Ökonomie und Kommunismus

Ein Kommentar

Hanns Graaf

Die Organisation „Kommunistischer Aufbau“ (KA) stellt in einem Text dar, wie eine „sozialistische Planwirtschaft“ (so auch der Titel) aussehen könnte (https://komaufbau.org/sozialistische-planwirtschaft/).

Der Text des KA versteht sich durchaus als grundsätzlich: „In diesem Text“, heißt es, „werden wir darlegen, was die kommunistische Planwirtschaft von der kapitalistischen Marktwirtschaft unterscheidet, wir werden erläutern, wie Planung, Produktion und Verteilung im Sozialismus organisiert werden. Sowie die Frage behandeln, ob Menschen ohne kapitalistische Anreize zu Anstrengungen bereit sind und schlussendlich klären, dass Planwirtschaft nicht Mangelwirtschaft bedeutet.“ Dieser grundsätzliche Anspruch bewog uns, einige Anmerkungen dazu zu machen – zumal die meisten linken Organisationen zur Frage der „Planwirtschaft“ wenig Substantielles zu sagen haben.

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Für eine neue Arbeiterpartei!

Redaktion Aufruhrgebiet

Warum ist die Linke so schwach? Warum ist die Arbeiterbewegung fast nur noch in der Defensive? Warum existiert so wenig Widerstand gegen die Kriegs- und Aufrüstungspolitik der Ampel und des Westens, dem Haupttreiber des Ukrainekonflikts?

Es gibt dafür viele Ursachen, doch ein zentraler Faktor ist, dass es keine kämpferische antikapitalistische Arbeiterpartei gibt, welche die Interessen der Lohnabhängigen vertreten könnte und als relevante Kraft wahrgenommen würde. Immer wieder gibt es Proteste, Streiks und Opposition – doch sie verlaufen meist im Sande oder haben wenig Effekt, weil sie politisch-programmatisch zu heterogen sind, weil sie von der Masse der Arbeiterklasse isoliert sind, weil ihnen eine allgemeine, historische Perspektive fehlt und sie meist nur „punktuelle“ Orientierungen haben.

Viele fortschrittliche Menschen haben noch Illusionen in die etablierte Politik und den Staat, anstatt selbst aktiv zu werden und genossenschaftliche Strukturen aufzubauen. Viele haben aber auch eine Abneigung gegen Parteien – was angesichts des Versagens, ja der Verbrechen der SPD und des Stalinismus verständlich ist. Sie fürchten, dass eine Partei degenerieren würde. Doch auch alle anderen Strukturen – Gewerkschaften, Räte, Gruppen, Bewegungen – unterliegen dieser Gefahr. Ihr kann aber begegnet werden, wenn die Basis aus der Geschichte lernt und von vornherein gegen die Bürokratisierung, die Anbiederung an das Establishment und die Verquickung mit dem Staat angeht.

Warum ist eine Arbeiterpartei für die Entfaltung von Widerstand zentral? 1. ist nur sie in der Lage, eine konsistente Programmatik zu entwickeln und auf dieser Basis einen Kaderkern und die Mitgliedschaft zu qualifizieren und zu formieren. Nur sie kann daher 2. in allen Strukturen der Arbeiterbewegung wirken, alle sozialen und politischen Felder bearbeiten und die dortigen oppositionellen Strukturen miteinander verbinden.

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Hoffnungsträger Wagenknecht?

Hanns Graaf

Sahra Wagenknecht ist die bekannteste und beliebteste linke Politikerin Deutschlands. Sie ist medial sehr präsent, ihre Bücher sind Bestseller. Viele setzen große Hoffnungen in sie und identifizieren sich mit ihr. Warum ist das so?

Sicher ist Sahra Wagenknecht eine kluge, redegewandte und telegene Frau und eine der wenigen Menschen, die in Talkshows eine linke Position eloquent vertritt bzw. vertreten kann. Sie ist sich nicht zu schade, in Talkshows kritische Positionen zu vertreten – meist gegen einen unsachlichen und reaktionären Shitstorm von Lanz u.a. „Journalisten“ und Gästen. Gegen die Attacken dieser verlogenen und gekauften Demagogen muss Sahra Wagenknecht auch verteidigt werden. Als eine der ganz wenigen Politiker stellt sie sich gegen die Kriegshetze, die neoliberale Politik und die irrationale Schaumschlägerei der Hysteriker in Sachen Klima, Corona usw. Das erklärt ihre große und gerechtfertigte Popularität – umso mehr, da sie Spitzenpolikerin der LINKEN ist, die gegenwärtig in der Gunst der Wähler immer weiter nach unten rutscht und sich in einer tiefen, durchaus existentiellen Krise befindet. Doch gerade dieses Spannungsverhältnis zwischen Wagenknecht und ihrer Partei, mit dem sie ganz bewusst spielt, macht sie auch interessant.

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Gegen den Krieg! Aber wie?

Hanns Graaf

Am 10. Februar wurde das „Manifest für den Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht öffentlich bekannt (vollständiger Wortlaut am Ende des Beitrags). Nach 69 bekannten Persönlichkeiten als Erstunterzeichnern sollen bis zum 10.2. bereits 500.000 Menschen den Aufruf unterschrieben haben. Das spricht schon jetzt für große Resonanz.

Das Manifest richtet sich gegen die Ukrainepolitik der Ampel-Regierung und die massive Kriegshetze von Politik und Medien. Es wird betont, dass die militärische Unterstützung des Kiewer Regimes keine Friedensperspektive bietet und sofort vom Westen ernsthaft Verhandlungen eingeleitet werden müssten, anstatt wie bisher Gespräche zwischen der Ukraine und Russland zu torpedieren. Nicht Waffenlieferungen, sondern nur Verhandlungen böten eine Friedenslösung. Diese Anliegen des Aufrufs sind richtig und unterstützenswert.

Dieses Manifest ist nicht der erste Versuch von Prominenten, ihre Opposition gegen den aggressiven Kriegskurs der Ampel öffentlich zu machen. Neu ist aber, dass der Aufruf damit verbunden ist, konkret Widerstand zu animieren – indem für den 25. Februar zu einer Anti-Kriegs-Demonstration in Berlin am Brandenburger Tor aufgerufen wird. Nach einigen nur sehr kleinen Kundgebungen, die es bisher gab, könnte die Dimension diesmal deutlich größer und ein Signal für einen Aufschwung der Anti-Kriegs-Bewegung werden.

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Positionen zum Ukraine-Krieg

Hanns Graaf

Der folgende Beitrag befasst sich mit der Position der Liga für die Fünfte Internationale (LFI) und ihrer deutschen Sektion, der Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) zum Ukrainekonflikt. Die LFI bzw. die GAM glauben, dass ihre Programmatik jener Methodik folgen würde, die man als „revolutionär-marxistisch“ bezeichnet und sich auf Protagonisten wie Marx, Engels, Luxemburg, Lenin oder Trotzki bezieht. LFI und GAM verstehen ihre Politik als antiimperialistisch. Damit ist gemeint, dass Revolutionäre in einem Krieg keine der beteiligten imperialistischen Mächte unterstützen, sondern den Kampf gegen den Imperialismus, v.a. den eigenen, der als „Hauptfeind“ (K. Liebknecht) angesehen wird, und den Kampf halbkolonialer Länder gegen imperialistische Aggression befördern – bis zum Sturz des Kapitalismus. Diese Strategie wird auch als „revolutionärer Defätismus“ bezeichnet. Insoweit ist die Intention von LFI und GAM korrekt und entspricht auch dem, was die Initiative Aufruhrgebiet dazu vertritt.

Wir werden in diesem Beitrag aber zeigen, dass zwischen dem antiimperialistischen Anspruch von LFI und GAM und ihren konkreten Positionen eine erhebliche Differenz besteht. Wir glauben, dass die folgenden Ausführungen für ein richtiges, marxistisches Verständnis des Ukraine-Konflikts wichtig sind und darüber hinaus beispielhaft deutlich machen, welche konkreten Formen die politische Degeneration der „revolutionären“ Linken annehmen kann – und dabei hebt sich die LFI in vielen Fragen eher noch positiv von anderen linken Gruppen ab.

Wir beziehen uns zunächst auf die Erklärung des jüngsten Kongresses der LFI, ihres höchsten Organs (GAM-Infomail 1207, 17. Dezember 2022).

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Was ist Vergesellschaftung?

Teil 2 von 2

Hanns Graaf

Welche Schlussfolgerung können wir heute aus diesen Postionen und Erfahrungen zur Vergesellschaftung ziehen? Was heißt Kampf für Vergesellschaftung heute?

Brecht schrieb einmal: „Um uns selber müssen wir uns selber kümmern!“. Dieser Vers enthält eigentlich schon die Grundidee der Vergesellschaftung. Der zentrale Ausgangspunkt jedes Ansatzes von Vergesellschaftung muss die Frage sein, auf welche soziale Gruppe, auf welche Klasse sie sich bezieht. Für den Marxismus waren dies die Lohnabhängigen, die Arbeiterklasse. Warum? Weil sie am engsten mit der modernen Produktion, mit der Entwicklung der Produktivkräfte verbunden ist, weil sie – mangels Privateigentum an Produktionsmitteln (PM) – kein objektives Interesse am Erhalt des Kapitalismus hat, und weil sie eine massenhafte Klasse ist. Nur das Proletariat ist in der Lage, zentrales Subjekt der Überwindung des Kapitalismus und des Aufbaus einer neuen Gesellschaft zu sein. Vergesellschaftung kann also nur heißen, dass sie durch das Proletariat erfolgt – oder gar nicht. Wenn das Eigentum und/oder das Management aber Privatpersonen oder auch dem Staat untersteht, ist damit automatisch festgelegt, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter keinen Zugriff haben.

Die erste Stufe von oder besser: zur Vergesellschaftung ist daher, die Kontrolle über Strukturen und Vorgänge in der Gesellschaft dem Kapital, dem bürgerlichen Staat, „der Demokratie“ streitig zu machen und unabhängige proletarische Kontroll-Strukturen aufzubauen. Angesichts der Schwäche der Linken geht es heute aber leider meist nur darum, dieses Anliegen propagandistisch zu formulieren, anstatt es direkt praktisch umzusetzen.

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Was ist Vergesellschaftung?

Teil 1 von 2

Hanns Graaf

Für jeden Linken und Antikapitalisten sollte die Frage, wie die Alternative zur kapitalistischen Wirtschaft aussehen kann, von besonderer Bedeutung sein – schon deshalb, weil die sog. Planwirtschaften des Ostblocks es nicht vermochten, die Lebensinteressen der Bevölkerung ausreichend, geschweige denn immer besser zu befriedigen und die Bürgerlichen dieses Desaster dazu nutzen, jede Alternative zum Kapitalismus als gescheitert und unmöglich darzustellen. Gerade in Deutschland ist die These, dass der Sozialismus ja nicht funktioniert hat, stark ausgeprägt. Die stalinistischen Länder haben sich in jeder Hinsicht als dem Westen unterlegen erwiesen. Während bürgerliche Ideologen, aber auch viele Linke behaupten, dass der Ostblock sozialistisch gewesen sei, wollen wir hier zeigen, dass die dortige Wirtschaftsweise keine Vergesellschaftung im Sinne von Marx darstellte, dass es kein Sozialismus war und der Stalinismus und sein staatskapitalistisches System gerade daran gescheitert ist, eine sozialistische Entwicklung blockiert zu haben.

Allgemein bedeutet Vergesellschaftung, dass die Verfügung über die Produktionsmittel (PM) und die Produktionsverhältnisse (PV) der Gesellschaft bzw. sozialen Kollektiven unterliegen und nicht besonderen minderheitlichen Gruppen, egal ob Gilden oder Ständen, Feudalherren, Kapitalisten, Rentiers, Aktionären oder einer Staats- oder Parteibürokratie. Wie alle Klassengesellschaften beruht auch der Kapitalismus darauf, dass es herrschende Minderheiten gibt, welche die politische und staatliche Macht ausüben bzw. kontrollieren und direkt oder indirekt über die PK und die PV bestimmen, um sich einen überproportionalen privaten Anteil am gesellschaftlich erarbeiteten Reichtum anzueignen.

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Freie Linke: Ein Beitrag zur Debatte

Vorbemerkung: Der folgende Text bezieht sich auf den Beitrag „Alter Wein in neuen Schläuchen“ (https://aufruhrgebiet.de/2022/10/alter-wein-in-neuen-schlaeuchen/) von Hanns Graaf. Dieser kritisierte das Wahlprojekt „Soziale Liste Zukunft“ (SLZ), das auch von Mitgliedern der Gruppe „Freie Linke Zukunft“ (FLZ) angeschoben wurde. Daraufhin gab es von FLZ-Unterstützern eine Replik, die wir hier (kursiv gesetzt) vollständig wiedergeben und mit Kommentaren versehen haben. Redaktion Aufruhrgebiet

„1. Hanns Graafs eigene Strategie war genauso wenig erfolgreich. Wo ist denn die große trotzkistische Massenpartei, die tief in der Arbeiterklasse verwurzelt ist? Wie kommt es denn, dass sich mit dem Great Reset alle trotzkistischen und auch kommunistischen Parteien hinter die Kapitalisten gescharrt haben?“

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Linke an der Roten Linie

Hanns Graaf

Am 3. Oktober hatte das Bündnis „Heizung, Brot und Frieden“ zur Kundgebung „Protestieren statt Frieren“ aufgerufen. An dieser ersten größeren Demonstration gegen die Krise in Berlin beteiligten sich mit einem Block auch RIO, SoL, GAM, Revolution, RSO – alles trotzkistische Organisationen – und die „Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG).

Diese Veranstaltung hätte ein Schritt zur Zusammenführung verschiedener Proteste in und um Berlin sein können, die seit Wochen stattfinden. Doch stattdessen kamen gerade einmal 1.500. Ein Desaster! Es zeigt, dass gegenwärtig zwar sehr viele Leute über Krise und Krieg beunruhigt sind, aber abwarten, statt auf die Straße zu gehen. Das hängt auch mit der starken Wirkung der offiziellen Propaganda in Sachen Energiewende und Ukraine-Krieg zusammen. Es zeigt aber auch die erschreckende Schwäche der „radikalen Linken“ und v.a. das völlige Versagen der reformistischen Kräfte SPD, LINKE und DGB. Allein die LINKE hat in Berlin mehrere tausend Mitglieder, die aber völlig passiv bleiben und von ihrer Führung auch nicht mobilisiert werden.

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Alter Wein in neuen Schläuchen

Eine Analyse der Wahlalternative „Soziale Liste Zukunft“

Hanns Graaf

Die „Freie Linke Zukunft“ ist ein Teil des Spektrums der „Freien Linken“ (FL). Kürzlich hat sie ein Projekt initiiert, das sich Wahlalternative „Soziale Liste Zukunft“ (SLZ) nennt (Aufruf hier). Wir wollen die Zielstellung und das Programm der SLZ hier daraufhin betrachten, ob es geeignet ist, den Widerstand gegen Krise und Krieg voran zu bringen und die antikapitalistischen Kräfte zu stärken.

Zunächst stellt sich die Frage, was ein Wahlprojekt gegenwärtig überhaupt bewirken kann. Es ist klar, dass die „Freie Linke Zukunft“ aus eigener Kraft keine Kraft aufbauen kann, die bei einer Wahl auch nur 0,1% erreichen könnte. Das wäre nur dann möglich, wenn es breiten, massenhaften Widerstand gegen die aktuelle Ampel-Politik geben würde. Davon kann gegenwärtig aber (noch) keine Rede sein. Das Ausmaß der Proteste liegt aktuell noch weit unter dem Level der Anti-Corona-Proteste 2020/21, die Hunderttausende auf die Straße brachte. Nur dann aber – und wenn die „Freie Linke Zukunft“ darin ein markante Rolle spielen würde – wäre für ein Wahlprojekt genügend „kritische Masse“ vorhanden. Das ist gegenwärtig nicht der Fall. Die SLZ ist somit von vornherein ein Projekt ohne Substanz, das sich und die Linke letztlich nur lächerlich macht, indem man peinlich wenige Stimmen einsammelt, die überhaupt kein Gewicht haben und nur zeigen, wie marginal die Linke ist – doch das weiß man auch so.

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