Danni, Hambi und die Linke

Hanns Graaf

Der Konflikt und den Dannenröder Forst – von AktivistInnen Danni genannt – ist inzwischen beendet. Die Baumhäuser der BesetzerInnen sind von der Polizei geräumt worden und die A 49 wird fertig gebaut. Wie schon bei den Protesten im Hambacher Forst (Hambi) endeten die Aktionen letztlich in einer Niederlage. Zwar gelang es zeitweise, mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen und eine aktivistische Bewegung zu schaffen, doch in beiden Fällen konnten Staat und Unternehmen ihre geplanten Projekte – hier den Autobahnbau, dort den Kohleabbau – weiterführen. Die Linke und die „grüne Bewegung müssen sich daher die Frage stellen, warum sie keinen Erfolg hatten und ob ihre Strategie und Taktik richtig sind.

Jede politische und soziale Bewegung kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie – zumindest scheinbar – der Lösung eines realen Problems dient, wenn sie sich auf relevante soziale Kräfte stützt und geeignete Mittel und Methoden wählt. Um es vorweg zu nehmen: die Aktionen im Hambi wie im Danni offenbarten, dass alle drei Anforderungen nicht erfüllt waren. Das wollen wir im Folgenden zeigen. Wir betrachten dabei v.a. die Danni-Aktionen, bezüglich des Hambacher Forstes verweisen wir auf unsere früheren Beiträge dazu: Fünf Mythen zum hambacher Forst sowie Hambacher Forst: Fakten vs. Fakes.

Worum ging es beim Danni?

Für den Weiterbau der A 49 von Kassel nach Gießen sollten 85 Hektar Wald gerodet werden, davon 27 davon im Dannenröder Forst (ein Hektar = 100×100 Meter). Die Planung für die A 49 begann schon vor 40 Jahren, die Fertigstellung verzögerte sich aber immer wieder. Von Beginn an gab es Widerstand gegen das Projekt. Die Schutzgemeinschaft Gleental e.V. sowie die Aktionsgemeinschaft Schutz des Ohmtals setzten sich für den Erhalt des Waldes ein. Der BUND Hessen reichte zweimal Klage ein. 2019 schlossen sich dann mehrere Initiativen zum Bündnis „Keine A49!“ zusammen. Im Juni 2020 wies das BVerwG die Klage des BUND ab. Damit war juristisch der Weg für den Weiterbau frei. Auch die Bundesregierung und der Bauträger DEGES sehen durch den Bau kein erhöhtes Risiko für das Trinkwasser, sie verweisen – zu recht – auf bereits vorgenommene Bodensanierungen und eine Vielzahl von Untersuchungen und Schutzmaßnahmen.

Die AktivistInnen behaupten, im Interesse der Mehrheit und mit deren „Mandat“ zu handeln. Tatsächlich überreichten die A 49-Gegner im November 2020 auch 225.000 Unterschriften gegen den Bau der A 49 und für eine „klimagerechte Verkehrspolitik“ an den hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Andererseits gibt es auch viele Stimmen aus der ansässigen Bevölkerung, die den Bau der A 49 befürworten, weil sie unter dem LKW-Verkehr, der sich durch ihre Ortschaften quält, leiden und Abhilfe erwarten. Alle regionalen politischen Gremien (CDU, SPD, Grüne, Kreistag Vogelsberg usw.) sprachen sich ebenfalls für den Weiterbau aus.

Wogegen richtete sich der Protest? Zunächst gegen die Waldrodung. Daneben ging es aber auch darum, dass die Gegend eine wichtige Trinkwasserressource für Mittelhessen ist. Die Sorge der A 49-GegnerInnen war, dass durch die Bautätigkeit Schadstoffe im Boden freigesetzt werden könnten, die dann ins Grundwasser gelangen. Expertisen zeigen aber, dass diese Gefahr kaum besteht bzw. Schäden durch Vorsicht beim Bauen vermieden werden können. Hier ginge es also v.a. um eine effiziente Kontrolle der Bauarbeiten. Zudem ist die Baugenehmigung mit konkreten Umweltauflagen verbunden. So sind Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen, u.a. die Renaturierung von Gewässern. Auch da ginge es darum, die Durchführung dieser Ausgleichsmaßnahmen zu kontrollieren, da es oft bei Ausgleichsmaßnahmen oft bei Versprechungen bleibt. Dass das Hauptaugenmerk der Bewegung immer nur auf der Verhinderung der Projekten liegt, sie also auf die unwahrscheinlichste Variante setzt, erweist sich als Sackgasse. Auch hinsichtlich der ausgekohlten Braunkohletagebaue wird immer so getan, als bleibe dort eine Mondlandschaft zurück. Dabei werden alle (!) Alttagebaue renaturiert – und zwar bezahlt von den Unternehmen, die dafür nachweisbar Mittel vorhalten müssen. Ohne dem wird gar keine Betriebserlaubnis erteilt.

Die Wasserfrage ist das zweite Problem. Die Tendenz der Austrocknung mancher Regionen in Deutschland gibt es, sie hat aber nicht – wie immer behauptet – mit dem Klimawandel zu tun. Zwar gab es 2018/19 sehr trockene Sommer, das sind jedoch Wetterphänomene, kurzzeitige Schwankungen, die nichts mit dem Klima zu tun haben. Das zeigen auch die Daten des Deutschen Wetterdienstes (der keine „klimakritische“ Organisation ist): es gibt keinen langfristigen Trend beim Niederschlag, in keine Richtung. Allerdings gibt es ernsthafte Eingriffe des Menschen in den Wasserkreislauf, der zu Trockenproblemen führt. Dazu zählt u.a. die Flächenversiegelung, die Entwässerung und Trockenlegung von Wäldern, Auen, Feuchtbiotopen usw. sowie die Ableitung von Binnen-Wasser ins Meer durch Kanalisation. Der Autobahnbau ist dabei das geringste Problem.

Genau dasselbe beobachten wir beim Waldschutz. Sicher ist es nicht gut, wenn Bäume für eine Autobahn gerodet werden. Doch 1. ist die betroffene Fläche sehr klein, 2. kann der Waldverlust durch Aufforstung woanders ausgeglichen werden. Geradezu verlogen erscheint die Vehemenz der WaldschützerInnen aber, wenn wir sehen, dass es sie nicht weiter stört, wenn Wald gerodet wird, um dort Windräder zu errichten, oder wenn in Grünheide ein ganzer Wald für Teslas unsinnige E-Auto-Fabrik abgeholzt wird – E-Autos sind ja angeblich Umwelt- und Klimafreundlich. Und hier sind wir schon beim eigentlichen methodischen Problem: Aktionen wie die im Hambacher Forst oder im Danni leiten ihre Berechtigung aus zwei zentralen Behauptungen ab: 1. die Umweltbedingungen in Deutschland würden sich immer weiter verschlechtern und 2. drohe eine Klimakatastrophe. Beide Behauptungen sind aber falsch.

Katastrophismus

Es ist unbestritten, dass es diverse ökologische Probleme gibt, andererseits gibt es aber auch deutliche Verbesserungen, so etwa bei der Luftqualität. Das „grüne“ Milieu stellt es aber so dar, als ob das Gegenteil der Fall wäre. Ähnlich sieht es beim Wald aus, der gegenüber den 1970ern und 80ern heute gesünder ist. Probleme gibt es weniger durch Umwelteinflüsse als durch monokulturelle Waldbewirtschaftung. Die kurzfristigen, witterungsbedingten Schäden durch zwei sehr trockene Jahre werden aber flugs zu einem neuen Waldsterben umgedeutet. Hier hätte man bei der Einschätzung schon deshalb vorsichtiger sein sollen, weil das bereits in den 1980ern prognostizierte Waldsterben bekanntlich nicht stattgefunden hat. Ähnlich ist es bei Flüssen, die heute sauberer sind als früher. Hier gibt es allerdings das (neuere) Problem der Überdüngung (Stickstoff) durch die Landwirtschaft.

Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist kein Harmonieverhältnis, es gibt keine „Einheit von Mensch und Natur“, wie es z.B. die MLPD behauptet. Der Mensch ist ein besonderer Teil der Natur. Menschliches Leben stellt aber immer eine Veränderung, einen Eingriff, oft eine Zurückdrängung der Natur dar. Jedes Haus, jede Produktion beschränkt und verändert die Natur. Zudem ist „die Natur“ keine Konstante, die Natur verändert sich permanent. Die größten Katastrophen in der Natur erzeugt die Natur selbst. Das heißt jedoch nicht, dass der Mensch tendenziell die Natur vernichten könne oder gar sollte. Diese Gefahr ergibt sich v.a. aus einer Gesellschaft, die kapitalistisch strukturiert ist. Wie wir sehen werden, richtet sich die „grüne“ Bewegung aber gerade nicht gegen den Kapitalismus als solchen, d.h. gegen dessen Produktionsweise, sondern nur gegen bestimmte Aspekte: Privateigentum und Konkurrenz sind ok, es darf nur kein CO2 emittiert werden.

Zum zentralen Argument der Ökos ist die These von der drohenden Klimakatastrophe geworden. Diese wird für nahezu alle tatsächlichen oder vermeintlichen Probleme verantwortlich gemacht. Schaut man sich jedoch die Klimawissenschaft an – im Unterschied zur penetranten Klimapropaganda -, stellt man Erstaunliches fest. In den letzten 20 Jahren wurden immer neue natürliche Faktoren gefunden oder besser verstanden, die das Klima bzw. die Temperaturen beeinflussen: die Schwankungen der Sonnenaktivität (was mehr umfasst als nur die des sichtbaren Lichts), galaktische Partikelströme, Meeresströmungen. All diese Faktoren hängen zusammen bzw. interagieren. Bevor „grüne“ Bewegungen und das Öko-Kapital die „offizielle“ Klimaforschung (IPCC) in den 1990ern gekapert hatten, war es in der Klimawissenschaft Konsens, dass das CO2 u.a. Spurengase kein für das Klima wichtiger, geschweige denn entscheidender Faktor ist. Das ist längst bewiesen, wohingegen es für die CO2-Theorie nie einen wirklichen Beweis gab; sie war immer nur eine Hypothese, die sich letztlich nur auf eine kurzfristige Korrelation von ca. 150 Jahren stützt, als der CO2-Gehalt der Atmosphäre und die Temperatur insgesamt anstiegen. Doch eine Korrelation ist nicht a priori ein Beweis. Einen Beweis für die CO2-Wirkung in der Klimageschichte gibt es hingegen nicht – das Gegenteil ist der Fall.

Besonders krude wird es, wenn die „grüne“ Szene – trotz partieller Kritik – auf die Grünen als Partei setzt, obwohl diese überall dort, wo sie mitregiert, viele ihrer Prinzipien über Bord wirft. Das war auch beim Hambi und im Danni der Fall, wo die Grünen all jene Beschlüsse und Projekte, die von ihrer Basis bekämpft wurden, mitgetragen und mitbeschlossen haben.

Aktionismus vs. antikapitalistische Strategie

Das Vorgehen aller „grünen“ Bewegungen, ob FfF, Ende Gelände, Greenpeace oder XR, folgt dem gleichen Muster: 1. Organisation von Protesten bzw. Aktionen, die medienwirksam sind. Dieses Vorgehen hat insofern Erfolg, da der Medienbereich mittlerweile stark vom „grünen“ Milieu geprägt ist und voll auf der Linie des Klimakatastrophismus liegt. 2. zielt man darauf, Politik und Staat zu überzeugen bzw. unter Druck zu setzen und sie als Akteure einer „grünen“ Wende, eines Green new deal zu verwenden. 3. werden stets einzelne Aspekte eines Umwelt-Problems überspitzt dargestellt oder Probleme geradezu erfunden (Diesel-Feinstaub), anstatt eine Sachanalyse vorzunehmen. Inzwischen ist die Verquickung von Politik, Medien, Staat und „Wissenschaft“ so stark, dass von objektiver Wissenschaft und Meinungsfreiheit kaum mehr die Rede sein kann.

Doch letztlich ist die „grüne“ Taktik zum Scheitern verurteilt – nicht deshalb, weil ein Green new deal unmöglich wäre (was viele „radikale“ Linke behaupten), sondern weil dieser allenfalls so viele Umweltprobleme löst, wie er neue schafft. Die Energiewende (EW) zeigt das: trotzdem inzwischen in Deutschland fast 50% des Stroms durch „Erneuerbare Energien“ (EE) erzeugt werden, sinken die CO2-Emissionen kaum und etliche neue Umweltprobleme sind entstanden, die es so früher gar nicht gab. Zudem wird das Stromsystem unsicherer (Blackoutgefahr) und der Strom immer teurer. Der einzige reale Effekt der EW ist die Konjunkturförderung durch die Investition von bislang über 500 Milliarden Euro (!) durch Abgaben der Bevölkerung (u.a. EEG-Umlage). Die künstlich gewollte Kapitalvernichtung (Atom- und Kohleausstieg) hat Platz geschaffen für an sich unnötige Neu- und Erweiterungsinvestitionen. Dadurch wurden dem „Altkapital“ (Energiekonzerne) Marktanteile abgenommen und den neuen Windmüllern und Solarbaronen zugeschoben.

Davon abgesehen scheitert die „grüne“ Strategie auch daran, dass sie immer gerade das versucht, was am schwierigsten ist: die Konfrontation mit dem Staatsapparat. Bis auf wenige Ausnahmen zeigt sich, dass der Staat am längeren Hebel sitzt. Eine solche Konfrontations-Taktik würde zumindest voraussetzen, dass es Massenproteste und Massenaktionen gibt. Das wiederum ist aber unmöglich, weil die Ziele der „grünen“ AktivistInnen nur scheinbar, aber nicht tatsächlich den Interessen der Massen entsprechen. Trotz des nun schon seit Jahrzehnten andauernden medialen Trommelfeuers in Sachen Klima, Energiewende, E-Mobilität usw. und der Mehrheit, die das lt. Umfragen für richtig hält, beschränken sich die Mobilisierungen wie im Danni oder bei FfF auf eine Minderheit, die nur aus den Mittelschichten kommt bzw. aus SchülerInnen und Studierenden besteht. Die Arbeiterklasse – und damit auch die Gewerkschaften – sind nicht im Fokus der Grünen. V.a. die Beschäftigten in den relevanten Bereichen (Energie, Verkehr) lehnen die „grünen“ Pläne ab. Die Aktionen von Baumbesetzern oder Ende Gelände zeugen zudem auch von krimineller Energie und Rücksichtslosigkeit gegenüber Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der Beschäftigten. Das ist „Gutmenschentum“ ohne Rücksicht auf Verluste – man kann es auch kleinbürgerliche Exzesse a la RAF nennen. Diese Leute haben nie etwas aus der Geschichte gelernt. Sie glauben, das Spießertum der Masse und die Passivität der Arbeiterbewegung durch die eigene „Überdrehtheit“ ausgleichen zu können. Im Grunde handelt es sich beim „grünen“ Aktionismus um eine subjektivistische Stellvertreterpolitik im Stil des anarchischen Terrorismus – eine Art „Schwarzer Block“ in grün.

Die Irrationalität der vorgeblich „grünen“ Politik zeigt sich u.a. daran, dass – wenn man ihre Kritiken und Kriterien ernst nimmt – im Grunde fast alle Wirtschafts- und Infrastrukturprojekte unmöglich wären, weil sie oft damit verbunden sind, dass in die Natur eingegriffen wird. Zweifellos haben diese Eingriffe immer wieder zu Umweltschäden und zur Zurückdrängung von Naturräumen geführt. Klar, dass das so nicht ewig weitergehen kann. Doch der Ausweg besteht eben nicht darin, eine generelle Verbots- und Blockadepolitik zu verfolgen wie im Danni, im Hambi oder beim Kraftwerk Moorburg usw., sondern die kapitalistische Produktionsweise insgesamt zu überwinden. Das kann jedoch nicht (nur) dadurch erfolgen, indem man sie wegreformiert. Privateigentum und Konkurrenz werden immer wieder dazu führen, dass unnötiger Verkehr entsteht, der Umweltschutz vernachlässigt wird usw. usf. Warum protestiert die Szene nicht gegen unnötige Gewerbeparks auf der grünen Wiese oder gegen eingeschossige (!) Supermärkte in Städten?!

Die „grüne“ Strategie ist nicht nur unzureichend, sie führt oft genug sogar dazu, dass zusätzliche Umweltschäden entstehen. Als Beispiel sei hier auf den Anbau von „Energiepflanzen“ für Bio-Sprit und Bio-Gas verwiesen. Die Folge sind riesige Monokulturplantagen aus Mais, Raps oder Ölpalmen – letztere führen zur vermehrten Abholzung von Regenwäldern. Ein Initiator (und tw. kommerzieller Nutznießer) dieses Verbrechens ist – Greenpeace. Ein anderes Beispiel ist die Förderung von Wind- und Solaranlagen zu Ungunsten der Großkraftwerke. Die EE-Anlagen verschlingen schon beim Bau weitaus mehr Ressourcen als Kraftwerke, verbrauchen riesige Flächen und häufen einen enormen Berg Sondermüll an. Über diese Kehrseiten des Klimaschutzes schweigen die Ökos aber lieber.

Link(isch)e Kritik

In einem Artikel der Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) befasst sich Autor Robert Teller (RT) mit der Strategie der „grünen Bewegung“ und einem SPIEGEL-Interview mit den FfF-Promis Luisa Neubauer und Carola Rackete (https://arbeiterinnenmacht.de/2021/01/02/luisa-carola-und-das-recht-der-kapitalistinnen/).

RT schreibt: „Luisa (und andere) rufen gerne dazu auf, „die Richtigen“ zu wählen, und es muss gar nicht extra gesagt werden, wer diese sind. Dieses verlegene Ausweichen vor der politischen Debatte (unter dem Deckmantel der „Überparteilichkeit“) verhindert aber, dass wir als Bewegung konkrete Kampfziele entwickeln, aus denen sich Taktiken, Bündnisse und Aktionsformen ableiten lassen würden, die die Ebene des bloß symbolischen Protests verlassen.“ Richtig!

RT folgert korrekt: „Konkret müssen wir unter den Belegschaften, die beim Bau der Straße oder beim Betrieb der Kraftwerke und Kohlegruben auch noch von Unternehmensführungen (und oft auch reformistischen GewerkschaftsführerInnen) als politisches Schild gegen die Klimabewegung ins Feld geführt werden, für unsere Ziele werben. Wir müssen die Gewerkschaften auffordern, den Protest zu unterstützen und zu verbinden mit dem Kampf gegen jede Entlassung – bei RWE, Daimler und anderen KlimazerstörungsprofiteurInnen. Wir müssen die Bahnbeschäftigten gewinnen, sich unserem Kampf anzuschließen, und zugleich für den massiven Ausbau der Infrastruktur, Einstellung von Personal zu Tariflöhnen und die Verstaatlichung des gesamten Transportsektors eintreten. Wir müssen unsere Ziele so konkret wie möglich formulieren, um greifbar zu machen, wo das Problem mit diesem „System“ liegt und wie wir es ändern können.“

RT verweist hier auf einen zentralen Fehler der Öko-Szene, die Arbeiterklasse als der einzigen sozialen Kraft, die grundsätzliche Veränderungen bewirken kann, zu ignorieren. Doch er und die GAM stellen sich nicht die Frage, warum die Arbeiterklasse und die Gewerkschaften sich nicht aktiver für die Klimapolitik engagieren – obwohl sie Dank der „offiziellen“ Propaganda deren Notwendigkeit offiziell betonen. Dabei ist die Antwort einfach: die Beschäftigten wissen sehr wohl, dass sie es sind, die die Klimapolitik bezahlen müssen (und es schon tun, z.B. durch höhere Strom- und Spritpreise und teurere Mieten (energetische Sanierung). Sie wissen sehr wohl, wer davon profitiert – die Öko-Szene. Längst sind erhebliche Teile des Großkapitals auf lukrative Öko-Investments umgestiegen. Warum wohl? Die Massen bezweifeln – völlig zu recht – zunehmend den Klimaalarmismus und die „grünen“ Weltuntergangsvisionen. Jeder Ingenieur weiß – im Unterschied zu Schülern und „grünen“ Soziologen -, dass die EW, d.h. ein Stromsystem auf Basis von EE, nicht funktionieren kann. Warum sollten die Beschäftigten von hochmodernen Kohlekraftwerken wie z.B. des gerade stillgelegten Kraftwerks Moorburg für Windräder eintreten, die nicht nur ihre Jobs, sondern auch noch das Stromsystem zerstören – und für das Klima gegenstandslos sind?!

Klimaalarmismus und EW basieren auf unwissenschaftlichen Annahmen, sie sind pure Ideologie, hinter der jedoch bornierte politische und kommerzielle Interessen stehen. Dass die Massen und das Proletariat weltweit gesehen dem Klimahype recht fern stehen und dieser nur von einem kleinen sozialen Milieu (Mittelschicht, Öko-Kleinbürgertum, Studierende, SchülerInnen) getragen wird, sollte der GAM zu denken geben. RT fragt „Wie können wir die Klimafrage verbinden mit sozialen Kämpfen von Belegschaften, die ebenfalls, aber anders, von kapitalistischer Krise betroffen sind, denen die „Klimakrise“ sogar als Rechtfertigung für Angriffe auf ihre eigenen Rechte präsentiert wird?“ Darauf gibt es eine einfache Antwort: unterschiedliche Klasseninteressen können nicht verbunden werden“. Und mit Pseudo-Wissenschaft sollte überhaupt keine Bewegung verbunden werden!

Die Linke und die Arbeiterbewegung haben wegen ihre politischen Degeneration durch Sozialdemokratie und Stalinismus das Thema Ökologie lange vergessen – nur deshalb konnte das links-bürgerliche Milieu dieses besetzen! Statt aber deren tw. berechtigte, aber oft ins Irrationale abgleitende Ideologie und Strategie zu kritisieren und eine Alternative zu formieren, plappert die Linke jeden Blödsinn nach und rennt FfF u.a. hinterher.

Die Arbeiterklasse kann und muss sich auch der ökologischen Fragen annehmen. Doch dafür muss sie sich frei machen vom „grünen“ Irrationalismus und den „grünen“ Bewegungen (was punktuelle Zusammenarbeit nicht ausschließt). Die Vorstellung vieler Linker, man müsse nur FfF u.a. Ökobewegungen mit wirklichem Antikapitalismus verbinden und auf die Arbeiterklasse orientieren, ist so absurd wie utopisch, denn (fast) alles an diesen Bewegungen ist falsch: ihre zentralen Ziele (Klima, EW), ihre Mittel und Methoden, ihre Gesellschaftsvorstellung, ihre Partner (Staat, Politik), ihre Führungen. Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als …

Verkehrswende?

In einem Artikel behandelt auch die ISA (vormals SAV) das Thema „Danni“ (https://www.sozialismus.info/2020/11/danni-bleibt-solidaritaet-mit-der-besetzung/). Sie führt dazu aus: der „Klimawandel ist den letzten Jahren in den Fokus gerückt. Vor diesem Hintergrund ist eine Verkehrsrevolution notwendiger denn je. Der Ausbau der Autobahn ist ein Schritt in die falsche Richtung. Wir müssen wegkommen vom Individualverkehr, dazu müssen ÖPNV und Schienenverkehr ausgebaut und kostenlos zur Verfügung gestellt werden.“

Ja, eine „Verkehrswende“ ist notwendig. Doch das heißt nicht, gegen jede Autobahn zu kämpfen. Entscheidend ist, das Verkehrsaufkommen zu senken. Das ist aber nur möglich, wenn die Wirtschaftsstrukturen geändert werden und der berühmte Yoghurtbecher nicht hunderte Kilometer durchs Land gekarrt wird und Zahnbürsten aus Asien kommen. In letzter Instanz bedeutet es: Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise. Das weiß freilich auch die ISA, doch ihr – wie der gesamten Linken – mangelt es 1. an einer wissenschaftliche Analyse v.a. der Klimafrage und der EW und 2. fehlt ihr eine geeignete Programmatik. Da werden immer nur die altbekannten linken Allgemeinplätze bemüht: das Auto ist schlecht, die Bahn ist gut, ÖPNV statt Individualverkehr usw. Diese Forderungen sind aber nicht nur übertrieben und einseitig, sie übersehen auch, dass die heutige Produktions- und Lebensweise eine ganz andere ist als im 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Bahn das einzige relevante Binnen-Fernverkehrsmittel war. Dazu war auch das Verkehrsaufkommen weit geringer und Verkehrsbedürfnisse – private wie kommerzielle – ganz andere als heute.

Ein bedeutender Ausbau des ÖPNV würde z.B. bedeuten, dass die Fahrgastzahlen nur leicht steigen, der Aufwand (Personal, Fahrzeuge, Energie usw.) aber deutlich. Gleichwohl kann der Ausbau des ÖPNV sinnvoll sein – aber nicht als Allheilmittel, wie es immer von der Linken angepriesen wird. Die durch die Corona-Krise motivierte Ausweitung des homeoffice ist z.B. ein Mittel, um Verkehr zu vermeiden, andere sind das Care-Sharing und Mitfahrgelegenheiten. Gerade die beiden letzteren Möglichkeiten werden von der Linken meist völlig ignoriert. Hier gibt es individuelle und kommunale Initiativen (z.B. Bürgerbus), die gut funktionieren, v.a. im ländlichen Raum. Ist die (radikale) Linke dabei involviert, unterstützt, initiiert oder popularisiert sie solche Bemühungen? Nein! Das ist umso absurder, als die ersten Projekte dieser Art bereits Ende der 1960er von linken Studenten erdacht und verwirklicht worden sind. Anstatt dass die Linke und die Arbeiterbewegung aber diese Entwicklung massiv gefördert und – ohne und gegen Staat und Kapital – in Eigenregie betrieben hätte, hat sie alles verschlafen, aus Ignoranz und ideologischer Verbohrtheit. Heute beherrschen Großkonzerne den lukrativen Car-Sharing-Markt. Das nennt man Versagen der Linken und der Arbeiterbewegung.

Dieses Versäumen von Handlungsmöglichkeiten, dieses Kapitulieren vor Staat und Kapital hat freilich eine tiefere Ursache in der Programmatik der Linken und der Arbeiterbewegung. Die Reformisten lehnen verständlicherweise Eigeninitiative und eigene soziale und wirtschaftliche Strukturen der Klasse ab, weil sie a) Interessenvertreter des Kapitals bzw. der „Arbeitnehmerseite“ des Kapitalverhältnisses sind und b) zu recht befürchten, dass Eigeninitiative, Arbeiterkontrolle usw. ihre Position als Verwalter der Arbeiterorganisationen und als deren Vermittler für Staat und Bourgeoisie unterminieren. Die „marxistisch-revolutionäre“ Linke wiederum ist dagegen, weil sie dem Dogma frönt, dass genossenschaftliche, selbstverwaltete „Reformprojekte“ nicht funktionieren und von der Revolution ablenken würden. Hinsichtlich des Klassenbewusstseins und der Organisierung des Proletariats sehen sie nur die politische Ebene (Partei, Gewerkschaft) und nur politische Aktionen, nicht aber die gesamte Dimension, die auch den sozialen und ökonomischen Bereich einschließt. Diese Einseitigkeit kommt aber weniger von Marx, sondern v.a. von der Sozialdemokratie der II. Internationale, von Lenin (der dort an sie anknüpfte) und vom Stalinismus.

Mit diesen Konzepten ist aber nicht nur die Revolution wenig wahrscheinlich, sondern sogar die „reformistische“ Verkehrswende. Egal, auf welchem Gebiet: es müsste der Linken immer auch darum gehen, dass die Arbeiterklasse zum Subjekt von Veränderungen wird, dass sie sich eigenständig organisiert und ihre Aktionen und Strukturen direkt-rätedemokratisch kontrolliert.

Elemente eines Aktionsprogramms

Mit all dem haben die Ökobewegungen nichts am Hut – und auch das Gros der „radikalen Linken“ nicht. Gerade deshalb sind sie letztlich gezwungen, FfF u.a. links-bürgerlichen Obskurantenbewegungen hinterherzulaufen. Man kann auf Bäumen sitzen oder BaumbewohnerInnen applaudieren – Klassenkampf geht anders. Er müsste damit beginnen, die Realität (z.B. die Klimafrage) zu analysieren und eine materialistische Kritik am „grünen“ Öko-Katastrophismus zu formulieren. Damit müsste in der Öko-Bewegung, aber v.a. in der Arbeiterklasse interveniert werden. Schließlich müssten vom Proletariat selbst verwaltete, genossenschaftliche soziale und ökonomische Strukturen geschaffen werden – und parallel dazu Strukturen von Arbeiterkontrolle. In diesem Sinn betonte z.B. Pierre Bourdieu man müsse „wenigstens ein Minimum an Gestaltungsmacht über die Gegenwart haben, um ein revolutionäres Projekt entwerfen zu können denn letzteres ist immer ein durchdachtes Bestreben, die Gegenwart unter Bezugnahme auf einen Zukunftsentwurf zu verändern.“

Ein Gedanke zu „Danni, Hambi und die Linke“

  1. Jüngst wurde gemeldet, dass nördlich von Kassel im Reinhardtswald, einem der größten Waldgebiete Hessens, 20 Windräder gebaut werden sollen. Pikant dabei: diese Gegend gilt als Schwachwindgebiet. Der Standort umfasst 2.000 Hektar Wald (zum Vergleich: im Danni geht es um 85 Hektar). Über 10.000 LKW-Transporte schaffen das Material heran. Auch gegen dieses Projekt gibt es Widerstand – diesmal aber zurecht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert