Brüsseler Luftnummer — Neue EU-Abgasverordnung

Paul Pfund

Parallel zum 24. Klimagipfel in Kattowitz wurde auch die EU-Bürokratie in Brüssel aktiv. Sie brachte eine Verordnung auf den Weg, die festlegt, dass ab 2030 (also in nur 12 Jahren) neue PKW und Kleintransporter nur noch 60 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren dürfen, was in etwa einem Verbrauch von 2,5 Liter Benzin oder 2,3 Liter Diesel pro 100 km entspricht.
Die Vorgaben beziehen sich allerdings nicht auf das einzelne Auto, sondern auf den Flottenverbrauch, d.h. auf den Emissions-Durchschnitt aller produzierten Autos eines Herstellers. Praktisch bedeutet das, dass auf ein produziertes Verbrenner-Auto ein bis zwei E-Autos kommen müssten, um den vorgegebenen Flottenverbrauch einzuhalten. Angesichts der bisher trotz aller Förderungen völlig marginalen Verkäufe von E-Autos ist es schwer vorstellbar, dass ein solch hoher Anteile erreicht werden kann.
Die Umsetzung dieser Richtlinie würde also bedeuten, dass die Produktion bzw. der Verkauf aller Autos mit Verbrennungsmotor fast unmöglich würde. Denkbar sind dann nur noch Kleinstwagen, welche die CO2-Vorgaben unter günstigen Umständen erreichen könnten.

Das Klima-Argument

Die Befürworter der neuen EU-Vorschrift verweisen darauf, dass es unumgänglich sei, den Ausstoß von CO2 zu senken, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Doch erstens fehlt jeder wissenschaftliche und empirische Beleg dafür, dass CO2 die Temperaturwirkung hat, die immer behauptet wird. So sind die globalen Temperaturen in den vergangenen ca. 20 Jahren nicht oder fast nicht mehr gestiegen, obwohl der CO2-Anteil der Atmosphäre in dieser Zeit stärker zugenommen hat als zuvor. Doch selbst wenn die CO2-These stimmen würde, ist das Argument falsch, weil der Anteil Deutschlands bzw. der EU am globalen anthropogenen CO2-Ausstoß sehr gering und davon wiederum der Anteil des PKW-Verkehrs niedrig ist. D.h. die hypothetische Temperaturminderung wäre so gering, dass sie nicht messbar ist.

Ein weiteres Argument gegen die EU-Vorgabe ist der Umstand, dass der Strom für E-Autos heute und noch jahrelang nur aus der Verbrennung fossiler Stoffe kommen kann. Eine weitgehende Umstellung auf E-Mobilität würde zudem bedeuten, dass sich die Stromerzeugung etwa verdoppeln müsste. Auch der weitere Ausbau der „Erneuerbaren“ könnte diesen Bedarf bei weitem nicht decken, umso weniger, als man ja aus Kohle und Kernkraft aussteigen will. Dabei sehen wir noch davon ab, dass eine sichere Stromversorgung auf Basis von Wind- und Sonnenstrom gar nicht möglich ist, weil das allen Gesetzen der Technik und der Naturwissenschaft widerspricht. Für ein auf den „Erneuerbaren“ beruhendes Stromsystem wäre ein Ausbau des Netzes und v.a. der Speichermöglichkeiten nötig, die allein schon finanziell und ökonomisch alle Dimensionen sprengen. Über diese Tatsachen werden wir von Politik, Medien und „Experten“ regelrecht belogen.

Die Realität der E-Autos

Zu diesen Lügen zählt auch das Märchen, dass E-Autos emissionsfrei wären, obwohl die Emissionen nur woanders entstehen und nicht etwa verschwinden.

Der Batterieantrieb bedeutet, dass das Fahrzeuggewicht (und damit der Energieverbrauch) erheblich steigen. Die Anschaffungskosten (inkl. des Ersatzes der Batterien nach wenigen Jahren) sind viel höher als bei Verbrennungsmotoren. Die Reichweite von E-Autos ist generell zu gering, jeder Zusatzaufwand für Heizung, Klimaanlage oder Zuladung mindert sie zusätzlich. Eine Schnellaufladung von Batterien – Voraussetzung für längere Fahrten – ist technisch nicht zufriedenstellend gelöst. Die Weiterentwicklung der Batterietechnik in den letzten Jahren hat gezeigt, dass für Euphorie kein Anlass besteht. Zwar konnten die Speichereigenschaften verbessert werden, doch nur auf Kosten von „Nebeneffekten“: höhere Kosten, geringere Haltbarkeit, höherer Verschleiß und mehr Sicherheitsrisiken (Brandgefahr). Die Batterietechnik wird somit in den nächsten 10-20 Jahren keinesfalls so entwickelt sein, dass sie für eine durchgehende E-Mobilität oder gar als Speichertechnik für die EE genutzt werden könnte.

Innovation per Gesetz?

Die EU-Bürokraten glauben, dass die technische Innovation durch gesetzliche Vorgaben beschleunigt werden könnte. Doch auch hinsichtlich der technischen Innovation erweisen sich die Bürokraten als weltfremd und technisch unbedarft. Zu welchen Fortschritten die Technikentwicklung in der Lage ist, ergibt sich v.a. aus der Technik selbst bzw. aus der Menge Kapital, die in Forschung und Entwicklung investiert wird. Zwar kann die Politik durch Vorgaben, Grenzwerte oder Subventionen die Dynamik der Entwicklung unterstützen, doch das, was bezüglich der Abgasgrenzwerte aus Brüssel kommt, ist etwas ganz anderes. Die Brüsseler Spitzen handeln stets nach dem Motto „Viel hilft viel“ und legen willkürlich Grenzwerte fest, die den Rahmen des realen technischen Fortschritts weit überschreiten. Prinzipiell ist technisch zwar vieles möglich, doch müssen Aufwand und Nutzen in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Das ist der EU-Bürokratie jedoch anscheinend egal bzw. sie haben keine Ahnung vom Stand der Technik und deren Entwicklungsspielräumen. So führten die immer strengeren Vorgaben für die CO2-Werte von PKW schon bisher dazu, dass die Hersteller nahezu gezwungen waren, diese zu Lasten der Nichteinhaltung der NOx-Werte zu erreichen.
Wer glaubt, die Autokonzerne waren bisher einfach zu dumm, um die Emissionswerte einzuhalten und hätten deshalb einfach so die Abgas-Software manipuliert – mit dem teuren Risiko, dass der Betrug auffliegt -, der täuscht sich gewaltig und übersieht, mit welchen realen technischen Problemen und mit welchem Konkurrenzdruck VW und Co. konfrontiert sind. Das entschuldigt deren Vorgehen aber nicht und schon gar nicht entschuldigt es, dass die Dieselautofahrer die Zeche zahlen sollen. Doch liegt die Mitverantwortung für das entstandene Desaster (das aber eigentlich nur ein behauptetes Problem ist) auch bei der Politik, dem Staat und den „grünen“ Lobbygruppen. Die neuen Vorgaben aus Brüssel sind für das Klima egal, sie werden jedoch wieder neue Probleme schaffen – und wir ahnen schon, wer die Suppe wieder auslöffeln muss.

Falsche Kritik

Auch wenn die Maßnahme der EU jenseits aller Vernunft und Machbarkeit angesiedelt ist, so ist deshalb nicht jede Kritik a priori richtig. Die „Klimakritiker“ lehnen korrekterweise die EU-Vorgabe als so unnütz wie utopisch ab. Sie meinen, dass es den „links-grünen“ Bürokraten in Brüssel darum ginge, den Autoverkehr und die Autoindustrie abzuschaffen. Das mag für einen Teil der „grün-linken“ Szene sogar zutreffen. Doch anzunehmen, dass das für die EU und ihre Strukturen insgesamt zuträfe, ist absurd. Die EU – wie alle bürgerlichen Regierungen – dient letztlich den Interessen des (Gesamt)Kapitals. Als solche würden sie niemals die Absicht haben, zentrale Teile des Kapitals wie die Autoindustrie „abzuschaffen“. Tatsächlich geht es auch den Grünen nur darum, das Kapital umwelt- und klimafreundlicher zu machen. Dazu sollen (vermeintlich) schmutzige Technologien durch „grüne“ Technik ersetzt werden, wozu Subventionen, Investitionen und staatliche Maßnahmen wie das EEG dienen – insgesamt ein riesiges Konjunkturprogramm. Die Abgasvorschriften betreffen zudem nicht nur Autos aus der EU, sondern auch die aller anderen Hersteller, deren Fahrzeuge dann in der EU nicht mehr zugelassen würden, wenn sie die EU-Vorgaben nicht erfüllen. Ein Konkurrenznachteil der europäischen Hersteller ist also kaum gegeben.

Die Systemfrage

Das Hauptproblem liegt darin, dass der Zusammenhang zwischen technischer Innovation, gesellschaftlichem Nutzen und Ökologie in der kapitalistischen, auf Profitmaximierung ausgerichteten Produktionsweise oft nicht gewährleistet ist oder gar im Widerspruch dazu steht. Insofern wundert es nicht, dass es daran Kritik gibt und versucht wird, die Situation zu verbessern. Aufgrund der tiefen Krise und der Schwäche der anti-kapitalistischen Kräfte und des in der Arbeiterbewegung dominierenden Reformismus kommt die Kritik aber nicht aus der Arbeiterklasse, sondern aus den (lohnabhängigen) Mittelschichten – das „grüne“ Milieu. Dessen Ideologie und seine politische Methode sind entsprechend: verständliche Reaktionen auf reale Probleme sind gekoppelt mit irrationalen, unwissenschaftlichen Ansichten und Übertreibungen. Widerstand gegen bestimmte Seiten des Kapitalismus wird ergänzt durch die Nutzung bürgerlicher Mechanismen und Institutionen und grüne Geschäftemacherei.

Der Ökologismus und dessen aktuelles Herzstück, die Mär von der drohenden Klimakatastrophe, ist eine besondere Form von Reformismus. Als solcher müsste er von MarxistInnen grundsätzlich kritisiert werden – doch er wird von ihnen stattdessen nur kopiert und mit einem antikapitalistischen Zusatz versehen.

Verkehrswende?

Die E-Motorisierung ist ein technisch und finanziell unrealisierbares Monsterprojekt, das zudem gar nicht notwendig ist. E-Fahrzeuge (wie die „Erneuerbaren“) sind somit nur für begrenzte Nischenanwendungen sinnvoll. Positive Effekte für Umwelt und Verkehr sind nur denkbar, wenn das gesamte System von Produktion und Distribution, aus dem sich ja ein bestimmtes Verkehrssystem ergibt, geändert würde. Das ist ohne die Überwindung der privaten Eigentumsverhältnisse und eine Umwälzung der gesellschaftlichen Funktionsweisen jedoch unmöglich.

Die EU-Bürokraten und auch die „grüne“ Szene haben keinesfalls die Absicht, den Kapitalismus oder auch nur wesentliche seiner Grundlagen zu ändern. Sie wollen ihn nur grüner haben (obwohl ihr Maßnahmen oft gerade das Gegenteil bewirken). Daher zielen ihre Projekte auf „Insellösungen“, die oft unrealistisch oder gar schädlich sind. Die Elektrisierung des Autoverkehrs ändert am Verkehrssystem gar nichts, außer dass es energetisch weniger effizient wird.

Die Lösung liegt vielmehr darin, den Gesamtverkehr rationeller und damit ökologischer zu machen. Dazu müsste aber u.a. die wirtschaftliche Konkurrenz durch ein System gesellschaftlicher Planung ersetzt werden, um „unnützen“ Verkehr zu vermeiden.

Bei der Förderung der E-Mobilität werden enorme Ressourcen ohne jeden Nutzen vergeudet, anstatt sie für vernünftige Maßnahmen zu verwenden: Verbesserung des ÖPNV, Förderung von Strukturen für Mitfahrgelegenheiten und Carsharing usw. Gerade im letzteren Bereich fände die Arbeiterklasse und die Linke (die beides erfunden hat) ein reiches Betätigungsfeld. (She. dazu: https://aufruhrgebiet.de/2017/03/teile-und-herrschegesellschaftliche-perspektiven-des-carsharings/) Doch die programmatische Beschränktheit der Linken, ihre Vernachlässigung des Genossenschaftsgedankens sowie der allgegenwärtige Reformismus verhindern jede Initiative in diesem Bereich.

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