Was sind Gewerkschaften?

Hanns Graaf

Vorbemerkung: Dieser Text eröffnet eine Reihe von Beiträgen zur Frage, wie die Politik von Revolutionären im Betrieb und in der Gewerkschaft aussehen könnte. Die Beiträge erscheinen in unregelmäßiger Folge. Der folgende Text behandelt taktische Aspekte nur am Rande und betrachtet nicht die Spezifik der deutschen Gewerkschaften, die späteren Artikeln vorbehalten bleiben. Er ist eine allgemeine Darstellung des Wesens von Gewerkschaften. Diese ist schon deshalb nötig, weil gerade jüngere Linke wenig Kenntnis davon haben. Redaktion Aufruhrgebiet

Gewerkschaften sind neben der Partei, den Genossenschaften und Selbstverwaltungsstrukturen sowie der Freidenkerbewegung eine der vier potentiellen Säulen der Arbeiterbewegung. Die Gewerkschaften sind am engsten mit der betrieblichen Basis der Lohnabhängigen verbunden und haben dadurch – außer in revolutionären Krisen – die potentiell höchste Mobilisierungskraft.

Lohnarbeitssystem

Trotz aller Differenzierungen und Spaltungen – abhängig v.a. von der ständigen Umwälzung der Produktivkräfte und der Schwankungen der Konjunktur – ist die Arbeiterklasse (Proletariat) durch drei grundlegende Merkmale geprägt: 1. besitzt sie kein Privateigentum an Produktionsmitteln und muss daher ihre Arbeitskraft als Ware verkaufen. 2. ist sie damit wesentlich vom Lohneinkommen abhängig. 3. hat sie in der Arbeitswelt wie in der Gesellschaft insgesamt eine untergeordnete, unterdrückte, benachteiligte Stellung. Sie hat daher keine wesentlichen Interessen, die sie an den Kapitalismus binden, und ist daher, die – wie Marx bemerkte – „einzig konsequent (!) revolutionäre Klasse“. Ihre Zahl, ihre Konzentration, ihre Verbindung mit der modernen Produktion befähigen sie nicht nur dazu, den Kapitalismus zu überwinden, sondern auch, eine alternative Gesellschaft aufzubauen und auch andere soziale Schichten zu befreien.

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Schule in der Krise

Vorbemerkung: Wir dokumentieren hier einen Beitrag des Lehrers Manuel Pape zur Situation der Bildung im Land Brandenburg, das von einer Koalition aus SPD und BSW regiert wird. Nach Bekanntgabe der neuesten bildungspolitischen Pläne dieser Koalition (she. Text) gab es am 21. Mai eine Protestaktion der Lehrer in Potsdam. Redaktion Aufruhrgebiet.

Liebe Eltern & Erzieher, liebe Medienvertreter,

es ist nicht mehr 5 vor 12 – es ist längst halb eins.

Derzeit kursiert durch die Medien die Diskussion um eine zusätzliche Unterrichtsstunde für alle Lehrkräfte ab dem 2. Halbjahr des kommenden Schuljahres. Wussten Sie, dass dies beileibe nicht die einzigen Einsparungen der Landesregierung im Bereich Schule sind, sondern in der vergangenen Woche (19.-23.5.2025) massiv in die Stundenkontingente der Schulen eingegriffen wurde? Ich möchte Ihnen erklären, was passiert ist und was das jetzt für die Bildung unserer Kinder bedeutet:

Für jede Schule wird anhand einiger Faktoren (Anzahl der Schülerinnen und Schüler, Anzahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Anzahl der Kinder mit fremdsprachlichem Hintergrund…) berechnet, wie viele Lehrerwochenstunden (eine Lehrerwochenstunde ist eine Stunde, die ein Lehrer in der Woche unterrichtet) einer Schule zusteht.

Lehrer in Brandenburg unterrichten derzeit zwischen 25 und 27 Stunden in der Woche. Oben drauf kommen: Aufsichten, Korrekturen, Planung, Fachkonferenzen, Dienstberatungen, Elterngespräche, kollegiale Fallberatung, Fortbildungen, Konzepterstellung, Zeugnisse schreiben, Klassenkonferenzen, Förderteam, Rückmeldungen etc., so dass man gut und gerne – je nach Schulform und Unterrichtsfächer – auf 50-60h Arbeit pro Woche kommt.

Den Bedarf an Lehrerwochenstunden kann eine Schule jederzeit auf einer Online-Plattform einsehen. Nun wurden durch die Landesregierung verschiedene Parameter geändert und für die Schulen ein neuer Bedarf berechnet. Als Beispiel möchte ich meine Grundschule nehmen. Hatten wir also vor der Neuberechnung im neuen Schuljahr einen Mangel von 50 Lehrerwochenstunden (= uns würden fast zwei Lehrer fehlen), so haben wir nun plötzlich einen Überhang von 10 Lehrerwochenstunden, sodass eine Lehrkraft teilversetzt werden muss, also diese 10 Stunden an einer anderen Schule unterrichten wird. Uns wurden über Nacht einfach mal 60 Stunden Unterricht pro Woche gekürzt!! Woher sollen wir diese Stunden nehmen? Auch das wurde festgelegt: wir müssen beim Unterricht für Schüler mit Migrationshintergrund und noch viel extremer bei unseren Integrationsstunden für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (z.B. Lernen, geistige Entwicklung, Sehen, Hören oder Autismus) sparen. Hier auch noch mal eine konkrete Zahl aus meiner Schule: Wir hatten bisher aufgrund einer relativ hohen Anzahl von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine relativ hohe Zahl von Förderstunden (zwischen 45 – 65 Lehrerwochenstunden). Über Nacht wurde diese Zahl auf lächerliche 15 (!!!) Stunden pro Woche zusammen gestrichen. Das bedeutet, dass wir für 12 Klassen jeweils nur noch eine Stunde Förderunterricht pro Woche anbieten können. Ein Kind geht wortwörtlich über Tische und Bänke? – Der Sonderpädagoge kann leider nicht helfen. Ein traumatisiertes Kind benötigt ein Gesprächsangebot? – Der Sonderpädagoge kann leider nicht helfen. Kinder mit einer Lernschwäche haben den Stoff nicht verstanden? – Der Sonderpädagoge kann leider nicht helfen. Ein Kind wird zu Hause misshandelt? – Der Sonderpädagoge kann leider nicht helfen.

Jedes Kind, das einen sonderpädagogischen Förderbedarf hat, hat ein gesetzlich festgelegtes RECHT auf individuelle Förderung! Dieses Recht wird ihnen genommen! Gleichzeitig leiden alle anderen Kinder der Klasse, weil die gesamte Schülerschaft keine Unterstützung durch eine zusätzliche Lehrkraft erhält.

Außerdem wird es, wie oben bereits erwähnt, ab dem 2. Halbjahr des kommenden Schuljahres eine zusätzliche Unterrichtsstunde pro Woche für jede Lehrkraft geben. Dass eine Stunde Unterricht nicht eine Stunde mehr Arbeit bedeutet – da Vor- und Nachbereitung, ggf. Testkontrolle, ggf. zusätzliches Elterngespräch, ggf. Teilnahme an einer zusätzlichen Fach- und/oder Klassenkonferenz hinzukommen – braucht wohl nicht weiter erläutert werden. Wussten Sie auch, dass diese Mehrarbeit ohne zusätzliche Bezahlung erfolgen muss? Für unsere Schule bedeutet diese Mehrarbeitsstunde übrigens, dass wir aufgrund des daraus folgenden Stundenüberhangs noch eine Lehrkraft abgeben müssen.

Im zweiten Halbjahr des kommenden Schuljahres haben wir dann de facto über 90% unserer Stunden nur einfach vergeben – was bedeutet, dass fast nie ein Lehrer für Förder- oder Differenzierungsunterricht zusätzlich vorgesehen ist. Sollte dann nur eine Lehrkraft krank werden, so wird zwangsläufig flächendeckend Unterricht ausfallen müssen. Sollten gar zwei oder mehr Lehrkräfte krank werden, dann werden wohl auch bei uns Klassen tageweise zu Hause bleiben müssen.

Außerdem werden wir aufgrund der unfassbar dünnen Personaldecke zukünftig nichts mehr durchführen können, was ein funktionierendes Schulleben ausmacht: Wander- und Projekttage werden ebenso gestrichen wie Klassenfahrten, Schul- und Sportfeste, Adventsbasare, Unterrichtsgänge und weitere Aktivitäten, die der persönlichen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler dienlich sind.

Liebe Leserin, lieber Leser,

die angekündigten Kürzungen unserer Landesregierung greifen so massiv in den Schulbereich ein, dass die Nachwirkungen noch Jahre später spürbar sein werden. Klare und eindeutige Verlierer sind unsere KINDER!

Wir dürfen diese Entwicklung nicht tatenlos zulassen! Bitte helfen Sie uns und werden Sie LAUT! Melden Sie sich beim Bildungs- und/oder Finanzministerium und bringen Sie Ihren Unmut zum Ausdruck! Kämpfen Sie für Ihre und unsere Kinder!

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Heinrich-Mann-Allee 107, 14473 Potsdam, ministerbuero@mbjs.brandenburg.de

Ministerium der Finanzen und für Europa, Heinrich-Mann-Allee 107, 14473 Potsdam, poststelle@mdfe.brandenburg.de

Sie können sich außerdem an die Elternvertretungen Ihrer Schulen wenden – oder an die Landeselternvertretung: www.landesrat-der-eltern-brandenburg.de

Liebe Medienvertreter, bitte berichten Sie umfassend über die unhaltbaren Zustände im Brandenburgischen Bildungssystem. Ich stehe für Interviews und weitere Informationen bereit.

Aus meiner Sicht wurde ein kaputtes System jetzt komplett zerstört.
Mit gewerkschaftlichen Grüßen
Förderschullehrer Manuel Pape, info@manuelpape.de
Sonderpädagoge an einer Grundschule

NGOs: Gefangen im System

Hannah Behrendt

Eine Nichtregierungsorganisation (englisch: Non-governmental organization, NGO) oder auch nichtstaatliche Organisation ist ein Interessenverband, der nicht durch ein öffentliches Mandat legitimiert ist, aber z.T. staatlich finanziert sein kann. Im öffentlichen Bewusstsein gelten NGOs als Organisationen, die durch ihre Aktivitäten versuchen, die Interessen von Armen v.a. in der „3. Welt“ zu mildern, die Umwelt zu schützen, soziale Dienste anzubieten oder Entwicklungshilfe zu initiieren. Diese Einschätzung von NGOs wollen wir hier hinterfragen.

NGOs sind ab dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts zu einem festen Bestandteil des politischen Milieus geworden. Lt. Google agieren inzwischen weltweit etwa 75.000 NGOs. Neben großen und bekannten Organisationen wie Amnesty International, Greenpeace, Ärzte ohne Grenzen oder dem WWF (World Wide Fund for Nature) gibt es inzwischen tausende, oft weniger bekannte kleinere Strukturen.

Ursprünglich waren NGOs entstanden, weil viele soziale, politische oder Umweltprobleme von den Regierungen nicht gelöst werden wollten oder konnten, aber auch, um ihnen bei der Lösung zur Seite zu stehen. Insofern waren sie immer auch Ausdruck von Kritik und Unzufriedenheit mit der „offiziellen“ staatlichen Politik. Sie waren aber auch Folge des Umstands, dass die reformistisch bzw. stalinistisch geprägte Arbeiterbewegung und die Linke sich bestimmter Probleme (Umwelt, politische Unterdrückung u.a.) oft nicht annahmen. So gingen Aktivistinnen und Aktivisten daran, selbst Strukturen aufzubauen und sich für „progressive Projekte“ zu engagieren. Die NGOs kamen aber oft schnell an ihre Grenzen, v.a. fehlte es an Ressourcen und Geld, so dass ihre Wirkungen oft sehr begrenzt blieben.

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Das „Erfurter Programm“ der SPD von 1891 (Teil 2/2)

Hanns Graaf

Die Partei

Die letzten drei Abschnitte des ersten Teils des Programms beziehen sich auf die Rolle der Partei. Dort heißt es: „Diesen Kampf der Arbeiterklasse zu einem bewussten und einheitlichen zu gestalten und ihm sein naturnotwendiges Ziel zu weisen – das ist die Aufgabe der Sozialdemokratischen Partei.“ Und weiter: „Die Interessen der Arbeiterklasse sind in allen Ländern mit kapitalistischer Produktionsweise die gleichen. Mit der Ausdehnung des Weltverkehrs und der Produktion für den Weltmarkt wird die Lage der Arbeiter eines jeden Landes immer abhängiger von der Lage der Arbeiter in den anderen Ländern. Die Befreiung der Arbeiterklasse ist also ein Werk, an dem die Arbeiter aller Kulturländer gleichmäßig beteiligt sind. In dieser Erkenntnis fühlt und erklärt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands sich eins mit den klassenbewussten Arbeitern aller übrigen Länder.“ Natürlich sind die aktuellen (!) Interessen der Arbeiter verschiedener Länder, z.B. (halb)kolonialer und imperialistischer nicht gleich, wie das Programm suggeriert.

Weiter geht es mit: „Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands kämpft also nicht für neue Klassenprivilegien und Vorrechte, sondern für die Abschaffung der Klassenherrschaft und der Klassen selbst und für gleiche Rechte und gleiche Pflichten aller ohne Unterschied des Geschlechts und der Abstammung. Von diesen Anschauungen ausgehend bekämpft sie in der heutigen Gesellschaft nicht bloß die Ausbeutung und Unterdrückung der Lohnarbeiter, sondern jede Art der Ausbeutung und Unterdrückung, richte sie sich gegen eine Klasse, eine Partei, eine Geschlecht oder eine Rasse.“ Hier fallen zwei Dinge auf: 1. ist nicht von der Aufhebung des Staates die Rede. Schon im „Gothaer Programm“ fehlte diese Aussage, genauso wie in der damaligen Kritik von Marx der Hinweis auf die Rätedemokratie als Alternative zum Staat alter Form. 2. ist es positiv bemerkenswert, dass schon damals „ jede Art der Ausbeutung und Unterdrückung, richte sie sich gegen eine Klasse, eine Partei, eine Geschlecht oder eine Rasse“, abgelehnt wird.

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Das „Erfurter Programm“ der SPD von 1891 (Teil 1/2)

Hanns Graaf

Der jahrzehntelange Niedergang der SPD wirft die Frage auf, ob ihre Probleme vielleicht schon im 19. Jahrhundert, als sie noch im Aufsteigen war, begonnen haben? Wir haben dazu bereits das Gründungsprogramm der Sozialdemokratie in Gotha von 1875 und die Replik von Marx darauf untersucht (https://aufruhrgebiet.de/2023/12/marx-und-gotha/). Hier nun betrachten wir das Nachfolgeprogramm von 1891. Aufgrund der Kürze dieses Programms gehen wir abschnittweise auf den Gesamttext ein.

Historische Einordnung

Das „Erfurter Programm“ wurde 1891 angenommen. Es entstand nach der Aufhebung des Bismarckschen „Sozialistengesetzes“ (1878-90), das die SPD tw. in die Illegalität zwang, jedoch scheiterte. Die SPD war danach stärker als zuvor. Auf diese neue, günstigere Situation musste das neue Programm eingehen. Die Vorsicht, die unter dem Sozialistengesetz durchaus nötig war, konnte und musste nun von einem klareren Profil abgelöst werden. Zudem hatten Marx und Engels am „Gothaer Programm“ massive Kritik geübt – obwohl Marx dabei wesentliche Mängel dieses Programms nicht erkannt bzw. nicht kritisiert hatte. Zudem war Marx´ Kritik von den Führern der SPD, v.a. von W. Liebknecht, der Partei vorenthalten worden. Aber auch Engels tat lange nichts dafür, dass der Marx-Text wenigstens im Nachhinein in der SPD verbreitet wurde.

Die wesentlichen Gründe für ein neues Programm hätten allerdings 1. der Übergang des Kapitalismus zum Imperialismus und 2. die gewachsene Größe und Stärke der Arbeiterklasse und der Arbeiterbewegung und ihre größeren Möglichkeiten sein müssen. Um es vorwegzunehmen: diese beiden Aspekte spiegeln sich im Programm kaum wider.

Das Programm von Erfurt galt bis 1921, als die SPD das „Görlitzer Programm“ beschloss. D.h. 30 Jahre lang sah die SPD offenbar keinen Anlass, ihr Programm zu erneuern. Der Übergang zum Imperialismus, die Revisionismus-Debatte in der Sozialdemokratie ab 1899, die Revolutionen von 1905 und 1917 in Russland und 1918 in Deutschland, der wachsende Militarismus, die steigende Kriegsgefahr von 1914 – all das war offenbar kein Anlass, die eigene Programmatik zu erneuern. Warum das so war, wird aber sofort klar, wenn man sich das „Erfurter Programm“ anschaut.

Karl Kautsky schrieb zum „Erfurter Programm“ einen längeren Kommentar, der das Programm erläuterte und begründete. Auf diesen Text kann hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden.

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8. Mai: Legenden und Lehren

Hanns Graaf

Die Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 besiegelte das Ende der Nazi-Diktatur. Der größte Krieg der Weltgeschichte war beendet (in Asien dauerte er noch bis August 1945). Er forderte über 50 Mill. Tote, darunter über 20 Mill. Sowjetbürger und 6 Mill. Juden. Ganze Regionen und Länder, v.a. Polen, die westliche Sowjetunion, Deutschland und Japan, waren verwüstet.

Angesichts der Opfer und Zerstörungen, angesichts der ungeheuren Dimensionen der Inhumanität v.a. des deutschen Faschismus ist es nur allzu verständlich, wenn der 8. Mai als Tag der Befreiung gefeiert wird. Doch die Geschichte wird bekanntlich von den Siegern geschrieben, die ihre eigene Rolle in der Geschichte verklären, ja oft genug umlügen.

In diesem Beitrag gehen wir v.a. auf die Rolle des Stalinismus vor, während und nach dem 2. Weltkrieg ein.

Sieger Stalin

Der Sieg über Hitler-Deutschland hat das Prestige Stalins und der UdSSR gewaltig gesteigert. Das Selbstbild des Führers aus Moskau als Heilsbringer der Welt und „guter Vater der Menschheit“ und die Überlegenheit seines „Sozialismus“ schienen endlich historisch bewiesen zu sein. Viele Länder in Ost- und Mitteleuropa, aber auch in Asien (China, Nordkorea) wurden „sozialistisch“. In den 1950er/60er Jahren schüttelten viele „links-nationalistische“, oft an Moskau orientierte Bewegungen ihr koloniales Joch ab und wurden selbstständig. In Europa und in Asien gab es mehrere Länder, wo zwischen 1944 und 1948 eine (vor)revolutionäre Situation entstanden und der Sturz des Kapitalismus möglich war: z.B. in Italien, Griechenland oder in Vietnam.

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Rede am 1. Mai

Vorwort: Wir dokumentieren nachfolgend die Rede von Hanns Graaf von der Initiative Aufruhrgebiet auf der 1.Mai-Kundgebung der Freien Linken in Berlin. Redaktion Aufruhrgebiet

Kolleginnen und Kollegen, Genossinnen und Genossen!

Wir leben in bedenklichen Zeiten. Die Ampelregierung war so unbeliebt wie keine andere deutsche Regierung nach 1945. Trotzdem gab es kaum Proteste gegen sie. Immerhin gab es Tarif-Streiks der Gewerkschaften gegen die Folgend der Inflation. Doch gegen die Kriegs- und Aufrüstungspolitik, gegen die absurde Klima- und Energiepolitik der Ampel kämpft der DGB nicht. Dagegen protestierten v.a. vom Kleinbürgertum geprägte Bewegungen, die schon gegen die absurde und ruinöse Coronapolitik am aktivsten waren. Warum sie? Weil die Linke und die Gewerkschaften inaktiv waren!

Statt gegen die Ampelregierung gab es Massenproteste gegen „Rechts“. Es ist zwar richtig, sich der AfD u.a. Rechten entgegenzustellen, doch die v.a. von der Antifa, der SPD, den Grünen, den Kirchen, von NGOs u.a. reformistischen Kräften organisierten Aktionen dienten v.a. dazu, den Protest von der Regierung abzulenken und diese als „demokratisch“, „human“ und „fortschrittlich“ hinzustellen. Dafür wurde die AfD zu einer faschistischen Partei hochstilisiert, die sie – zum Glück – nicht ist. Fast alle wesentlichen Merkmale einer wirklichen faschistischen Organisation fehlen ihr.

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Was ist Imperialismus?

Hanns Graaf

In diesem Artikel geht es um die Frage, was Imperialismus ist und welche theoretischen Beiträge die Arbeiterbewegung und v.a. Lenin dazu geleistet haben. Eine stimmige Analyse des Imperialismus ist unabdingbar, um eine korrekte revolutionäre Politik formulieren und umsetzen zu können.

Imperialismus-Diskussion in der Sozialdemokratie

Als Ende des 19. Jahrhunderts der Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium überging, gab es verschiedene Versuche von Sozialdemokraten, diese neue Entwicklungsphase zu verstehen. Am bedeutendsten waren dabei die Beiträge Kautskys und Hilferdings, letzterer v.a. mit seinem Buch „Das Finanzkapital“ von 1910. Schon Ende der 1890er hatte Kautsky in mehreren Artikeln in der „Neuen Zeit“ seine Analyse der neuen Phase des Kapitalismus dargestellt. Ökonomisch sah er in der Entstehung großer Kapitalstrukturen (Konzerne, Trusts usw.) und im Finanzkapital wesentliche neue Merkmale des Kapitalismus. Anhand der Zunahme des Kapitalexports zeigte er den Zusammenhang zwischen der Ökonomie und einer besonders aggressiven und global ausgerichteten imperialistischen Politik: „die neue Art der Reichspolitik oder Weltpolitik (ist) eine Folge der Entwicklung des industriellen Kapitals (…), der Zunahme der Bedeutung der hohen Finanz, des Kapitalexports.“ (Kautsky, Die Neue Zeit, 23.4.1915, S. 110.)

In der methodischen Tradition von Marx stehend, folgt für Kautsky Politik aus der ökonomischen Grundstruktur der Gesellschaft, die Interessen imperialistischer Staaten sind letztlich Ausdruck der Verwertungsinteressen des dominanten Großkapitals. Anders als noch im Kapitalismus der freien Konkurrenz ist so viel Kapital akkumuliert und konzentriert, dass es sich nicht mehr nur auf dem nationalen Markt realisieren kann. Es verlangt nach neuen Quellen für Ressourcen, nach lukrativen Investments und Absatzmärkten. Das führt zu verstärkter Aggressivität nach außen, es führt zu Kolonialismus und Neokolonialismus, zu Handelskonflikten und Kriegen und zur permanenten Neuaufteilung der Welt, die für das Kapital keine weißen Flecken mehr hat. Aber auch nach innen wächst die Aggressivität, da Aufrüstung und Krieg Widerstand provozieren, der bekämpft werden muss. Zudem kann eine kriegerische Außenpolitik nur durchgeführt werden, wenn die „Heimatfront steht“.

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Temperaturdaten: Fakes und Fakten

Paul Pfundt

Politik, Medien, ihnen genehme (oft fachfremde) „Experten“ vermelden permanent neue Temperaturrekorde. Die meist auf wenige Zehntel oder Hundertstel Grad genauen Daten und Temperaturveränderungen vermitteln den Eindruck von Exaktheit und wissenschaftlicher Objektivität und sollen die fortschreitende Klimakatastrophe belegen. Wir wollen hier die Frage beleuchten, wie Temperaturdaten entstehen und wie sie benutzt werden.

Globale Erwärmung und globale Durchschnittstemperatur

Die globale Erwärmung wird an gemittelten Einzelmessdaten festgemacht. Das kann statistisch korrekt sein. Doch physikalisch ist es gar nicht möglich, eine globale Durchschnittstemperatur exakt zu ermitteln. Der Physiker Prof. Peter Puschner erklärt das in einem Chatbeitrag so:

„Es werden die momentanen Temperaturwerte einer bestimmten Anzahl über die Welt verteilter Temperaturmesser gemittelt. Angenommen, die Messgeräte sind in Ordnung und es wird nicht ideologisch begründet gepfuscht, dann erhält man mit einfacher Mathematik die sog. Global-Temperatur. Temperatur beschreibt den kinetischen Zustand bewegter Teilchen, also Geschwindigkeiten. Jetzt gehen wir an eine Rennstrecke, und stellen entlang der Strecke zwischen Start und Ziel 100 Geschwindigkeitssensoren auf, also am Anfang einer Geraden, in der Mitte, am Ende vor einer Kurve, in der Kurve, nach der Kurve, eben, bis wir alle Messgeräte untergebracht haben. Und jetzt schicken wir den Rennwagen auf die Runde und erhalten die 100 Messwerte, die wir dann mitteln. Ist das jetzt die mittlere Geschwindigkeit? Zum Vergleich messen wir die Länge der gefahrenen Strecke und die Zeit von Start bis Ziel, dann sind sich bestimmt alle einig, dass aus dem Quotienten Strecke/Zeit die so ermittelte mittlere Geschwindigkeit richtig ist. Es lohnt sich dann, diese mit derjenigen zu vergleichen, die punktuell mit 100 Sensoren ermittelt wurde. Wer glaubt, da kommt derselbe Wert oder einer mit nur geringer Abweichung heraus, der sollte das Experiment wirklich einmal machen. Danach will er von Global-Temperaturen nichts mehr hören!“

Methodik

Die heute übliche Methode, Daten – genauer: deren „Verarbeitung“ in Klimamodellen – zum wesentlichen Bezugspunkt der Klimaforschung und der Klimapropaganda zu machen, folgt einer im Grunde unwissenschaftlichen Methode. Früher waren es empirische geologische Befunde (Sedimentablagerungen, Eisbohrkerne u.a.) und der historische Vergleich von Klimaentwicklungen, an denen man sich orientierte. Diese empirische Methode wurde ab etwa den 1980ern im Zuge der aufkommenden Klimakatastrophen-Ideologie durch eine mathematisch-modellhafte abgelöst. Die Stars der Klimaforschung waren nun die Modellierer, deren spekulative Prognosen die Begründung für die Klimaschutz- und CO2-Einsparpolitik abgaben.

Die folgende Grafik 1 zeigt, dass die Voraussagen der Modelle sich aber immer mehr von der Realität entfernen:

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