesenhaften blinden Flecke in der Wahrnehmung der übergroßen Mehrheit aller stürzen entwickelte Industriegesellschaften in die Barbarei, und dies ganz unabhängig von der Klassenzugehörigkeit. Wo linker Populismus „kapitalistische Gier“ am Werke sieht, regiert in Wahrheit die Geburtsstätte allen Verbrechens, die blanke Not.

    Ja, richtig, noch nie waren die Opferlämmer so irre/wahnsinnig/kriminell/verblödet wie heute. Nicht aufstehen und blöken, sondern sehen und verstehen!!!

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