30 Jahre Mauerfall (2/3)

Hanns Graaf

Mit der Gründung der DDR am 7.10. 1949 war der staatliche Rahmen für eine eigenes sozial- ökonomisches System geschaffen worden. Schon vor 1949 waren jedoch der Finanzsektor und das Gros der Wirtschaft, v.a. die Großindustrie, das Verkehrswesen, der Energiesektor u.a. zentrale Bereiche verstaatlicht worden. Bereits Anfang 1948 erzeugte der staatliche Sektor über 60% der Produktion, 1950 waren es schon 76%. Damit war die Wirtschaft schon vor 1949 im Kern eine Staatswirtschaft und nicht mehr eine auf Privateigentum, sondern auf Staatseigentum und staatlicher Planung beruhende. Auch wichtige Elemente einer zentralen Planung waren bereits vor 1948 entstanden, u.a. im Finanzsektor. 1950 beschloss der 3. Parteitag der SED dann den ersten Fünfjahresplan. In den 1970ern wurden schließlich auch die noch verbliebenen halbstaatlichen und Privatbetriebe verstaatlicht. Privateigentum gab es jetzt nur vereinzelt im Kleingewerbe, im Handwerk gab es auch genossenschaftsähnliche Strukturen.

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Ostdeutsches Heldenlied

Hanns Graaf

Ach, Leipzig, deine Messen sind gesungen.
Oktober Neunundachtzig lange her.
Die Freiheitschöre sind dir längst verklungen.
Die Heldenstadt ist wieder heldenleer.

Das Land gedreht, gewendet durch die Mängel.
Das Fass ist voll und die Fassade bricht.
Das brave Volk entpuppt sich als ein Bengel,
Hört auf Stiefvater Staat nun länger nicht.

Für Montag steht Revolte im Kalender.
Wie´s Morschgebälke unterm Thron schon kracht!
Der Kaiser ist ja nackt, der alte Blender!
Sein Kronprinz, der blöd grinst, wird ausgelacht.

Erst lauft ihr Sturm und dann nur noch im Kreise,
Kriecht denen auf den Leim zum Runden Tisch.
Die Führer führn euch an in jeder Weise.
Ihr Braten ist nicht Fleisch und auch nicht Fisch.

Die Weltenwender vorm Gewandhaus warten,
Bis die Eroica hat ausgespielt.
Der Aufruhr hofft noch auf die Eintrittskarten,
Verläuft sich bald und hat sich wohl verkühlt.

Ach, Leipzig, hattest dich nur halb gewandelt.
Warst leider satt schon vor dem Hauptgericht.
Was hast du Handelsstadt dir eingehandelt!
Was kam, das Neue, war so neu doch nicht.

Ach Leipzig, deine Messen sind verklungen.
Oktober Neunundachtzig lange her.
Heut wird nur ein Lamento noch gesungen.
Die Heldenstadt ist wieder heldenleer.

1990

Wasserstoff: Der neue Öko-Hype?

Paul Pfundt

Jahrelang wurde von der Öko-Lobby das E-Auto als wesentliches Mittel gepriesen, um den Verkehr sauberer zu machen und die CO2-Emissionen zu mindern. Inzwischen spricht sich jedoch immer mehr herum, dass E-Autos in keinerlei Hinsicht eine Lösung für irgendwas darstellen. Die vor Ort eingesparten Emissionen entstehen nur woanders, nämlich dort, wo der Strom erzeugt wird. Der kommt aber oft noch aus Kohlekraftwerken. Nun verweisen die Ökos gern darauf, dass man diese ja abschalten will. Nur ist das in absehbarer Frist unmöglich, weil von den „Erneuerbaren“ nur die Windenergie massiv ausgebaut werden kann. Die Umstellung auf E-Mobilität würde aber praktisch bedeuten, dass der Stromverbrauch sich verdoppeln und die Zahl der Windräder sich mindestens verdreifachen würde. Auch durch die notwendige Ausdehnung der Stromspeicherung mittels Batterien und den Netzausbau würden die Stromverluste zunehmen. Und: wo soll der viele Strom bei Windflaute herkommen und was kostet der Aufbau einer Elektro-Lade-Infrastruktur?

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30 Jahre Mauerfall (1/3)

Hanns Graaf

Der Fall der Mauer im November 1989 war nur der letzte Anstoß für den Kollaps der DDR. Mit der schnellen Wiedervereinigung, der Etablierung der bürgerlichen Demokratie anstelle des Machtmonopols der SED, der Einführung der D-Mark und der Privatisierung der Wirtschaft durch die Treuhand verschwanden die grundlegenden Strukturen der DDR innerhalb kürzester Zeit. Von Politik und Medien wurde und wird die Wiedervereinigung als Beispiel dafür angeführt und gepriesen, dass der Sozialismus oder gar der Kommunismus gescheitert wären und sich der Kapitalismus als überlegen und alternativlos erwiesen hätte.

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Was ist die Klimabewegung?

Hanns Graaf

Der 20. September 2019 erlebte die bisher größten Kundgebungen zur „Klimarettung“ weltweit mit mehreren Millionen TeilnehmerInnen. Auch in Deutschland gab es an vielen Orten Demonstrationen u.a. Aktionen. Allein in Berlin kamen über 100.000 zum Friday for Future (FFF)-Protest. Ohne Frage ist FFF aktuell die stärkste soziale Bewegung in Deutschland. Die Massivität und die starke mediale und politische Wirkung von FFF sind Anlass, über den Charakter und die Perspektiven von FFF nachzudenken.

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Fundstück LX

Dem neuesten Kapitalismus wird mit Vorliebe vorgeworfen, er sei eine Konsumgesellschaft. Dieser Vorwurf ist reaktionärer als jedes Lob; denn es ist ein verstecktes Lob, ein Lob unter der Maske des Tadels. Man schmäht den Imperialismus um der einzigen Eigenschaft willen, um deretwegen er mit Recht geschätzt wird: der Eigenschaft nämlich, dass er reich ist.

Jeder weiß oder fühlt doch, was für eine produktive Sache das ist: konsumieren. Das genussvolle Aneignen der stofflichen und geistigen Wirklichkeit ist die Bestätigung und tendenzielle Erweiterung aller menschlichen Vermögen. Wer – außer den Rhetoren des überlinken Elendskommunismus und der imperialistischen Propaganda – würde von einer Gans, die mit den Füßen an den Estrich geangelt steht, um gestopft zu werden, sagen, sie konsumiere?
Der Sozialismus strebt nach dem Ehrentitel einer Konsumgesellschaft; der Kommunismus wird eine sein. Im Spätkapitalismus wird aus den falschen Gründen und demzufolge auf die falsche Weise produziert und konsumiert. Statt mit den wesentlich humanen Kategorien Leistung und Konsum lebt der abendländische Mensch mit den Kategorien Ramsch und Reklame.

Peter Hacks

Links/grün oder marxistisch?

Paul Pfundt

In regelmäßigen Abständen äußert sich die Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) zu ökologischen Themen – nachdem das für die GAM noch bis 2015 kaum einen Artikel wert war. Nun hat sie sich anlässlich der Proteste gegen die Automobilshow IAA erneut zu Wort gemeldet (http://arbeiterinnenmacht.de/2019/09/16/25-000-gegen-iaa-und-automobilkonzerne-wie-weiter-nach-dem-politischen-erfolg/). Wie wollen diesen Beitrag hier kritisch beleuchten.

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Die Häuser denen, die drin wohnen!

Kommt am 3. Oktober, 13.00 Uhr, zum Berliner Congress Center (neben Alexa)!

Redaktion Aufruhrgebiet

Am 3.10. führt das Bündnis „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ die nächste Mobilisierung durch. Es ist hat bereits Einiges erreicht. In Berlin wurden nicht nur 77.000 Unterschriften gesammelt und große Demonstrationen organisiert. Viel wichtiger ist, dass Hunderttausende aktiv geworden sind, um sich gegen Mietwucher und Wohnungsnot zu wehren. Und nicht zu vergessen: seit langem wurde die Frage der Enteignung von Privateigentum wieder zu einem breit diskutierten Thema.

Der so entstandene politische Druck hat auch dazu beigetragen, dass die Politik reagieren musste und verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, um die Wohnungsmisere zu mildern. Dazu gehören der forcierte Bau von Wohnungen, darunter v.a. in den niedrigeren Preissegmenten, oder der Mietendeckel. Doch all diese Maßnahmen kommen zu spät und sind zu inkonsequent, um das Problem wirklich zu lösen. Allein schon die Tatsache, dass die Wohnungsmisere sich über viele Jahre derart aufschaukeln konnte, zeigt, dass der Staat bzw. die Kommunen unfähig sind, Probleme adäquat zu erkennen oder gar zu lösen.

In Berlin ist das besonders gut zu beobachten. Da wurde es zugelassen, dass das Tempelhofer Feld (ehemals Flughafen) nicht bebaut wird; da wurde der Wohnungsbau durch abstruse Vorschriften und eine träge Verwaltung gebremst und nicht zuletzt war es der rot/rote Senat, der viele städtische Wohnungen zu Schleuderpreisen privatisiert hat, was Immobilienkonzernen wie Deutsche Wohnen überhaupt erst ermöglicht hat, in Berlin immense Gewinne auf Kosten der MieterInnen zu machen.

Die Forderungen der Bewegung, Deutsche Wohnen u.a Immobilienkonzerne zu enteignen, sind daher völlig richtig. Allerdings macht eine Enteignung nur Sinn, wenn sie nicht mit hohen Entschädigungszahlungen an die Konzerne verbunden ist, denn dieses Geld würde dann für den notwendigen Wohnungsneubau u.a. kommunale Aufgaben fehlen. Die richtige Losung kann daher nur die einer entschädigungslosen Enteignung sein.
Das wirft aber nur die nächste Frage auf: Wem sollen die Häuser gehören? Selbst den linkesten Unterstützern des Bündnisses „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, etwa der Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) (http://arbeiterinnenmacht.de/2019/09/26/deutsche-wohnen-und-co-enteignen-entschaedigungslos/), fällt dazu wenig ein. Sie treten für eine Kommunalisierung ein – allerdings verbunden damit, dass es ausgeweitete Kontrollbefugnisse für MieterInnen und ihre Strukturen (Mieterkomitees) geben soll. Die GAM schreibt dazu: „es geht auch darum, wer (…) kontrolliert. Die Senatsverwaltung oder MieterInnenkomitees und Gewerkschaften der in Wohnungsbau, Instandhaltung und Verwaltung Tätigen?

Außerdem erfordert Kontrolle auch die Offenlegung aller Geschäftsbücher, Bilanzen, Konten, Transaktionen, Verträge oder Planungsvorhaben der Immobilienkonzerne. Deren „Geschäftsgeheimnis“ erweist sich in der Praxis als Geheimniskrämerei gegenüber den MieterInnen und der Öffentlichkeit.
Diese Maßnahmen würden zugleich die Frage zuspitzen, wer eigentlich über den Wohnungsbau, Mietpreise, Bauvorhaben, Planung … entscheidet – die EigentümerInnen und der Staat (die Stadt Berlin) oder die MieterInnen und VertreterInnen der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften?“

Das klingt gut, doch der zentralen Frage – der des Eigentums – weicht die GAM aus. Trotz aller Kontrolle und Mitsprache sollen die Wohnungen Eigentum der Kommune, also des bürgerlichen Staates, bleiben. Es ist ganz klar, dass dieser Staat, wie die GAM ja auch selbst betont, dem Bau- und Immobilienkapital und der bürgerlichen Gesetzlichkeit verpflichtet ist. Über kurz oder lang müssen aber die entgegengesetzten Interessen der BewohnerInnen einerseits und die des Staates und des Kapitals andererseits aufeinander prallen. Zudem ist der bürokratische Staat – wie die Erfahrungen zeigen – oft unfähig, Probleme rational und im Interesse der Mehrheit zu lösen.
Ganz anders als es die GAM vorschlägt, müsste gefordert werden, dass die Immobilien denen gehören sollen, die darin wohnen. Das heißt: Kollektiveigentum und Genossenschaften. Mit letzteren ist jedoch nicht dasselbe gemeint wie die jetzigen kommunalen Wohnungsbaugenossenschaften bzw. -gesellschaften, sondern wirklich gemeinschaftlich und demokratisch verwaltete Strukturen. Gerade in Berlin gibt es viele Beispiele, dass solche gemeinschaftlichen Wohnformen auch gut funktionieren.

Die Frage der Ziele und Forderungen ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere, genauso wichtige, ist die Frage, wie die Bewegung weiter aufgebaut und noch schlagkräftiger werden kann.

Dazu gibt die GAM eine Orientierung, der wir zustimmen können: „Die aktuelle Hinhaltepolitik beim Mietendeckel, das Verzögern des Volksentscheides durch den Innensenator verdeutlichen auch, dass sich das Volksbegehren darauf einstellen muss, dass es in den nächsten Monaten auf vielfältige rechtliche und andere Hürden treffen wird. Selbst im Falle eines klaren Mehrheitsentscheids der Bevölkerung wäre es noch nicht rechtsverbindlich.

Es braucht daher eine Strategie der Mobilisierung, die den Kampf um die Enteignung in die Wohnviertel trägt, in die Gewerkschaften und Betriebe, um MieterInnenkomitees zu gründen, die auch andere Kampfmittel und Taktiken verfolgen können – so z. B. massenhaften und organisierten Mietboykott, politische Streiks, um Druck für Enteignung (oder auch einen wirksamen Mietdeckel) zu machen. Und es bedarf auch der bundesweiten Vernetzung und Koordinierung mit anderen MieterInneninitiativen und -verbünden.“

Ergänzend dazu schlagen wir die Vorbereitung eines bundesweiten MieterInnenkongresses vor, der einen wohnungspolitischen Forderungskatalog erarbeitet, die diversen örtlichen Initiativen verbindet und einen Aktionsplan beschließt. Das wäre eine Aufgabe der gesamten linken Szene, die damit auch einen konkreten Schritt gehen würde, um ihre politische und organisatorische Kooperation zu verbessern.

Die Redaktion Aufruhrgebiet ruft Euch auf:

Kommt am 3. Oktober, 13.00 Uhr, zum Berliner Congress Center (neben Alexa)!

Die Spanische Revolution (6/6)

Die Kollektivierung der Industrie

Hanns Graaf

Die kollektivierten Betriebe produzierten mehr als vor der Kollektivierung, v.a. im Rüstungssektor, wo die Produktion um 30-40% stieg. Im September 1936 gab es 25 Rüstungsfabriken, im Juli 1937 bereits 300 und 1938 tausende. Insgesamt waren etwa 3 Millionen in ländliche oder städtische Kollektivunternehmen eingebunden (bei ca. 25 Mill. Einwohnern). Auch im Dienstleistungssektor gab es einen Produktivitätszuwachs. In den Verkehrsbetrieben Barcelonas etwa fuhren 100 Straßenbahnen mehr als zuvor, die Eigenproduktion von Ausrüstungsgegenständen stieg von 2 auf 98%. Die selbstgebauten Wagen waren leichter und größer als die alten, so dass die Einnahmen um 15-20% gesteigert werden konnten, obwohl die Fahrpreise heruntergesetzt worden waren. In den befreiten Gebieten trafen Räte und Versammlungen Entscheidungen – ohne eine separate Bürokratie.

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