Kritiker-Bashing als Methode

Hanns Graaf

Am 12. Mai 2020 veröffentlichte die Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) einen Text mit dem Titel „Das Querfront-Virus“, der sich mit den Kritikern der Lockdown-Politik der Regierung beschäftigt (http://arbeiterinnenmacht.de/2020/05/12/das-querfront-virus/).

Der Grundgestus des Artikels von Markus Lehner und Wilhelm Schulz ist eine Kritik der sehr unterschiedlichen Teile der regierungskritischen Bewegung, die für eine Änderung  oder Abschaffung des Lockdowns eintritt oder sogar bestreitet, dass das Corona-Virus überhaupt gefährlich sei.

Die Autoren konstatieren bezüglich der Kritiker-Szene: „Dabei greift sie zwar reale Befürchtungen auf, zum Opfer einer globalen Wirtschaftskrise zu werden, und artikuliert auch Kritik an den Einschränkungen demokratischer Rechte – aber sie tut dies, indem sie dies mit einer wilden Mischung aus Populismus, rechter Ideologie, Verschwörungstheorie und irrationalistischer Leugnung der Gefahr des Corona-Virus verknüpft.“ Wenn die Autoren die Anti-Lockdown-Proteste als „Querfront“ bezeichnen, in der verschiedene Kräfte von ganz links bis ganz rechts aktiv sind, so ist das durchaus korrekt – besagt allerdings über deren Inhalte und Positionen an sich noch wenig.

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Trotzkis Erbe (Teil 2)

Hanns Graaf

2. Die Übergangsmethode

Von großer Bedeutung ist Trotzkis Beitrag zur Weiterentwicklung der revolutionären Programmatik. Während die Theorie der Permanenten Revolution v.a. die Frage der Strategie berührt, betrifft die Übergangsmethode eher die Taktik.

Schon immer hat die revolutionäre Linke darüber nachgedacht, wie der alltägliche Klassenkampf für konkrete Verbesserungen und Reformen mit dem Ziel der Überwindung des Kapitalismus verbunden werden kann. Bis 1917 gab es dazu aber – im Sinne eines Systems von Taktiken, eines Programms – nur bescheidene Ansätze. Das lag v.a. daran, dass die Arbeiterbewegung und der Klassenkampf erst an der Wende zum 20. Jahrhundert so weit entwickelt waren, dass bestimmte Erfahrungen vorlagen, die theoretisch verarbeitet werden konnten. Hier sei als Beispiel dafür nur auf die Frage der Massen- bzw. Generalstreiks und die „Generalstreikdebatte“ verwiesen sowie auf das erstmalige Entstehen von authentischen Arbeiterräten (Sowjets) in der Revolution von 1905 in Russland.

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Eine bittere Bilanz

Hanns Graaf

Um die Bewegung „Aufstehen“ ist es sehr still geworden – schon lange vor Corona. Die wenigen öffentlichen Statements waren meist mehr oder weniger hämische Abgesänge auf Sahra Wagenknechts Projekt. Doch inmitten dieser Trostlosigkeit gibt es immer noch engagierte Menschen, die bundesweit in mehreren Dutzend Basisgruppen aktiv sind. Das ist umso anerkennenswerter, als sie ohne jede Unterstützung von „oben“ auskommen müssen, ja sich sogar mit dem von Wagenknecht und ihrer Entourage angerichteten Chaos herumschlagen müssen.

Die offensichtliche tiefe Krise von „Aufstehen“ hat sehr viele engagierte links eingestellte Menschen dazu gebracht, sich von „Aufstehen“ zu verabschieden oder es zu ignorieren. Aber entgegen diesem Trend gibt es seit Monaten auch Bemühungen in der „Aufstehen“-Basis, sich demokratisch von unten nach oben zu vernetzen. Dabei gibt es auch schon Erfolge. So konstituierte sich im Land Brandenburg ein „Rat der Gruppen“, der aus gewählten Delegierten der Basisgruppen besteht, auch ein erstes (!) bundesweites Basis-Treffen ist in Vorbereitung. Es sollte schon am 16. Mai stattfinden, musste aber wegen Corona verschoben werden.

Im Folgenden dokumentieren wir in gekürzter Form einen Text, der im Landesverband Brandenburg verbreitet wurde, worin die Arbeit der „Spitze“ von „Aufstehen“ bilanziert wird. Wir kommentieren den Text hier nicht, weil er für sich selbst spricht, werden aber demnächst auf dieser Seite eine weitere eigene politische Analyse von „Aufstehen“ vorlegen. Bisher gab es dazu vier Beiträge auf dieser Seite: (Wagenknechts Sicht auf Aufstehen, Aufstehen – wofür und wogegen?, Aufstehen oder Abwarten? und Aufstehen – Wahlverein oder Kampfstruktur?).

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Trotzkis Erbe (Teil 1)

Hanns Graaf

Leo Trotzki war einer er wichtigsten und profiliertesten MarxistInnen und RevolutionärInnen des 20. Jahrhunderts – und zugleich einer der umstrittensten und folgenreichsten. Trotzkis Wirken war in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung: 1. hat er die revolutionäre Programmatik weiterentwickelt wie kein(e) anderer(e) MarxistIn seiner Zeit; 2. war er 1917 und in den Jahren danach neben Lenin der bedeutendste Führer der Bolschewiki und der Russischen Revolution; 3. formierte er national und international eine anti-stalinistische revolutionär-marxistische Opposition: die Linksopposition, die dann 1938 in die IV. Internationale mündete; 4. äußerte er sich umfassend zu vielen Fragen zentraler Ereignisse und Klassenkämpfe der 1920er und 30er Jahre.

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Wagenknechts Sicht auf Aufstehen

Hannah Behrendt / Hanns Graaf

Gibt es eigentlich Aufstehen noch? Nachdem die Bewegung vor etwa einem Jahr mit viel medialem Tamtam von Sahra Wagenknecht u.a. Prominenten aus der Taufe gehoben wurde, ist heute nicht mehr viel davon zu hören. Quasi anlässlich des ersten Jahrestages gab Wagenknecht am 26.8.19 der Berliner Zeitung ein Interview, in dem sie die Entwicklung von Aufstehen bilanziert und darauf eingeht, was die Probleme von Aufstehen sind und ob die Bewegung nicht überhaupt schon gescheitert ist.

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Freiheit für Carola Rackete!

Redaktion Aufruhrgebiet

Am 29.6. wurde auf der italienischen Insel Lampedusa Carola Rackete, Kapitänin der Sea Watch 3, festgenommen. Anlass dafür war, dass ihr verweigert wurde, die 40 aus der Seenot geretteten Flüchtlinge an Land zu bringen und dafür einen Hafen anzulaufen. Die Rettung der 40 MigrantInnen war lt. internationalem Seerecht – von den Geboten der Menschlichkeit ganz abgesehen – eine Pflicht für die Kapitänin. M.a.W.: es wäre im Sinne des italienischen Innenministers Salvini gewesen, diese 40 Menschen dem Tod durch Ertrinken auszuliefern. Das ist die „Humanität“ der EU bzw. ihrer politisch Verantwortlichen. Denn es handelt sich hier nicht etwa nur um das Vorgehen Salvinis oder der rechts- konservativen Regierung Italiens, sondern um die offizielle Politik der EU, die schon vor Monaten ihr Seenotrettungsprogramm eingestellt hat.
Natürlich meldete sich auch der dt. Außenminister Heiko Maas (SPD) zu Wort: „Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden“. Recht hat er. Wir fragen uns nur, wie man so heuchlerisch sein kann, denn auch Deutschland und die SPD haben seit Jahren diese Politik der Abschottung gegen Flüchtlinge vorangetrieben. Die gesamte deutsche Politik – mit einigen Einschränkungen bezüglich der Grünen und der Linkspartei – hat diese Politik mitgetragen. Sie stellen nur deren „linke“ Flanke dar, während die AfD deren rechte, besonders rassistische Flanke bildet.
Wie fordern: Sofortige Freilassung von Carola Rackete und Aufhebung aller Anklagen gegen sie!

Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, wäre es aktuell nötig, z.B. vor den diplomatischen Vertretungen Italiens Proteste durchzuführen und eine europaweite Protestaktion zu initiieren. Sind die Linke und die Arbeiterbewegung dazu in der Lage? Wahrscheinlich nicht. Das verweist erneut darauf, wie dringlich es ist, dass die „radikale Linke“ ihre Zersplitterung überwindet und effektivere Strukturen schafft, die dazu in der Lage sind! Damit wäre ihre tiefe politische Degeneration nicht überwunden, doch es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein Offener Brief und seine Folgen

Redaktion Aufruhrgebiet

In den vergangenen Wochen haben wir zwei Offene Briefe zu den Themen „Klimapolitik“ und „Energiewende“ an linke Organisationen und Individuen verschickt. Damit wollten wir eine gründlichere Beschäftigung und eine Diskussion zu diesen Themen in der „radikalen Linken“ anregen. Bei unserer mehrjährigen intensiven Beschäftigung mit diesen Themen, die sich auch in vielen Artikeln auf dieser Seite und in zwei Broschüren niederschlug, mussten wir leider feststellen, dass die linke Szene fast jede fachliche Recherche und genauere wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Fragen verabsäumt hat. Das lässt sich anhand der Artikel und Publikationen der linken Organisationen leicht belegen.

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Eine Kritik der Kritik

Die AfD und das Klima

Hanns Graaf

Im November 2018 veröffentlichte die Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) im Rahmen ihres Theorieorgans Revolutionärer Marxismus Nr. 50 zur Frage des Populismus u.a. einen Artikel zur AfD von Wilhelm Schulz . In seinem Beitrag analysiert der Autor treffend und kenntnisreich die Politik, die Entstehung und die fatale Wirkung dieser rechts-konservativen Partei. Ein kurzer Abschnitt widmet sich der Position der AfD in der Klima- und Energiefrage. Auf diesen Passus geht der folgende Beitrag ein.

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Spitzen-Reformisten in Aktion

Hanns Graaf

Letzte Woche sorgte die Ankündigung von Sahra Wagenknecht, sich aus den Führungsgremien von Linkspartei und Aufstehen zu verabschieden, für Schlagzeilen und reichlich Häme von den politischen Gegnern. Nun reagierte die „Führungscrew“ von Aufstehen auf die Situation und veröffentlichte am 14.3. eine Erklärung zur Situation und den Perspektiven von Aufstehen. UnterzeichnerInnen des Textes „Zur Situation von Aufstehen“ sind u.a. Peter Brandt, Michael Brie, Ingo Schulze, Marco Bülow, Sabrina Hofmann, Hendrik Auhagen und Antje Vollmer. Ihre Erklärung sagt sehr viel darüber aus, was die Ursachen der Probleme von Aufstehen sind und wohin die Reise gehen soll.

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Die GIS und die revolutionäre Partei

Hanns Graaf

Der folgende Beitrag befasst sich mit der Frage, warum die Arbeiterklasse eine revolutionäre Partei braucht, welche Aufgabe und welche Struktur sie hat. Dazu besprechen wir den Artikel „Rolle und Struktur der revolutionären Organisation“ vom 12. Februar 2019 der Gruppe Internationaler SozialistInnen (GIS).

Grundsätzlich betont die GIS die Notwendigkeit einer revolutionären Organisation und lehnt Konzepte, welche diese Notwendigkeit bestreiten, ab – so etwa die Auffassung, dass eine Partei unnötig sei und Räte ausreichen würden, oder die Position, dass eine Partei erst während der Revolution aufgebaut werden könne.

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