Stalins Terror

Hannah Behrendt

Die rücksichtslose, jede Art von Menschenrecht und Anstand missachtende Anwendung von  administrativer Gewalt und Terror gegen einzelne Menschen wie gegen politische, soziale, nationale oder religiöse Gruppen ist ein so markantes wie abstoßendes Merkmal der Politik Stalins. Eine Liste mit allen von ihm persönlich angeordneten oder von seinem Apparat praktizierten Terrormaßnahmen wäre sehr sehr lang. Hier sollen deshalb nur einige, historisch gut belegte Beispiele aufgeführt werden. Wir werden zeigen, dass der Terror Stalins mit der Entwicklung zum Kommunismus völlig unvereinbar war. Wir zeigen, dass er stattdessen notwendig war, um die Errungenschaften der Oktoberrevolution zu eliminieren und eine staatskapitalistische Ordnung zu errichten.

Der Schachty-Prozess

Der offizielle Auftakt für die Forcierung des Stalinschen Terrors war der Schachty-Prozess von 1928. Er markiert die Beendigung der Leninschen „Neuen ökonomischen Politik“ (NÖP) und war quasi die ideologische Einleitungsmusik zur Hyperindustrialisierung und zur Zwangskollektivierung. Der Schachty-Prozess richtete sich gegen Vertreter der technischen Intelligenz, denen vorgeworfen wurde, die Produktion absichtlich zu boykottieren. Sie waren die ersten Opfer und dienten als Sündenböcke für die Fehler der Wirtschaftspolitik. Sie wurden als angebliche Verschwörer und Auslandsagenten verantwortlich gemacht. Es wurden absurde Vorwürfe konstruiert und alle normalen Regeln der Prozessführung missachtet.

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Fragen und Antworten zum Ukrainekrieg

Redaktion Aufruhrgebiet

Wer hat den Krieg begonnen?

Wer den Krieg formell begonnen hat, ist nicht wesentlich. Entscheidend sind der Klassencharakter, die Interessen der beteiligten Seiten und die globalen Auswirkungen eines Krieges. „Offiziell“ begann der Ukraine-Krieg mit dem Angriff der russischen Armee am 24. Februar 2022. Die Kämpfe zwischen Kräften der Ukraine und der Russen begannen allerdings schon 2014, als die Donezregion, die sich als autonom erklärt hatte, abgeriegelt und unter Beschuss genommen wurde. Bis Februar 2022 gab es dort ca. 14.000 Tote. Die Volksrepubliken Donezk und Luhansk sind mehrheitlich von Russen bewohnt und erhielten (informelle) militärische Unterstützung durch Russland, es kamen Freiwillige von dort. Wenn die westliche Propaganda den 24. Februar 2022 als Beginn des Krieges bezeichnet, blendet sie die Vorgeschichte des Konflikts und die Aggression Kiews aus.

Warum haben sich die Donezrepubliken von der Ukraine abgelöst?

Jahrzehntelang gab es keine Separationsbestrebungen der Russen in der Ukraine. Diese entstanden erst 2014 als Reaktion auf den Erlass von Gesetzen, die die Rechte nationaler Minderheiten einschränkten. Russisch wurde als Amts- und Unterrichtssprache verboten, Renten und Sozialleistungen für Russen wurden tw. gekappt, amtliche Dokumente verweigert usw. Russen wurden zu Bürgern zweiter Klasse. Dazu kam, dass es seit 2014 zu vielen Übergriffen auf Russen kam, meist durch militante Nationalisten und rechte Gruppierungen wie das Asow-Bataillon. So wurde am 2. Mai 14 in Odessa ein Gewerkschaftshaus (sic!) angezündet, wobei 48 Menschen starben. Dass die Russen nicht mehr in einem Land leben wollten, wo sie solchem Terror ausgesetzt sind, der noch dazu offiziell geduldet wird, ist wohl verständlich. Es gab es in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine Volksentscheide über deren nationalen Status. Eine große Mehrheit stimmte für den Anschluss an Russland. Wie demokratisch diese Abstimmungen auch immer waren – angesichts der Politik und des Terrors des Kiewer Regimes sowie der deutlich besseren sozialen Lage in Russland ist das Ergebnis alles andere als überraschend.

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Ökonomie und Kommunismus

Ein Kommentar

Hanns Graaf

Die Organisation „Kommunistischer Aufbau“ (KA) stellt in einem Text dar, wie eine „sozialistische Planwirtschaft“ (so auch der Titel) aussehen könnte (https://komaufbau.org/sozialistische-planwirtschaft/).

Der Text des KA versteht sich durchaus als grundsätzlich: „In diesem Text“, heißt es, „werden wir darlegen, was die kommunistische Planwirtschaft von der kapitalistischen Marktwirtschaft unterscheidet, wir werden erläutern, wie Planung, Produktion und Verteilung im Sozialismus organisiert werden. Sowie die Frage behandeln, ob Menschen ohne kapitalistische Anreize zu Anstrengungen bereit sind und schlussendlich klären, dass Planwirtschaft nicht Mangelwirtschaft bedeutet.“ Dieser grundsätzliche Anspruch bewog uns, einige Anmerkungen dazu zu machen – zumal die meisten linken Organisationen zur Frage der „Planwirtschaft“ wenig Substantielles zu sagen haben.

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ABC des Marxismus XLIX: Die Rätedemokratie

Räte (russ. Sowjets) sind Organisationsformen des Klassenkampfes und der nachkapitalistischen Gesellschaft. Die ersten räteähnlichen Strukturen entstanden schon während der französischen Revolution von 1789 als Kampf- und kommunale Verwaltungsstrukturen der Armen von Paris. 1871 kam es während der Pariser Kommune erneut zur Entstehung von Räten, die diesmal aber selbst die Macht inne hatten. Karl Marx würdigte die Kommune, die er auch „Diktatur des Proletariats“ nannte, als „endlich gefundene Form“, wie die Arbeitenden die Gesellschaft organisieren können. Die ersten „reinen“ Arbeiterräte bildeten sich dann 1905 während der Russischen Revolution. 1917 entstanden dann in Russland in der Februarevolution erneut Sowjets als revolutionäre Kampforgane, als Organe von „Gegenmacht“ zur bürgerlichen Provisorischen Regierung. Mit dem Oktoberaufstand übernahmen die Sowjets dann die Macht in Gestalt der von den Bolschewiki geführten Sowjetregierung Lenins.

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Die Klima-Hysterie von 2019 als Vorspiel

Vorbemerkung: Dieser Text ist ein Auszug aus einer längeren Arbeit zur Analyse des Imperialismus. Wir veröffentlichen ihn mit freundlicher Genehmigung des Autors. Kleinere Kürzungen sind durch ( … ) gekennzeichnet. Die Redaktion.

Jan Müller

Im Nachhinein ist deutlich zu erkennen, dass die Klima-Hysterie von 2019 Vorspiel und Einstimmung auf den Grundtenor der kommenden Epoche war. Es wurde mit unglaublicher Lautstärke das Narrativ ausgesponnen, dass „wir alle“ zugunsten des Klimas unseren Lebensstandard opfern müssen. Im Nachhinein war deutlich zu erkennen, dass etwas in der Luft lag. Zu wuchtig und aggressiv haben die Medien 2019 für das Klima getrommelt.

Die Umweltbewegung entstand in den 70er Jahren als Reaktion auf reale Probleme. Sie wurde allerdings von einer Fraktion der herrschenden Klasse von Anfang an als Vorwand für die Absenkung des Lebensstandards genutzt. Dafür steht der Club of Rome, dessen Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ im Jahr 1972 erschien. Genauso wie beim Siegeszug des Neoliberalismus dauerte es Jahrzehnte, bis sich diese Strategie durchgesetzt hatte. Da mit der „normalen“ Warenproduktion kaum noch Geld zu verdienen ist, wurde es nach der großen Weltwirtschaftskrise von 2007-09 immer attraktiver, die noch beträchtlichen Steuereinkommen der Staaten anzuzapfen und zugleich die Löhne zu senken. Beides leistet des Klimanarrativ. Einerseits können die Kapitalisten Unsummen verdienen beim Umbau der Energieinfrastruktur und andererseits die Arbeiter mit geringeren Löhnen abspeisen, da der Konsumverzicht zugunsten des Klimas alternativlos sei. Die CO2-Steuer ist eine Reallohnsenkung für die breiten Massen. Das eingenommene Geld kann der Staat unter dem Vorwand des Green New Deal an die Oligarchen weiterleiten. (…)

Im Jahr 1990 erschien der erste IPCC-Sachstandsbericht. Seit dieser Zeit ist eine Radikalisierung dieser Berichte, ihrer Forderungen und des Mediendiskurses zu beobachten. Wissenschaftliche Kritiker oder „Flaumacher“ werden immer stärker diskreditiert. Seit den späten 10er Jahren ist eine offene Diskussion zum Klimawandel nicht mehr möglich.

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Graaf gefragt: Wo steht die Antikriegsbewegung?

Redaktion: Den Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben Zehntausende unterschrieben. An der Kundgebung am Brandenburger Tor nahmen viele Tausende teil. Wie ging es seither weiter?

Hanns Graaf: Viele hatten schon von Beginn an die Befürchtung, dass nach diesem Auftakt von „oben“ nichts mehr folgen würde. Leider hat sich das bestätigt. Wagenknecht und Schwarzer haben keine Vorschläge gemacht, wie eine schlagkräftige Bewegung aufgebaut werden kann und was die nächsten Schritte sein sollen. Es blieb bei der Kundgebung als medialer Eintagsfliege. Damit allein kann nichts erreicht werden. Selbst früher, als die Friedensbewegung noch wirklich Massen mobilisieren konnte, wie z.B. gegen die Raketen-Nachrüstung oder gegen den Irak-Krieg, gelang es nicht, die herrschende Politik zu ändern. Heute ist die Friedensbewegung ungleich schwächer als früher. Das haben die geringen Teilnehmerzahlen bei den Ostermärschen deutlich gezeigt. Man merkt deutlich, dass es den Bürgerlichen in Politik und Medien in den letzten 20 Jahren gelungen ist, die Indoktrination erfolgreich zu forcieren und die Mehrheit der Bevölkerung für ihre Politik zu gewinnen bzw. von den wirklichen Problemen abzulenken. Die Linke ist seit Jahren bei zentralen Themen auf Staatskurs, ihr Einfluss ist insgesamt schwächer als früher. Die Linkspartei und die Gewerkschaften fallen als mobilisierende Faktoren in der Friedensbewegung nahezu komplett weg.

Redaktion: Was sind die Ursachen für diese Schwäche?

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ABC des Marxismus XLVIII: Was ist der Maoismus?

Der nach seinem Begründer Mao Tsetung benannte Maoismus ist eine Ideologie und praktische Staats- und Parteipolitik, die sich in China in einer besonderen Situation des Klassenkampfes und unter den speziellen Bedingungen dieses Landes entwickelt hat.

Die KP Chinas entstand 1921 und umfasste anfangs nur einige Dutzend Mitglieder. Sie unterhielt enge Beziehungen zur Kommunistischen Internationale (Komintern) und wurde von ihr unterstützt. 1922, auf dem 2. Parteitag, erfolgte ein Modifizierung ihres Programms dahingehend, dass die KP mit bürgerlichen Parteien kooperieren solle. Das betraf v.a. die Kuomintang (KMT), die damals eine linksbürgerlich-nationalistisch-antiimperialistische, jedoch keine sozialistische Ausrichtung hatte. Bis 1927 wurde die Art der Zusammenarbeit mit der KMT nach und nach grundlegend verändert. Aus einem korrekten taktischen und v.a. militärischen Bündnis wurde unter dem Einfluss der nun von Stalin dominierten Komintern zunehmend eine politische Anpassung der KP an die KMT. Im Grunde folgte die Chinapolitik der Komintern schon damals der späteren Volksfront-Methode. Leo Trotzki, aber auch Teile der KP Chinas selbst kritisierten diesen Kurswechsel, weil er mit der Aufgabe jeder antikapitalistisch-sozialistischen Perspektive und der Unterordnung der KP unter bürgerliche Ziele verbunden war. Wie recht sie damit hatten, zeigte sich 1927.

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Fragen zum Imperialismus

Hanns Graaf

Vorbemerkung: Der folgende Beitrag ist eine Antwort auf den Kommentar von Jan Müller vom 18. April zu meinem zweiteiligen Artikel „Der Spätimperialismus“. Aufgrund der Vielzahl und Komplexität der angesprochenen Fragen erfolgt meine Antwort nicht ebenfalls in Form eines Kommentars, sondern als Artikel.

Zunächst einmal sei ein Dank für die sachliche Art der Kritik vorweg geschickt. Jan Müller (JM) betont: „Im Allgemeinen hast du meiner Meinung nach die Grundtendenzen der gegenwärtigen Epoche zutreffend erkannt.“ Die Kritik von JM betrifft insgesamt 5 inhaltliche Komplexe.

1. Die Krise der Linken

JM schreibt: „Der Zusammenbruch des realen Sozialismus war nicht nur mit der Niederlage jener Teile der Linken und der Arbeiterbewegung verbunden, die sich positiv auf ihn bezogen. Er betraf alle Linke. Auch diejenigen Strömungen wurden für seine Fehler und Stalins Verbrechen in Mithaftung genommen, die diese kritisiert und vor einem Zusammenbruch des Sozialismus gewarnt hatten.“

Natürlich hat JM hier recht, wenn er betont, dass von den Ereignissen ab 1989 alle Teile der Linken und die Arbeiterbewegung insgesamt betroffen waren und nicht nur das stalinistische Milieu. Dieses aber besonders. Doch dass auch die anti-stalinistische Linke mit in den Abwärtsstrudel gerissen wurde oder nicht stärker vom Kollaps des Stalinismus profitieren konnte, hat andere Gründe. Sie hatte programmatisch zu wenig Substanz. Zudem war sie nominell zu schwach, zu zersplittert und bis zur Wende in Ostdeutschland nicht vertreten.

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Atomausstieg: Kernschmelze der Vernunft

Paul Pfundt

Am 15. April 2023 wurden die letzten 3 Kernkraftwerke (KKW) in Deutschland vom Netz genommen. Damit sind die Grünen und die Atomkraftgegner am Ziel ihrer Wünsche angelangt. Doch ihr Jubel wird kaum geteilt. In den Medien häufen sich plötzlich Beiträge, die den Atomausstieg kritisch sehen oder ihn gar ablehnen, auf die Vorteile der Kernkraft verweisen und feststellen, dass der Rest der Welt in Sachen Kernenergie völlig anders tickt. Diese Positionen der Medien sind deshalb bemerkenswert, weil sie jahrzehntelang die Kernkraft verteufelt haben. Das zeigt, dass die „Mainstream-Medien“ als seriöse Informationsquellen nicht ernst genommen werden können und nur mit großer Skepsis betrachtet werden sollten. Die geänderte Position der Medien spiegelt die Wandlung der „öffentlichen Meinung“ wider. Gab es über Jahrzehnte in Deutschland (jedoch nie international) eine klare Mehrheit gegen die Kernkraft, halten inzwischen 70% der Deutschen den Atomausstieg für falsch. Grund für diese Meinungsänderung ist jedoch weniger eine positive Grundhaltung zur Kerntechnik an sich, als die Sorge um die zuverlässige Stromversorgung, die durch die Energiewende (EW) und die Ukrainepolitik der Ampelregierung in Gefahr unterminiert wird.

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