Hoffnungsträger Wagenknecht?

Hanns Graaf

Sahra Wagenknecht ist die bekannteste und beliebteste linke Politikerin Deutschlands. Sie ist medial sehr präsent, ihre Bücher sind Bestseller. Viele setzen große Hoffnungen in sie und identifizieren sich mit ihr. Warum ist das so?

Sicher ist Sahra Wagenknecht eine kluge, redegewandte und telegene Frau und eine der wenigen Menschen, die in Talkshows eine linke Position eloquent vertritt bzw. vertreten kann. Sie ist sich nicht zu schade, in Talkshows kritische Positionen zu vertreten – meist gegen einen unsachlichen und reaktionären Shitstorm von Lanz u.a. „Journalisten“ und Gästen. Gegen die Attacken dieser verlogenen und gekauften Demagogen muss Sahra Wagenknecht auch verteidigt werden. Als eine der ganz wenigen Politiker stellt sie sich gegen die Kriegshetze, die neoliberale Politik und die irrationale Schaumschlägerei der Hysteriker in Sachen Klima, Corona usw. Das erklärt ihre große und gerechtfertigte Popularität – umso mehr, da sie Spitzenpolikerin der LINKEN ist, die gegenwärtig in der Gunst der Wähler immer weiter nach unten rutscht und sich in einer tiefen, durchaus existentiellen Krise befindet. Doch gerade dieses Spannungsverhältnis zwischen Wagenknecht und ihrer Partei, mit dem sie ganz bewusst spielt, macht sie auch interessant.

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Mitregieren oder Opponieren?

Hannah Behrendt

Die sich verschärfende Krise der Linkspartei rückt ihr politisches Selbstverständnis, ihre Programmatik auf die Tagesordnung. Dazu zählt die Frage, ob man sich an Regierungen beteiligen soll.

Die Zahl der Wählerstimmen der LINKEN vermindert sich seit Jahren – bundesweit. Dabei war es ihr seit 1990 oft gelungen, Teil von Landesregierungen zu sein, in den Kommunen im Osten hatten und haben sie ohnedies starke Positionen. V.a. bei Arbeitern und Arbeitslosen erreichte die LINKE einen überproportionalen Stimmenanteil. Ihren Ruf als „Kümmerpartei“, welche die Lebensinteressen der ärmeren Schichten ernst nimmt, hatte sie durchaus zu recht. Natürlich war ihre Stellung v.a. im Osten stark, wo sie auch die meisten Mitglieder und das größte Umfeld hat (Arbeitslosenverband, Volkssolidarität, Mietervereine u.a.). Doch auch im Westen gelang es ihr, sich nach der Fusion mit der WASG 2007 zu stärken.

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Regieren oder Opponieren?

Hannah Behrendt

Die dramatischen Verluste der LINKEN bei der Bundestagswahl werfen erneut die Frage auf, ob die politische Strategie der LINKEN richtig ist. Sicher spielen für die herben Stimmverluste verschiedene Faktoren eine Rolle, etwa der Dauerclinch zwischen den Flügeln, v.a. zwischen dem Duo Wagenknecht/Lafontaine und den Führungsgremien, oder der taktisch motivierten Abwanderung von Wählern zu SPD und Grünen, um einen Wechsel zu Rot/Grün zu sichern. Doch selbst diese Faktoren sind letztlich nur Ausdruck der reformistischen Strategie der Linkspartei. Das zeigt sich u.a. daran, dass die LINKE v.a. dort verliert, wo sie mitregiert.

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Aufstehen ist sitzen geblieben – Eine Bilanz

Hanns Graaf

Als im September 2018 der Internetauftritt der Bewegung Aufstehen startete, interessierten sich viele Zehntausende für diese neue linke Bewegung und meldeten sich per Mail als Interessierte oder als Mitglied an.

Dieses Vorgehen offenbarte schon viele Probleme, die inzwischen zum Scheitern von Aufstehen geführt haben. Normalerweise würde man den Aufbau einer linken Struktur so beginnen, dass ein Programm oder zumindest Eckpunkte eines solchen diskutiert und sowohl Basisstrukturen wie auf diesen beruhende und aus ihnen hervorgehende Koordinierungsstrukturen geschaffen werden. Nicht so bei Aufstehen. Hier gab es eine InitiatorInnengruppe um Sahra Wagenknecht, die eine Medienkampagne initiierte, einen Aufruf verfasste und einen Trägerverein installierte. All das war – nicht nur am Anfang, sondern auch später – weder demokratisch legitimiert noch Ergebnis eines politischen Diskussions- oder Formierungsprozesses. Es war ein reines Top down-Projekt.

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Ist die SPD noch eine Arbeiterpartei? (Teil 2/2)

Hanns Graaf

Ein deutlicher Wandel ist beim Verhältnis der SPD zum bürgerlichen Staat auszumachen. Vor 1914 dominierte in der Sozialdemokratie die Vorstellung des „freien Volksstaats“, d.h. eines Staates, der demokratisch funktioniert und wo die diversen Einschränkungen der Demokratie (3-Klassen-Wahlrecht u.a.) überwunden sind. Marx hat diese falsche Auffassung in seiner „Kritik am Gothaer Programm“ kritisiert. Das Problem an der Staatsauffassung der SPD war zum einen, dass sie nicht die Zerschlagung des bürgerlichen Staates forderte, sondern nur dessen Demokratisierung, zum anderen blieb offen, was an die Stelle des bürgerlichen Staates treten soll (Räte, Selbstverwaltungsstrukturen). Hier griff allerdings auch Marx` Kritik zu kurz, weil er hier seine Staatsposition, die er aus der Analyse der Pariser Kommune gewonnen hatte, nicht wirklich dargestellt hat.

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Ist die SPD noch eine Arbeiterpartei? (Teil 1/2)

Hanns Graaf

Einige linke Organisationen meinen, die SPD sei inzwischen eine rein bürgerliche Partei geworden, andere – v.a. trotzkistischer Provenienz – halten sie nach wie vor für eine bürgerliche Arbeiterpartei. Diese sei einerseits dadurch gekennzeichnet, dass sie strukturell mit der Arbeiterklasse verbunden wäre, andererseits sei sie hinsichtlich ihrer Politik, Führung und Programmatik eine bürgerliche Partei wie etwa auch die CDU oder die Grünen. Dieser Beitrag geht der Frage nach, was der Klassencharakter der SPD ist, was sie mit anderen bürgerlichen Parteien gemeinsam hat, was sie von ihnen unterscheidet und welche Veränderungen sich seit ihrer Gründung in Gotha 1875 bis heute vollzogen haben.

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Die SPD bis 1914

Hanns Graaf

Die aktuelle, jedoch schon lange anhaltende Krise der SPD wirft auch die Frage auf, welche historischen Ursachen sie hat, welche grundsätzlichen Entwicklungen zu der jetzigen prekären Situation geführt haben. Mit diesem Beitrag wollen wir die „besseren Zeiten“ der SPD von ihrer Gründung bis 1914 betrachten und dabei v.a. die Frage beleuchten, was die SPD damals hinsichtlich ihrer Programmatik und Praxis war.

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Die SPD und die GroKo

Hanns Graaf

Nach den jahrelangen Debatten über das Verhältnis der SPD zur Großen Koalition schien sich mit der Wahl der neuen Parteivorsitzenden eine Lösung anzubahnen. Doch wie so oft bei der SPD kam es wieder einmal ganz anders. Zwar hatte sich die monatelange Kandidatenkür v.a. um Verbleib oder Ausstieg aus der GroKo gedreht, doch mit der Wahl des neuen Führungsduos Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ist nun alles genauso unklar wie zuvor.

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Quo vadis SPD?

Hanns Graaf

Die mit Spannung erwartete Abstimmung des SPD-Parteitags über die Aufnahme von Verhandlungen zu einer neuen GroKo erbrachte eine knappe Mehrheit von 56%. Doch damit ist noch nichts entschieden, denn auch das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen braucht noch die Zustimmung der Mitgliederbasis der SPD, damit diese Teil der neuen (alten) Regierung werden kann. „Quo vadis SPD?“ weiterlesen